Tropfen im Ozean
war mehr denn je auf Disziplin fixiert und mehr denn je auf Missionstour.
Rob war ruhiger als sonst, auch er hatte sich verändert, er kam mir nicht mehr so sorglos vor. Trotzdem war er wieder dazu übergegangen, Elisha zu frotzeln und je heiliger sie tat, umso mehr Witze entluden sich über ihren Kopf und desto heftiger waren sie.
„He, Elisha!“ dröhnte es zu mir aus dem Studio. „Wer ist perverser? Der Nikolaus oder der Osterhase?“
„Halt die Klappe, Rob.“
„Der Nikolaus! Weil er soooo nen großen Sack hat!“
Ich hörte Elishas Stuhl quietschen, den sie vermutlich so weit wie möglich von Rob wegdrehte. Robs Stimme quäkte weiter durch meine Tür.
„Und weißt du, warum der so nen großen Sack hat?“
Ich sah Elisha geradezu vor mir, stoisch auf die vielen Rädchen auf ihrem Mischpult starrend, spürte ihren Impuls, ihm eine zu knallen, als wäre es meiner.
„Weil er nur einmal im Jahr kommt!“ schrie Rob und die Männer im Tonstudio wieherten.
„Und der Osterhase?“ fragte Jimmi. Robs Antwort:
„... der ist noch perverser! Der malt sich seine Eier bunt an!“
Sollte Rob meinen, mit diesen Witzen Elisha aus ihrer Depri-Stimmung zu holen, war er weit davon entfernt.
Das Allerschrecklichste allerdings war, dass nun auch Emilie ihre spirituelle Ader entdeckt hatte. Sie war mit Elisha zu Sonnja und Shakti gegangen, hatte dort Reiki- und andere Einweihungen erhalten. Ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass sie das tat, weil sie ein Buch von mir in der Hand gehabt hatte und wieder mal in Konkurrenz treten wollte.
Nun hatten wir die Pseudo-Heiligen im Doppelpack. Emilie saß so manche Tage mit uns im Studio und sagte zu Elisha Dinge wie:
„Spürst du das? Da ist eine dunkle Energie im Raum“, während sie mich und Elisha Rob anschaute.
Ich biss die Zähne zusammen und vertiefte mich in meine Arbeit. Gott sei Dank blieb Emilie nie lange, sie hatte ja eh nichts im Studio verloren, aber sie drängte sich überall rein, wo sie meinte, Eindruck schinden zu können.
Bei jeder Gelegenheit posierte sie in der Victoria Beckham-Stellung – POSH, buchstäblich, den Fuß mit dem Plateau-High Heel ausgestellt, die Handtasche am abgewinkelten Arm. Sie machte mir klar, dass sie sich für etwas Besseres hielt und, obwohl es mich doch nicht kratzen sollte, tat es weh. Es schien sie zu ärgern, dass meine Arbeitskraft eine zentrale Rolle in Js Unternehmen spielte und so fing sie an, sogar in die Kundengespräche zu platzen, um ihre Wirkung zu testen. Da kam sie angeträllert mit ihrem Ausschnitt und dem Blondhaar und die Kunden bekamen leuchtende Augen.
Innerhalb von Sekunden war ich wie immer nicht da. Ausgeblendet. Weg. Nicht existenzberechtigt. Teilweise redeten die Leute sogar mit Emilie über ihr Projekt und sie hörte aufmerksam zu, nur um mich zu ärgern. Bis irgendwann Rob oder J die Kunden darauf aufmerksam machten, dass Emilie lediglich ihre Knofelnase pudern würde, und ich für den Film zuständig war. Das freute mich wirklich nicht - es war eine ständige Inspiration für meinen Gleichmut.
Aktuell las sie das Buch mit dem Titel: ‚Das größte Mysterium der Welt – erreichen Sie, was Sie wollen’ und prophezeite J, dass er, wenn er diese Regeln einhielte, innerhalb kürzester Zeit seinen eigenen Hubschrauberlandeplatz nebst Helikopter und natürlich das Millionärshaus samt Ländereien haben würde. J war komischerweise Feuer und Flamme und unterstützte das Ganze auch noch.
„Wir arbeiten sehr intensiv mit diesem Buch“, hörten wir sie sagen und: „Ist aber nicht für jeden was, da muss man spirituell sehr weit sein... naja, kann ja nicht jeder...“
Rob und ich hätten am liebsten den Kopf in den Händen vergraben.
Wenn ich da an die authentischen Lehren meines alten, weisen Mannes dachte und diese marktschreierischen, umsatzträchtigen Aufmerksamkeits- und Egospiele auf Kosten der Spiritualität damit verglich, konnte ich nur mit dem Kopf schütteln.
Obwohl, hätten sie gewusst, über welche Themen ich mich mit WOM unterhielt, hätten wohl sie mit dem Kopf geschüttelt. Ich übte mich in Gelassenheit und gerade die wurde durch unsere nächste Filmsequenz auf eine harte Probe gestellt.
Alles hat seinen Sinn
Meine Stunden im Wald waren Oasen, die mich wieder auf das Wesentliche ausrichteten.
„Was machen deine Träume?“ fragte mich WOM.
„Hab ich noch. Nicht jede Nacht, aber es gibt sie noch“. Lächelnd sah ich ihn an. Es ging in den
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