Trojanische Pferde
Saudi-Arabien letztes Jahr nachweisen konnten.« Ein Gefühl der Ungeduld stieg in ihm auf, aber er drängte es zurück. Diese al-Mujari-Typen gingen ihm an die Nieren, riefen die alte Hitzigkeit wieder in ihm wach, die er als Nachwuchsagent mühsam zu zügeln gelernt hatte. »Aber immer noch kein Glück beim Aufdecken irgendwelcher Terrorzellen in den USA, mit denen sie vernetzt sind.«
»Ari glaubt, er hätte drei Splittergruppen mit einschlägigen Verbindungen aufgespürt, und bei uns im Vereinigten Königreich müsste es auch welche geben, wenn der Bruder des Scheichs in London sitzt, aber noch haben wir sie nicht entdeckt.«
Tom seufzte. »Wenn man sich dazu anguckt, wie der Scheich und seine fundamentalistischen Kumpanen ihre Nadeln in die Gläubigen stecken, um sie in der Frage der Arbeitsplätze aufzuwiegeln, wird die Lage noch düsterer. Und jetzt wollen diese Typen auch noch Ibrahim umdrehen mit ihrem Gerede, das Land müsse zu den wahren islamischen Werten zurückkehren, und dabei gehensie nicht mal besonders unauffällig vor. Die Lage erinnert mich stark an den Iran in der Zeit nach dem Schah. Ein Haufen von Fundamentalisten, die das Land zurück in die Steinzeit zerren wollen. Wie viel Zeit bleibt uns wohl noch in Saudi-Arabien?« Tom fühlte sein Herz pumpen.
»Schwer zu sagen. Ich kann dir aber verraten, wovor wir uns fürchten, alter Junge«, sagte Nigel. »Wenn die Saudis stürzen, dann bleibt uns kaum noch jemand als die verdammten Russen, auf den wir in Sachen Öl setzen können.«
»Und außerdem laufen dann ganze Horden von wahnsinnigen Terroristen über den Globus, finanziell bestens ausgestattet von der reichsten Ölnation der Welt.« Tom presste die Hände unter dem Tisch zusammen.
»Es wäre nicht das letzte islamische Land, das fällt. Die Türkei käme garantiert als Nächstes dran. Vielleicht sogar Pakistan.«
»Von Aris Befürchtungen gar nicht zu reden.« Er erinnerte sich noch an Aris Gesicht, als er ihm zum ersten Mal begegnet war, bei den Olympischen Spielen 1972, wo er zum Untersuchungsteam gehörte, nachdem arabische Terroristen sieben israelische Olympiateilnehmer ermordet hatte. »Bist du sicher, dass Sasha und Ibrahim heute kommen?«, fragte er Nigel.
»Auf jeden Fall. So eine große Party würde Ibrahim sich nie entgehen lassen. Ich entwickle mich hier zur Attraktion der Saison, alter Junge«, sagte Nigel. Er lüpfte eine Augenbraue. »Sie wird hier sein, ganz sicher.«
»Gut. Dann kann ich eine Gelegenheit für unseren Vorstoß schaffen.«
Tom fasste eine weitere Zigarre ins Auge, entschied sich dann jedoch dagegen. Nach vier Havannas an einem Abend hatte er ohnehin einen ziemlich schalen Geschmack im Mund. Es war zwei Uhr morgens, er saß auf einem Liegestuhl und beobachtete die Party, die noch immer in vollem Gange war. Als er Nigel zuletzt gesehenhatte, war die Krawatte mit dem anstößigen Doppelgrübchen immer noch am Platz gewesen. Jetzt hatte er Sasha im Blick, die ihn geflissentlich übersah, nachdem sie sich für morgen zum Lunch verabredet hatten. Das war nicht schwer gewesen nach ihrem auf Arabisch geführten Streit mit Ibrahim, dem niemand sonderliche Beachtung geschenkt hatte. Anschließend hatte sie sich abgesondert und steif dagesessen.
Sie ist bereit.
Seine Arbeit für heute Abend war getan, aber er beobachtete trotzdem weiter, inzwischen nur noch aus Spaß an der Freud. Sasha hatte irgendwann angefangen, von einer Gruppe zur nächsten zu gleiten, sie gab sich plötzlich ungewohnt zugänglich – offenbar war sie echt sauer auf Ibrahim –, doch bald schien sie es leid zu sein, sich den Typen zu entwinden, die kein Gespür dafür hatten, dass sie entschieden besser beraten gewesen wären, die Finger von ihr zu lassen. Trotzdem, Ibrahim hatte die Klappe aufgerissen und sich aufgeführt wie ein Idiot, was gar nicht so selten vorkam, wenn er zu viel Scotch intus hatte. Jetzt zahlte sie es ihm heim, saß in Gesellschaft eines teiggesichtigen Italieners in schwarzen Lederhosen und weißem Seidenhemd, das bis zu den Brusthaaren aufgeknöpft war.
Vorsichtig, Mädchen. Treib’s nicht so weit, dass du rausgeschmissen wirst. Dann kann ich wieder bei null anfangen.
Sashas Lächeln wirkte gequält, als müsste sie schwer an sich halten, um ihre wahren Gefühle nicht zu zeigen. Sie begann ihm leidzutun. Dann machte sie alles nur noch schlimmer, indem sie ihm einen »Hilf mir«-Blick zuwarf, verborgen unter der coolen »Mir würde das alles zum Hals
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