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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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dafür kriege, kann man sich nicht an Geschäften beteiligen.«
    Bald überholten sie einen tiefliegenden Lastkahn. Aus dem Schilf tauchten an beiden Ufern immer mehr Hütten und ganze Dörfer auf, und plötzlich gab es Boote: Fischer, die auf dem Strom mit Wurfnetzen oder im Schilf mit Speeren arbeiteten. Weiter entfernt stiegen Rauchsäulen auf, wurden vom Wind gefällt und zerfetzt.
    Nach einer langen Flußschleife sahen sie rechts, am südwestlichen Ufer, eine Bucht mit aufgeschüttetem Kai und Molen, dahinter Häuser aus Stein oder Lehmziegeln. Der rötlich glitzernde Giebel eines Tempels, an den Solon sich nicht erinnerte, überragte die anderen Gebäude.
    Das Dorf, das der Athener vor fünfundzwanzig Jahren besucht hatte, war zu einer Stadt geworden. Baiton und Zenon grinsten über sein Erstaunen, als wollten sie sagen: »Wir haben es dir doch geschildert.« Solon murmelte etwas über die gesunden Zweifel, die nur durch eigenen Augenschein zu beheben sind.
    Händler aus Miletos hatten den Tempel erbaut, der allen hellenischen Göttern geweiht war, Kaufleute aus Mytilene das Versammlungshaus an der mit Säulen und Bogengang umgebenen Agora. Athener, Spartaner, Thessalier, Rhodier, Kreter, Kyprer, Leute aus allen Städten der ionischen Küste, Phönikier aus Tyros, Sidon und sogar dem fernen Karchedon [Karthago], helle Ägypter, dunkle Kuschiten… Ägyptische Hauptleute befehligten Zoll und Wachtruppen aus Karien und Lydien, und die Zöllner verlangten fünfzehn Hundertstel des Warenwerts. Während Polykles und die anderen murrend zahlten, zankten Elphenor und Solon so lange und so laut, daß man schließlich einen hohen Herrn aus dem Palast des königlichen Statthalters holte, einen feisten, krötenähnlichen Ägypter. Er roch nach Kinnamon und Narden, trug zahlreiche Ringe und hatte geschminkte Lippen.
    Und er überraschte die Athener. »Solon?« sagte er, mit öliger Stimme und einer angedeuteten Verbeugung. »Der große alte Staatsmann, von dessen Weisheit und Wohltaten soviel berichtet wird? Und Metall für die Waffenkammer des Herrschers?«
    Eher oberflächlich prüfte er die Waren; dann ließ er zwei Papyrosstreifen von einem Schreiber bestempeln und bekritzeln.
    »Sagt dem Fürsten im Per-Ao zu Ka-Suut, daß sein elender Diener edle Gäste so zu behandeln weiß, wie es ihnen zukommt. Diese Binsenblätter sichern euch gebührende Achtung. Niemand darf Abgaben oder Wegzoll von euch verlangen – aber ihr dürft eure Waren nicht verkaufen, ehe der Herrscher sie gesehen und darüber befunden hat.«
    Elphenor wäre gern länger in Naukratis geblieben, beugte sich aber Solons Wünschen. Die anderen Händler würden in etwa zwanzig Tagen aufbrechen, flußauf segeln bis dorthin, wo der naukratische Mündungsarm mit dem nächsten zusammentraf, der an Sais vorüber zum Meer führte, von da flußab zur Hauptstadt des Pharao, wo Solon und Elphenor wieder an Bord gehen sollten. Der junge Athener blickte aus roten Augen ins Morgenlicht; er stank nach Bier und mindestens einer billigen Dirne. Die Sklaven und ein arg unwirscher Zenon (er verfluchte die »Augäpfel stechenden Dornen an den Rosenfingern dieser schmierigen Schlunze, wie heißt sie noch?«) brachten sie mit der Glauke ans andere Ufer.
    Dort mieteten sie einen Ochsenkarren samt Treiber, der sie über die erhöhte Straße zwischen Feldern und Dörfern zum nächsten Nilarm geleitete. Am mittleren Nachmittag schleppten sie ihre Kisten und Ballen an Bord einer Fähre und ließen sich übersetzen: nach Sais.
    Im Rückblick verschmolzen Empfang und Ehrungen (und zähes Feilschen um Preise) für Solon mit dem Bild der Stadt, ihrer hundert verschiedenen Menschensorten, der halbverfallenen Lehmwälle, der staubigen Lehmgassen, der Häuser und Schänken zu einem wirren Gemenge von Farben und Gerüchen. Nur eines blieb, ein Brandzeichen in der Seele: der Tempel des Amun, die Stimmen der Priester, der Duft von Weihrauch und die Schriften, die die Priester ihm vorlasen.
    Und die Fassungslosigkeit, das Entsetzen des Atheners, der seinen Durst nach Wissen hatte löschen wollen und nun in Kenntnissen ertrank, die alle Grundlagen zerstörten, alle Grundmauern fortspülten, auf denen er für sich und Athen Gedanken und Gesetze errichtet hatte.
    Empfang und Ehrung gingen der unbeabsichtigten und für den alten Priester des Amun kaum begreiflichen Demütigung Solons voraus und machten diese noch schmerzlicher. Der König, nur kurz in der Stadt, wies seine Diener an, Solon und

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