Troja
zahlreiche Gefäße mit Öl, Wein, Getreide, Früchten, Fisch und anderen Dingen gezählt und den Wert des Inhalts berechnet. Der Inhalt ist nahezu wertlos – jedenfalls der Inhalt, den sie gesehen haben. Alles auf Karren, damit sie nicht bemerken, wie schwer die Gefäße sind. Unter dem Öl und dem Fisch und den anderen Dingen ist Silber; alle Gefäße zur Hälfte voll Silber.«
»Kein Gold?«
»In Ugarit zahlt man vier shiqlu Silber für einen shiqlu Gold; in Ashur und Mari ist der Preis zehn zu eins. Wir haben alles Gold am träge fließenden Purattu gelassen.« Jetzt grinste er ganz offen. »Aber das Wichtigste sind die Gefäße selbst, und die Kette, mit der die Sklaven, die Hamurapi entgangen sind, aneinander befestigt waren.«
Tashmetu hob nur stumm die Brauen.
»Eisen«, sagte Djoser.
»Welche Art? Aus den tiefen Bergen – parzillu ?«
»Nein, Herrin; reines ashiu , aus Steinen vom Himmel. In Ashur gibt man zwei shiqlu davon für einen shiqlu Gold. Es gab nicht genug, so daß wir auch Silber nehmen mußten; aber es gibt dort und in anderen Orten am Purattu gute Schmiede.«
»Wieviel habt ihr davon?« Tashmetu beugte sich vor; die Augen sprühten wieder ein wenig. Die Handelsherrin sprach, nicht die Geliebte des verschollenen Assyrers.
»Fast fünfhundert Talente – das Gewicht von zweihundert Männern.« Djoser bemerkte, daß die eigene Stimme ungläubig klang. »Im Norden wiegt man es mit Gold auf – wöge man es mit Gold auf, wenn es dort genug Gold gäbe. Silber gibt es; fünfzehn zu eins, vielleicht sogar zwanzig zu eins, je nachdem. Dieses Silber wird dann in meiner Heimat zwei zu eins gegen Gold getauscht, das Gold zu den Städten am Purattu… Aber wir wissen ja nicht, ob wir Ugarit noch einmal anlaufen können.«
»Ugarit ist nicht der einzige Hafen. Aber er wird uns lange verschlossen bleiben.«
Auch Tashmetus Geschäfte und Besitztümer waren in jener Nacht von Kriegern des Königs besetzt worden. Die Gespielin meines Feindes ist meine Feindin. Hamurapis Schatz, von den Hatti immer wieder zu Kriegsabgaben herangezogen, würde diesen Plünderungen nun länger standhalten; die edlen Kaufherren von Ugarit mochten ergrimmt sein, daß der König einen der ihren so behandelte, aber andererseits war Ninurta (wie Djoser, wie Zaqarbal) ein Fremder, in der Stadt lediglich geduldet, ein erfolgreicher Wettbewerber, nun ein Wettbewerber weniger. Und Tashmetu, Frau und frühere Sklavin trotz der besiegelten Annahme an Sohnes Statt durch Keret, war eben eine Frau und frühere Sklavin, der man nicht nachweinen würde.
Djoser wollte noch einmal hören, daß Tashmetu die Fahrt zum Hafen an der Südküste Alashias billigte.
»Ura ist eine Festung«, sagte sie. »Gräm dich nicht. Es war nicht anders möglich. Ihr hättet in Ura nichts ausrichten können. Und, nicht zu vergessen, bald beginnen die Herbststürme. Vorher sollten wir ans Ziel gelangen.«
»Ninurta sagte, du wirst deinen Besitz und deine Kenntnisse in die Gesellschaft einbringen. Die Anteile müssen errechnet werden, aber… warum hast du alles verlassen, Herrin?«
»Wenn ich in Ugarit geblieben wäre, hätte der König nicht nur meinen Besitz, sondern auch mich selbst beschlagnahmt. Der Freund meines Feindes… du kennst das. Und die Aussicht, jahrelang zur Kriegswirtschaft unter Hatti-Befehl beitragen zu müssen, war nicht verlockend. Selbst wenn ich nicht bedroht gewesen wäre.« Sie lächelte. »Außerdem heißt es, daß man reisen soll, wenn man klüger werden will. Und ich bin nie weit gereist. Aber wir sitzen hier und reden und vergessen die Dinge des Leibes. Hast du Hunger, Durst?«
»Ein Schluck Wein wäre willkommen, Herrin.«
Sie langte neben sich, wo auf dem Boden schwere Tonkrüge standen, goß Wasser und Wein in zwei Becher, die sie aus einem an der Wand hängenden Kistchen nahm, und schob Djoser einen davon hin.
»Auf abwesende Freunde«, sagte der Rome leise.
Jäh senkte sich der Schleier wieder vor die Augen. Sie trank schweigend.
Djoser suchte nach einer Ablenkung. »Wie du weißt, ist unser eigentliches Lager nicht in Yalussu, trotz des Namens der Gesellschaft.«
»Ich weiß. Ninurta hat mir von eurer Insel erzählt. Und davon, daß zur Gesellschaft auch Frauen gehören, als rechtmäßige Teileigner.«
Man hatte die kleine felsige Insel westlich von Roddu (Rhodos, wie die Achaier sagten) vor Jahren zufällig entdeckt. Felsen, Riffe, kaum Grün – die Insel lag abseits der gewöhnlichen Handelswege und lockte
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