Trojanische Pferde
doch stattdessen knackte einer der Agenten das Schloss in weniger als einer Minute.
»Wo ist sein Büro?«, fragte Johnson, der FBI-Einsatzleiter.
»Ich war noch nie hier«, sagte Daniel. »Aber wenn ich Kovarik richtig einschätze, ist es riesengroß. Gucken Sie, ob Sie irgendwo einen Thron finden.«
Daniel bemerkte, dass Sasha die Lampe auf einem Beistelltisch anschaltete, um die Gemälde an den Wänden und die Möbel zu betrachten.
Was hat sie vor?
Sie betraten das erste Büro hinter dem Empfang. Daniel erblickte gerahmte Fotos von Kovarik auf dem Buffet und diversen Regalen. Gerahmte Fusionsverträge hingen an den Wänden und Geschäftsabschlussandenken aus Acrylglas schmückten das Buffet. Kovariks Geschäftsabschlüsse. »Das hier ist es«, sagte er. Zwei von Johnsons Agenten bezogen Wachposten an der Tür, absurderweise, wie Daniel fand, denn wer würde sich hier schon blicken lassen um drei Uhr morgens? Er trat hinter Kovariks Schreibtisch und überlegte, wie er jetzt vorgehen sollte.
Schubladen aufziehen? Nein, sich den Computer vornehmen.
Er war noch eingeschaltet.
Johnson und die beiden anderen Agenten verteilten sich im Raum, öffneten Buffetschubladen und blätterten in einigen Papierstapeln, die offen dalagen. Daniel starrte auf den Computerbildschirm und dachte nach. Er fühlte sich beklommen, machtlos.
Wie bestellt und nicht abgeholt.
Sasha sah sich die Fotos an, studierte jedes einzelne eingehend, bevor sie sich das Nächste vornahm.
Was macht sie da bloß?
Daniel setzte sich vor den Computer, bewegte die Maus, der Bildschirmschoner verschwand und Kovariks Desktop erschien.Jede Menge Symbole verteilten sich säuberlich aufgereiht auf der Benutzeroberfläche, insgesamt vielleicht vierzig oder fünfzig.
Meine Güte
. Er klickte die Systemsteuerung an, um den Dokumentenordner zu finden. Der enthielt weitere fünfzig bis sechzig Ordner.
Sasha, die jetzt auf ein Foto in Kovariks Regal starrte, sagte: »Er steht hier neben einem Aston Martin.« Sie drehte sich zu Daniel um. »Ist das der, mit dem er gegen dich angetreten ist?«
»Ja.« Eine leichte Erregung ergriff ihn. Hatte sie irgendetwas ausfindig gemacht?
»Ist er jemand, der seinen Autos Namen gibt?«
»Ja.« Daniel lehnte sich zur Seite, um das Foto besser erkennen zu können. »Das ist der ›Zerstörer‹.«
»Ist das der Wagen, den du in Watkins Glen gegen die Mauer gedrängt hast?«
Daniels Puls beschleunigte sich. Er hatte verstanden, worauf sie hinauswollte. »Nein«, sagte er, den Blick wieder auf Kovariks Bildschirm gerichtet, »das war der ›Eliminator‹.«
»Versuch’s mal damit«, sagte sie, aber sie hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da hatte er das »Eliminator«-Icon auf dem Desktop bereits gefunden. Als er es anklickte, öffnete sich eine Excel-Datei. Ein Adrenalinschub erfasste ihn. »Das ist es.« Die Datei zeigte eine Liste von Investmentbankern mit Daniel an der Spitze, gefolgt von Aufzählungen der jeweiligen Softwareanbieter-Kunden und deren Abnehmer. Daniel scrollte nach unten, nach seiner Schätzung umfasste die Liste ausgedruckt etwa zwanzig bis dreißig Seiten.
Als er wieder aufblickte, hatte sich das gesamte Team um ihn versammelt, und Sashas Gesicht strahlte ihn über den Bildschirm hinweg an. Ihre Lippen formten die Worte: »Ich liebe dich«, und es überlief ihn warm.
»Sind Sie sicher?«, fragte Johnson.
»Hundertprozentig.«
Johnson stieß eine Faust in die Luft. Seine Kollegen schlugen sich gegenseitig auf den Rücken. Daniel überließ sich dem Triumphgefühl. Sie hatten noch ausreichend Zeit.
»Ich verständige Stone.« Daniel klappte sein Handy auf. »Hey«, sagte er zu ihr, »wir haben unseren Verlaufsplan.«
»Mensch, Sie sind vielleicht eine Spürnase«, sagte Stone. »Schicken Sie ihn mir per E-Mail, dann drucken Sie ihn aus, scannen ihn ein, machen ein paar Kopien auf USB-Sticks und geben alles an Johnsons Team weiter. Wir wollen doch nicht, dass irgendwer mit dem einzigen Exemplar von einem Lastwagen überfahren wird.«
Daniel legte auf, dann sah er wieder Sasha an. Sie strahlte noch immer wie ein Honigkuchenpferd.
KAPITEL 43
S EPTEMBER, LAUFENDES J AHR . N EW Y ORK C ITY .
Als Daniel und Sasha zum FBI-Hauptquartier zurückkehrten, wurden sie am Empfang von Tom begrüßt. Daniel musste innerlich grinsen über Toms nicht sehr überzeugenden Versuch, einen grimmigen Gesichtsausdruck zu bewahren. »Hervorragende Arbeit«, sagte Tom. »Die Liste umfasst vierzehn Investmentbanker sowie
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