Tropfen im Ozean
Abendkleid zu sehen, meist in einer Verkleidung. Nur ab und an auf der Straße in einem teuren Markenteil, stets mit verhülltem Gesicht. Hut mit Tüll, Sonnenbrillen. Was verbarg sie? Oder war das wirklich nur Masche? Bis jetzt schien das ja alles aufzugehen.
Ihr Lover, den sie kurz nach dem Abitur aufgegabelt hatte, war ein snobistisches Vatersöhnchen, der als R&B-Star groß rauskommen wollte. Mit dem war sie drei ganze Jahre zusammen, dann kam der Trennungsknall. Große Berichterstattung, was seltsam war, angesichts des geringen Status, den E!Liza hatte, gut, der reiche Sohn, freilich, das interessierte natürlich die Regenbogenpresse. Jedenfalls schienen die beiden alles zu tun, um in den Boulevard-Blättern zu bleiben. Es wurde um den Hund gestritten, um Toilettenartikel und schmutzige Wäsche gewaschen. Das volle Programm. Danach war E!Liza mit einem Regisseur zusammen, der eher unscheinbar wirkte und der Spaß an ihren Inszenierungen fand. Man sagte E!liza nach, dass sie selbst auf großem Fuß lebe und ihre Eltern ihr gleichgültig seien. Das wäre auf jeden Fall ein Ansatzpunkt für das, was J sich vorstellte. Ich musste die Schule, die Eltern, eventuelle damalige Freunde ausfindig machen. Nachdenklich betrachtete ich die Bilder genauer. Auf etlichen Fotos war immer wieder ein Mann zu erkennen. Dann fiel es mir ein. Das war der Mann, den E!Liza bei der Busengrabscher- Nummer so angestarrt hatte. Der, der die Daumen gehoben hatte.
„Jimmi, wer ist das?“ fragte ich ihn, als wir zu einer Besprechung zusammen saßen. Er beugte sich über das Bild.
„Das ist ihr Macker“, sagte er abfällig. „Ein echtes Arschloch, dem solltest du nicht in die Quere kommen, der tickt nicht richtig“.
„Woher weißt du das? Ihr Macker? Ist sie nicht Single zurzeit?“
„Gott, wer weiß das schon. Seinen Andeutungen nach ist da mehr... Sie dementiert. Aber der Typ ist ein... naja... das sieht man dem doch an, dass der zuschlägt, wenn ihm was nicht passt“.
Ich schaute nochmal auf das Foto. Jimmi hatte Recht. Der Mann hatte kalte Augen und ein brutales Kinn.
„Warum taucht er nie in Interviews oder sonst wo auf, wenn er ihr Manager ist? Schau dir das mal an“.
Ich schob ihm eine Mappe mit Fotos von E!Liza zu. Und einen erheblich weniger dicken Stapel.
„In der Mappe sind Fotos, auf denen dieser Mann mit drauf ist. Und zwar auch während ihrer gesamten offiziellen Liaisons. Warum wurde der nie erwähnt?“
„Wird er doch“.
„Ja, aber nur nebenbei, wenn er tatsächlich ihr Manager ist oder noch mehr, dann...“
„Also, wenn du mich fragst, bleib bei E!Liza. Den Typen würde ich geflissentlich übersehen.“
„Kennst du ihn?“ fragte ich hartnäckig nach. Jimmi seufzte und wurde rot. Verblüfft sah ich ihn an.
„Und was ist jetzt?“ fragte ich verdattert. Er fuhr sich durchs Haar, sah auf die Mappe, gab sich dann einen Ruck und beugte sich vor. Seine Lederjacke quietschte bei der Bewegung.
„Also... die Sache ist die...“ wieder fuhr seine Hand über den Kopf. „Der Typ ist aus dem Rotlichtmilieu... aus dem übelsten... frag mich nicht, woher ich das weiß, aber ich weiß es. So – und nu lass den Mann in Ruhe, der beißt“.
Ich war verstummt. Dann sagte ich: „Aber Jimmi, das wäre doch die Geschichte überhaupt! Ich meine, wir sollen einen Aufklärungsfilm abliefern!“
Jimmi warf sich mit einem Ächzen in den Stuhl zurück. „Ich hab’s gewusst!“ rief er wütend. „Mann, du spielst mit dem Feuer! Glaub’s mir! Konzentrier dich auf E!Liza und gut ist!“
Ich hatte nachgegeben. Aber nur halb. Am nächsten Tag holte ich mir die perfekte Susann ins Büro und bat sie, Fakten über diesen Mann zusammen zu tragen. Aber ich war nicht blöd. Jimmi war kein Traumtänzer und wenn er eine solche Warnung ausstieß, dann war da was dran. Ich ließ Susann ein Kartenhandy unter einem Pseudonym holen und beauftragte sie strikt, diese Nachforschungen nur mit diesem Handy zu tätigen und wenn jemand sie fragte, warum sie anrufe, solle sie im Notfall sagen, sie sei von irgendeiner Behörde.
Das nächste, was ich anging, waren E!Lizas Schulen. Sie hatte zweimal gewechselt, weil ihre Eltern umgezogen waren. Mir war nur ihre letzte bekannt, aber ich scheiterte an der korrekten Sekretärin, die sich weigerte, auch nur eine Kleinigkeit herauszugeben.
„Tut mir leid, Datenschutz“, raunzte sie und schmiss den Hörer auf die Gabel. Obwohl mir solche Methoden stanken, stieg ich zwei
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