Trojanische Pferde
Nigel. »Werden Sie uns helfen?«, fragte er noch einmal.
»Ich werde darüber nachdenken«, sagte sie. Sasha ahnte, dass ihre Entscheidung ihr Leben auf eine Weise umkrempeln würde, von der sie sich überhaupt noch keine Vorstellung machte. Aber hatte es nicht bereits einen anderen Kurs genommen, und zwar unwiderruflich? Ihre Beziehung zu Ibrahim würde niemals wieder die alte sein. Sie musste daran denken, wie sie gestern Nachmittag die Zähne hatte zusammenbeißen müssen, um auf Ibrahims Zärtlichkeiten einzugehen, und doch wusste sie genau, dass sie das durchhalten konnte. Dann trat ihr Jassar vor Augen, und mit Beklemmung im Herzen wurde ihr klar, dass sie gar keine Wahl hatte. Wie konnte sie weggehen, wenn er in Gefahr war?
KAPITEL 25
A UGUST, VOR EINUNDZWANZIG J AHREN . C AP F ERRAT , F RANKREICH
. Sasha hoffte sehr, dass sie den Eindruck eines zwanglosen Beisammenseins vermittelten, wie sie da so auf dem Achterdeck der
Staid Matron
saßen, vier Freunde, die unter einem strahlend blauen Nachmittagshimmel miteinander anstießen. Was in ihrem Innern vorging, war freilich eine ganz andere Geschichte. Und ihr war klar, dass ihre Körpersprache – Arme steif auf der Sessellehne, beide Füße auf dem Boden, wie um jederzeit aufspringen zu können – einiges von der Unruhe preisgab, die sie fest in den Klauen hielt. Tom, Nigel und der Neue, Ari Soundso, der israelische Mossad-Agent, saßen um sie herum, als wollten sie sie ins Kreuzfeuer nehmen. Das sanfte Schaukeln der Jacht verstärkte ihr Gefühl, keinen festen Boden unter den Füßen zu haben.
»Was hat Ibrahim gesagt?«, fragte Tom.
»Er hat gar nichts gesagt. Sind Sie zufrieden?« Tom musterte sie, offenbar spürte er, dass sie wütend war. Und war das ein Wunder? Von Tom auf einen Drink eingeladen, in der Annahme, dass er daran interessiert sei, an ihr kürzliches Gespräch anzuknüpfen, dann aber plötzlich von drei Männern quasi in den Hinterhalt gelockt. Allerhöchstens hätte sie noch mit Nigel gerechnet, aber nicht mit diesem Ari. Sie sah Tom provozierend an, um ihre letzte Bemerkung zu unterstreichen.
»Das beweist noch gar nichts«, sagte Tom. »Wir können nicht davon ausgehen, dass er irgendetwas in dieser Richtung Ihnen gegenüber durchblicken lässt.«
»Er redet immer noch mit mir. Er hört auf mich.«
»Sasha, wir sind uns, ähm, im Zweifel, ob Sie wirklich, äh, darauf gefasst sind, worum es hier geht. Wir glauben, dass Siees, ähm, äh, vielleicht gar nicht so genau hören wollen.« Nigel wedelte mit beiden Händen. »Ich sage es trotzdem. Abdul und Walid stehen in ständigem Kontakt mit der al-Mujari. Wir wissen, dass sie in einem Terrorcamp im Sudan ausgebildet wurden. Und wir wissen, dass sie und ihre, äh, schiitischen Extremistenfreunde es ernst meinen damit, die saudische Regierung zu stürzen. Die Königsfamilie, die durch ihren Kontakt mit den westlichen Ungläubigen korrumpiert ist. Sie kennen die einschlägigen Sprüche.« Er machte eine Pause.
Was geht hier vor?
Sie sah Tom an. Ja, sie wollten sie offenbar unter Druck setzen, um ihr ihr Anliegen zu verkaufen.
»Im Grunde ist es noch schlimmer«, sagte Ari. »Wir haben von geplanten Mordanschlägen gehört. Todeskommandos.« Er suchte ihr Gesicht nach einer Reaktion ab. »Sie stehen doch auch Prinz Jassar nahe, nicht wahr?«
Fahrt zur Hölle, falls ihr Spielchen mit mir treibt!
»Ja«, sagte Sasha zurückhaltend. »Ich stehe ihm nahe.«
»Al-Mujari arbeitet seit Jahren auf diese Entwicklung hin«, sagte Tom. Es klang fast entschuldigend. »Ich habe es Ihnen bereits gesagt, Sie sind in Gefahr.«
»Wovon sprechen Sie?«
»Wir sind davon überzeugt, dass sie versuchen, die königliche Familie zu infiltrieren«, sagte Nigel. »Seit er aufs College geht, sind sie dabei, Prinz Ibrahim zu bearbeiten und ihn für ihre Sache zu gewinnen.«
Sie sah Tom an, als wollte sie ihm zu verstehen geben, dass sie das alles schon einmal durchgekaut hätten. Beziehungsweise, alles eben wohl doch nicht. Neu war ihr, dass Abdul und Walid und ihre Spießgesellen schon so lange an Ibrahim dran waren. »Ich sagte Ihnen bereits, dass Ibrahim ihnen nach dem Munde redet«, sagte sie zu Tom. »Aber das kann wohl kaum als Infiltration bezeichnen. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Wir wissen, dass sie Mordanschläge auf den König und den Kronprinzen planen«, sagte Tom. »Aber wir dachten, Sie sollten wissen, dass auch Prinz Jassar auf der Todesliste steht.«
Sasha warf unwillkürlich den Kopf
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