Trojanische Pferde
Tür.
»US-Militär … Luftwaffe … Armee … Training … wie die Ölfirmen …«, hörte sie durch den Spalt der extra nicht ganz geschlossenen Tür. Es schien Abduls Stimme zu sein.
»… Bomben … sie werden sehen …« Ein weiterer Fetzen, den sie aufschnappte, diesmal von Walid.
Und jetzt eindeutig Ibrahim: »Destabilisieren … aber vorsichtig.« Sie beugte sich dem Spalt entgegen, spähte hindurch.
Ibrahim!
Kam direkt auf die Schlafzimmertür zu. Von einem Adrenalinschub getrieben, rannte sie zurück zum Bett und hechtete unter die Decke. Mit hämmerndem Puls stellte sie sich schlafend, in der Hoffnung, dass er sie nicht gehört hatte.
Ibrahim kam herein, blieb an der Tür stehen, als wollte er seinen Augen Zeit lassen, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Das Licht schaltete er nicht an. Dann trat er ans Bett, setzte sich auf die Kante und strich ihr übers Haar. Seine Berührung war sanft, und unter anderen Umständen, vor einem Jahr noch, hätte sie sie für liebevoll gehalten. Vielleicht sollte sie das ja auch sein. Er beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss. Sie tat so, als würde sie erwachen.
»Oh«, sagte sie. »Ist es schon Zeit für die Party?«
»Ja. Wir müssen bald los. Zeit, dass du dich anziehst.«
Sie wälzte sich herum, streckte die Arme aus und zog ihn an sich. Sie fühlte sich irgendwie unrein dabei, aber sie dachte an Jassar und versuchte, ihren Körper zu entspannen, damit Ibrahim nicht spürte, dass sie ein Problem hatte. Sie beherrschte diese Technik inzwischen ganz gut, vor allem, wenn sie miteinander Sex hatten. Es war, als würde sie ihre tägliche Arbeit verrichten, während sie die ganze Zeit von einem anderen träumte, der nicht existierte, um die Sache durchzustehen. Nicht so schwer letzten Endes, wie sie befürchtet hatte.
»Ich steh dann mal auf«, sagte sie. »Ich brauche nicht lange.«
Aber sie war unzufrieden. Es funktionierte einfach nicht. Hier und da mal ein paar Worte aufschnappen, damit kam man nicht weiter. Sie brauchte etwas Solideres. Und gerade jetzt, wo Ibrahim Semesterferien hatte und Abdul und Walid auch hier waren, würdenihre Gespräche garantiert das Gewünschte liefern. Der Zeitpunkt war gekommen, Tom davon zu überzeugen, dass sie den Plan ändern mussten, um die erhofften Beweise zu erlangen. Einmal schon hatte sie Jassar geholfen, Ibrahim eine schlechte Angewohnheit auszutreiben; vielleicht würde ihr das noch ein weiteres Mal gelingen, auch wenn es sicherlich nicht einfach war, aber mit den nötigen Beweisen konnte sie vielleicht wenigstens Jassar außer Gefahr bringen, um anschließend von hier zu verschwinden und ihr Leben weiterzuleben. Auf welche Weise auch immer.
Sasha hörte das Geklapper der Schreibmaschinen und Fernschreiber in der Nachrichtenzentrale der amerikanischen Botschaft in Riad. Mitarbeiter im Collegealter, die meisten von ihnen blauäugige Blondinen, liefen mit allerlei Papieren und wichtigtuerischem Gebaren hin und her. Sie ließ die Räumlichkeiten auf sich wirken, das pulsierende Zentrum der Geschäftigkeit hinter einer Fassade, die davon nichts ahnen ließ: die schwelgerische Alte-Welt-Erhabenheit der Eingangshalle und des öffentlichen Bereiches, zugänglich für andere Diplomaten und die immer mal wieder vorsprechenden amerikanischen Staatsbürger, die Hilfe bei Problemen mit der Religionspolizei suchten.
»Mit welcher Ausrede sind Sie hergekommen?«, fragte Tom. Er sah sie missbilligend an, wie ein Lehrer seine Schülerin, die ihr Referat mit Verspätung abgeliefert hat.
»Nafta und ich sind shoppen gegangen. Ich fliege nächste Woche mit Ibrahim in die Vereinigten Staaten. Die Frühjahrsferien sind fast vorbei. Ich brauche ein Visum, deshalb bin ich hier. Wir werden von einem Königsgardisten begleitet, er und Nafta warten beide draußen. Viel Zeit habe ich nicht.« Sie warf ihm einen Blick zu, der besagte, dass sie auf seine bevormundende Missbilligung gut verzichten konnte.
»Nun, ich glaube, ich kann den Vorgang ein bisschen verschleppen, sodass Sie einen Grund haben, noch mal wiederzukommen,um das Visum abzuholen. Eine weitere Gelegenheit, uns zu unterhalten, falls nötig.« Er machte eine Pause, nickte ihr dann zu. »Was ist denn so wichtig?«
»Ich brauche ein Tonband«, sagte sie.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass das zu riskant ist.« Er sah sie mit unbewegtem Gesicht an, als wollte er ihr zu verstehen geben, dass das Gespräch beendet sei.
»Das ist mir egal. So wie bisher
Weitere Kostenlose Bücher