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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Tyrser.«
    Sie schien in entlegene Fernen zu starren; ihr Blick wirkte verirrt, verloren. »All die fremden Gegenden, die ich nie gesehen habe; vielleicht jetzt… bald…«
    Djoser räusperte sich. »Ah, hm, die Gänse. Man kann sie benutzen, um Eisen noch besser zu machen.«
    »Eisen durch Gänse verbessern?« Tashmetu schüttelte den Kopf. »Was ist das für eine alberne Kindergeschichte?« Stimmen; Schritte im Sand; jemand kam pfeifend an Bord.
    »Das muß Zaqarbal sein.« Djoser atmete beinahe auf. »Die Sache mit den Gänsen erzähle ich dir später.«
     
    Zaqarbal verließ die Kerets Nutzen lange vor Mitternacht; im Raum unter dem Achterdeck war es ihm zwiefach stickig, und er hatte sich nach Kräften bemüht, überzeugend zu gähnen. Tashmetu wollte noch etwas mit Djoser besprechen, sagte sie; der Rome, sichtlich unbehaglich, wollte eigentlich gehen, mußte aber bleiben. Wahrscheinlich, dachte Zaqarbal, wußte Djoser nicht, wie ihm geschah.
    Er gluckste leise, als er zur Schiffsmitte gelangt war und sich über die Bordwand in den Sand des Strandes gleiten ließ. Ein paar Schritte entfernt (nah genug zur Wacht, weit genug vom Schiff gegen Funkenflug) hockten die Leute der Besatzung um ein langsam niederbrennendes Feuer. Er sah genauer hin; einige lagen und schliefen vermutlich längst; die Hockenden unterhielten sich leise. Er kannte die Männer nicht, zweifelte aber keineswegs daran, daß der alte Keret gute Leute ausgesucht hatte. Und Tashmetu war klug – so klug, daß sie ihre erste Seereise nicht mit Männern unternähme, denen sie nicht trauen konnte.
    Zaqarbal ging zum Feuer, kniete neben den hockenden Seeleuten nieder, wechselte ein paar Worte mit ihnen. Belanglosigkeiten – die Fahrt, der Seegang, die Segeleigenschaften des Schiffs.
    »Na gut«, sagte er schließlich. »Schlaft sandig, ihr Herren der See. Und wenn ihr etwas braucht, oder wenn dem Schiff etwas fehlt…« Er deutete auf die Umrisse der Kynara , die einen Steinwurf vom Strand vor Anker lag und auf der leichten Nachtdünung schaukelte.
    Kynara… Die Alashierin würde ihn wie immer fragen, ob er gefälligst unausgesetzt an sie gedacht habe. Ein nettes altes Spiel. Sie wußte, daß er die Vielfalt liebte, auch bei Leibesübungen, und er wußte, daß sie nicht den ganzen Sommer auf der Insel allein schlief. Es war eher eine leichte Verspottung derjenigen unter den Männern und Frauen, Händlern und Handwerkern der Insel, die aus achaischen oder mykenischen Gegenden kamen und zum Teil der unbegreiflichen Überzeugung anhingen, daß man sich lebenslänglich immer wieder nur mit einem Mann oder einer Frau zu paaren habe. Er verstand, daß ein König oder Stadtfürst sein Bett sorgsam hütete, denn der Thron stand nah daneben, und wer mit der Fürstin das Lager teilte, mochte allzu leicht von ihr auf den Thron steigen, um auch die Macht zu begatten. Sachliche Gründe; aber bei den seltsamen Geschöpfen des Nordwestens gab es oft unbegreifliches Gefühlsgewöll. In Sidunu gingen Knaben und Mädchen, wenn sie reif waren, in den Ishtar-Tempel, wo sie von denen, die im Vorjahr erstmals hineingegangen waren, am ganzen Leibe unterwiesen wurden. Wer es sich leisten konnte, hatte später eine Hauptfrau und mehrere daneben, keine Frage der Gefühle (jedenfalls nicht vorrangig), sondern der Kosten, und zweifellos gab es in anderen Weltgegenden Frauen mit Haupt und Nebenmännern. Er dachte den Namen Tashmetu und schnalzte leise. Schön, klug, reich, begierig, kundig, eingedenk… welcher Mann würde nicht gern – dann verbesserte er sich, wiederum glucksend. Welcher Mann nicht? Djoser natürlich; der Rome hielt seinen Körper in Ordnung, wie man ein Schiff in Ordnung hält, aber er schien keine Bedürfnisse zu haben, oder jedenfalls keine große Lust. Wenn er sich nicht sehr irrte, sah Tashmetu das anders. Zaqarbal kannte Djoser seit sechs Jahren, seit Ninurta sie beide an Bord genommen hatte, und irgendwie konnte er sich nicht vorstellen, daß – aber warum denn nicht?
    Und Ninurta war weit, am anderen Ende der Welt, tot oder als Gefangener der Hatti so gut wie tot, und der Winter auf der Insel würde für Tashmetu und Djoser nicht so lang, und was wollte der Mann, der oberhalb des Ankerplatzes der Kynara im Sand gesessen hatte und sich nun erhob?
    »Einer der Handelsherren von Yalussu?«
    Zaqarbal legte die Hand an den Griff des kurzen Schwerts.
    »Wer will das wissen?«
    Der andere lachte kurz. »Mein Herr.«
    »Bedeutende Auskunft, Fremder. Wer

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