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Trojaspiel

Trojaspiel

Titel: Trojaspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Hoepfner
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mit ihrem Mund machte, es fühlte sich wie ein Jucken und ein Kratzen zugleich an, seine Hände, die Halt in den Laken fanden, ihre Lippen, die vor seinem Gesicht auftauchten und einen feinen Milchsaum trugen.
      
       »Ja, so ist das, wenn man verliebt ist«, sagte Mischka, »morgens schmeckt einem der Tee besser, abends läßt es sich leichter einschlafen – plötzlich passen viel zu kleine Schuhe wieder, und die Leute sehen dich an, als hättest du beim Roulette die Bank gesprengt.«
      
       Aber nein, so war es am Anfang nicht, Theo war ein viel zu anspruchsloser Liebhaber. Er suchte nicht seinen Vorteil, er ereiferte sich nicht, und er prahlte nicht. Er machte sich nur Sorgen.
       Schon im ersten Augenblick, als Manka – unvorstellbar –, die schönste, die unbezwingbare Manka, neben ihm ruhte, das Gesicht an seiner Schulter, ihn durch halbgeschlossene Augen betrachtete, bis die Sonne aufging, und der Schlaf die Kosakin doch bezwang, schon da unterstellte Theo allen Umständen ihres Zusammenseins die List der Tragödie. Es war etwas anderes, von Manka zu schwärmen, sie zu beobachten, aus sicherer Entfernung ihr Leben zu begleiten, als mit ihr im Bett zu liegen. Sie war eine Diebin, sie hatte sich mit einem Wassilev eingelassen und seinen Verrat mit einer Grausamkeit bestraft, die Theo abstieß und zugleich seine ungestüme barbarische Zustimmung auslöste. Man konnte das alles begreifen, man konnte der Kosakin das Recht zugestehen, ihr Leben erhalten und ihren Stolz bewahren zu wollen. Aber es war etwas völlig anderes, die Theorie eines solchen Moldavanka-Schicksals im Kopf zu bewegen, als in Mankas fordernden Armen die Nacht zu verbringen.
       Was war mit ihm geschehen? Wurde man nicht so zu einem regulären Mitglied der Japonchik-Familie, zu einem Verbrecher, indem man seine Seele und sein Herz herschenkte, an einen Menschen, der ihr schon auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war, nicht mehr zurückkonnte, beim Versuch, sich zu lösen, gescheitert und nun noch grimmiger und härter einer der ihren war?
       Hatte nicht vielleicht sogar das schlaue Japanerchen Manka instruiert, war sie eine Agentin, sollte sie ihn, der Geschenke und Bestechungen abgelehnt hatte, endgültig auf die andere Seite führen?
       Theo bildete sich tatsächlich ein, seine Erforschung des Labyrinths und das Ordnunghalten in Mischkas Geschäftsbüchern hätten ihn nicht schuldig gemacht. Seinetwegen machte der Junge selbst sich weis, gab es jetzt weniger Gewalt in der Stadt, um seinetwillen ging Mischka mit ausgesuchter Brutalität nur noch gegen die Pogromschiks vor. Aber was, fragte sich Theo, konnte ihn und Manka verbinden, außer seiner schon jetzt gefühlten Angst, sie könne ihm verlorengehen – im Gefängnis, in den Armen eines weiteren Wassilevs, auf der Straße? Er würde ihr keine Vorschriften machen, nur Mischka bitten können, auch auf die Kosakin noch ein Auge zu haben – und sie damit beleidigen.
       Nein, wie die Dinge lagen, würden Theo und Manka kein Liebespaar werden können. Aber so wie die Dinge lagen, wollte er sich wenigstens wünschen, daß die Kosakin sein Schwesterchen sein möge . . .
      
       Mankas Schlaf war tief und traumlos und blieb ganz unbeirrt von so schwerwiegenden Betrachtungen, wie Theo sie anstellte. Und sie wäre von Madame Rubinov sicherlich an den Haaren aus Mischkas oder Theos Schlaf- und Arbeitszimmer gezogen worden, hätte der Knabe nicht mit solch plötzlich erwachsener Miene den Kopf geschüttelt, als seine Ersatzmutter wie eine Lokomotive auf das Bett zustampfte. Und hätte nicht Frau Rubinov selbst mit der Faust vor dem Mund ein kurzes, ärgerliches Schluchzen unterdrückt, wäre ihr nie aufgefallen, daß die wilde, schlafende Manka, nicht anders als ein ganz schuldloses Kind, nicht anders als ein argloses Schwesterchen aussah, wie sie dort in den Kissen mit so merkwürdiger Zartheit im Gesicht den Tag versäumte.
      
       »Er sieht mich an, als würde er mich studieren wollen«, berichtete Manka ihrer Freundin Alla ein paar Tage später.
       »Er ist ein Kind«, gab die Freundin zurück, » so wie du.«
       »Ein Kind? Er führt Japonchiks Bücher! Und er liest Schwarten, immerzu, an die sich nicht einmal Erwachsene herantrauen. Neulich hat ihm Bulanov aus der Zeitung vorgelesen, über neue Schulen, die der Zar eröffnen will, hat ihm die Summen genannt, die der Zar für das Gemeinwohl ausgibt. Und Theo hat ihm darauf alle Posten des kaiserlichen

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