Tropfen im Ozean
Lebensplan erfüllen... Du kannst nicht duschen und dabei trocken bleiben“. Meine Kiefer pressten sich aufeinander. Er hatte Recht, ja, aber gleichzeitig war das so wenig greifbar... das war nicht einfach mit einer Parabel aus der Bhagavad Gita gelöst! Ich meine, klar könnte ich heute kündigen! Und dann? J hätte alles – ich hätte nichts. Und das war ganz bestimmt nicht das, was ich wollte.
„Hör mal“, sagte WOM versöhnlich und legte seine Hand auf mein Bein. Dankbar für diese Geste sah ich ihn an. Ich wollte nicht mit ihm streiten, nicht mit ihm. Ganz bestimmt nicht. „Bleib ruhig, meine Kleine... du hast nur Angst, das ist alles. Du weißt doch noch gar nicht, wie sich das entwickeln wird. Hab Vertrauen. Jetzt hab doch einmal Vertrauen. Denk dran, wie schön es ist, wenn du in der Meditation dein Herz fühlst. Dieses Gefühl nimmst du mit. Das kultivierst du, bis es dich nicht mehr verlässt. Geh einen Schritt nach dem anderen. Vertrau dir. Vertrau dem Leben. Dein Kopf sieht nur zwei Möglichkeiten, aber es gibt so viel mehr. Vertrau dem Einfallsreichtum Gottes. Du wirst sehen... das Leben ist schön – und spannend. Denk an den Fluss... lass den Ast los, an dem du hängst und komm in die Strömung. Stell dir nur einfach mal vor, wie deine Arbeit wäre, wenn du nicht so hinter einem Namen her wärst, wenn du einfach zufrieden deinen Job machen würdest... kannst du dir das vorstellen?“
„Ja“, flüsterte ich. „das kann ich mir sogar gut vorstellen. Ich liebe meine Arbeit. Ich liebe es, einen Film zu machen... dann vergesse ich auch all diese Gedanken. Die kommen immer erst hinterher, wenn ich den Abspann sehe und JC drinsteht für die Nächte, die ich mir um die Ohren geschlagen habe“.
„Und warum ist das so?“ hakte er sanft nach und ich hätte ihn für diese Sanftheit küssen mögen. Schlagartig fielen mir Diskussionen mit meinen Eltern ein, die, wenn ich impulsiver geworden war, mir immer, immer, immer einfach den Rücken zugewandt und gegangen waren. Liebesentzug. Das war das, was ich kannte. WOM blieb. Er nahm mir diese Impulsivität nicht übel. Stumm starrte ich ihn an.
„Warum ist das so?“ wiederholte er.
„Weil... weil es so viele andere gibt, die darauf Wert legen“, flüsterte ich. „Weil mein Papa darauf Wert legt. Alle, die eine Bewerbung von mir lesen würden... jedem. Die ganze Gesellschaft ist darauf aufgebaut.“
„Aber überleg doch mal: Wenn du es bist, die den Laden schmeißt, ist doch eher J von dir abhängig als du von ihm.“
„Das weiß nur keiner. Und es wird sich rausstellen, ob er ohne mich klarkommt“, sagte ich. „Ich bin jetzt fast acht Wochen weg. Vielleicht hat er ja schon Ersatz“.
„Aber kannst du nicht allein daran deinen Wert erkennen? Und... wenn du deinen Job gerne machst... müsstest du doch einfach diesen Wunsch beseitigen, dass dein Name überall drauf steht und du wärst eine immense Belastung los! Frei! Nimm dich einfach selbst nicht so wichtig, dann kommt vielleicht alles von allein“.
Ich schüttelte den Kopf. „Aber wenn ich das tue, nutzt er mich doch weiterhin aus“, erwiderte ich verständnislos. „Ich geb ihm doch Wasser auf die Mühlen!“
„Du weißt nie, was passiert, wenn du loslässt“, sagte er. „Ich sehe nur, dass du mit diesem Wunsch dir sogar deinen Job vermiest, und da in alles, was du tust, deine Energie fließt... vielleicht kannst du dich wenigstens vorübergehend davon lösen... bis sich eine andere Lösung abzeichnet, eine, die du jetzt noch gar nicht siehst...“
„Nein, da geht es mir ums Prinzip“, sagte ich stur. Ich konnte nicht verstehen, dass er das nicht verstand.
„Dann machst du dir aus Prinzip Stress, den du nicht haben musst“, konterte er. „Lass es los und sieh, was passiert!“
Das war nicht das, was ich hören wollte. Zweifelnd sah ich ihn an.
„Und was deine Eltern angeht...“ Seine Augen waren sehr mitfühlend und seine Stimme wurde tiefer, als er fortfuhr. „Auch hier gilt... wenn du dich von dem Gedanken löst, dass sie dich lieben müssen, bist du frei. Wenn du Liebe willst, gib sie, das ist alles, was du tun kannst“.
Ich lehnte mich zurück. Schluckte. Ich wollte so gern, dass meine Eltern mich vorbehaltlos, bedingungslos liebten. Eigentlich, und das wurde mir jetzt bewusst, rannte ich mein ganzes Leben der Hoffnung hinterher, dass es einmal so sein würde. Und nun... nun saß da ein mir namenloser Mann gegenüber und machte mir zum zweiten Mal klar, dass
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