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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und Küste.
    Polykles musterte zum zwanzigsten Mal den Papyrosfetzen, den ihm der Zöllner aus Menuthis in der Nacht ausgehändigt hatte. »Wenn ich nur wüßte«, murmelte er.
    Solon streckte die Hand aus. »Laß mal sehen. Ich habe fast alles vergessen, aber vielleicht…«
    Zwei längliche Mehrfachzeichen, wie gestempelt, daneben ein Gekritzel von Schreibried und Tinte. Elphenor schaute über Solons Schulter; Baiton lehnte an der Bordwand, sah zu und schob die Unterlippe vor.
    »Na, kannst du das lesen?« sagte er; es klang eher gleichgültig – wie sich ein Adler an eine Krähe wenden mag, die sinnlose Schwimmübungen macht.
    »Ein bißchen.« Solon deutete auf einige der Zeichen. »Das ist per-ao , ›Großes Haus‹, oder ›Herr des Großen Hauses‹, woraus wir ›Pharao‹ gemacht haben. Das da, hm… Ungefähr ›vom Pharao eingesetzt‹ oder so, eine Art Amtsstempel. Das da ist, ahhh, tanaju . Das uralte Wort für uns – Danaer. Dann ist hier noch pwme-rew oder so ähnlich; das müßte Pyemro sein, der Ort, den unsere Geschäftsfreunde inzwischen Naukratis nennen.« Er ließ den Zettel sinken.
    »Und was heißt das alles?« sagte Polykles.
    »Ungefähr das: ›Der vom Herrscher eingesetzte Zöllner überweist die handeltreibenden Danaer an die zuständige Zollerhebungsstelle in Naukratis.‹ Und sein Name, aber den kann ich wirklich nicht enträtseln. Hat er dir gesagt, wie er heißt?«
    Polykles hob die Brauen. »Hat er? Er hat, hab ich aber vergessen. WennWumms, irgendsowas.«
    Solon gab ihm den Papyros zurück. »Seltsam«, sagte er halblaut. »Eine Festung in Rhakotis, ein Zöllner in Menuthis, aber wir werden sozusagen nach Naukratis gewiesen… Wozu dann überhaupt Zoll an der Mündung? Hast du etwas bezahlt?«
    »Nein. Hat mich auch gewundert.«
    »Wie war das denn, als du damals hier warst?« sagte Pylades, der auf einem Strohsack hockte und mit seinem leeren Becher spielte. Er blinzelte in die schrägstehende Sonne.
    »Damals?« Solon kratzte sich den wuchernden grauen Bart.
    »Keine Festung Rhakotis. Ein paar Krieger in Menuthis und Peguati. Die haben uns gesagt, wir sollten uns in Pyemro melden und dann weiter nach Sais. Nach den langen Kriegen mußte alles erst wieder aufgebaut werden.« Er schwieg, dachte an die Fahrt, in der fernen Jugend, gestern. In fünf Jahrzehnten des Kampfes hatte der Stadtfürst von Sais, Psamatik, die Fremden vertrieben: dunkle Kuschiten zurück nach Süden, die »Leute aus Tjehenu« zurück in die Wüste Libyens, nach Westen, die furchtbaren Assyrer zurück in den Osten. Von Sais aus einte und heilte er das zerrissene Land. Auch der Seehandel mußte zuerst wieder in Gang kommen; vorher waren Zöllner sinnlos. Solon erinnerte sich an das Gesicht des uralten Herrschers: verwittert, schon entrückt und doch die Welt messend. Nach ihm (bald nach Solons Reise) kam Necho, nun herrschte dessen Sohn, Psamatiks Enkel Psamis, von Sais aus über das Land. Sais, die engen Straßen, Amuns düsterer Tempel, das Gehege mit Löwen und Elefanten. Mückenschwärme, Menschenschwärme – Gestank, Krieger, Händler, Handwerker. Und, wie seltsam, ganz plötzlich im Mund und in der Nase der Duft einer Schreiberin aus dem Tempel der Hathor. Der Duft, der Geschmack, die Fackeln und die Geschenke einer Nacht…
    »Ein Vorschlag.« Elphenor räusperte sich. »Wenn das Stempel sind, werden sie öfter verwendet, sonst würde man keine schnitzen. Oder prägen, oder schlagen, oder was immer die hier machen. Kann das heißen, daß alle ›Danaer‹ in Naukratis Zoll bezahlen, während sonstige Fremde und Ägypter gleich an der Mündung abgefertigt werden?«
    »Kann das wiederum heißen«, sagte Baiton mit einer Grimasse, »daß wir unsere Waren überhaupt nur in Naukratis verkaufen dürfen? Mir kann’s ja gleich sein, aber was macht ihr beide, mit eurem Metall? Ist doch wohl eher für die königlichen Waffenschmiede gedacht als für den Zwischenhandel, was? Als ich das letzte Mal hier war, fünf Jahre her, hab ich Zoll an der Mündung bezahlt und konnte dann machen, was ich wollte.«
    Der einzige, der in jüngerer Zeit Ägypten besucht hatte, war Zenon, aber der Steuermann hob nur die Schultern. »Das Schiff, Wind, Wasser, Sandbänke – und die bezahlbaren Frauen im Hafen, das ist mein Anliegen. Ich bin ja kein Händler.«
    »Hast du dich nie an einer Fracht beteiligt?« sagte Solon.
    »Wozu? Und vor allem womit? Ich vermiete mein Wissen; offenbar weiß ich nicht genug, denn von dem, was ich

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