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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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dem liebevollsten Blick aller Zeiten. Ungelenk richtete ich mich auf, umarmte ihn und hörte nicht auf,  ihm Danke zu sagen.
    „Bedank dich bei dir“, flüsterte er in mein Haar, als er mich in seinen Armen hielt. Ich sog seinen Duft ein und wusste: Niemals würde ich ohne diesen Mann sein wollen. Und betete, dass ich es auch niemals würde sein müssen. 
     
    Er schickte mich nach Hause. Es gab nicht viel zu reden. Erst an der Tür drehte er sich zu mir:
    „Es dauert, bis sich das endgültig auflöst“ sagte er. „Vielleicht ein viertel bis halbes Jahr. Bitte geh die nächsten Tage nicht ins Büro. Ruh dich aus. Lass es wirken. Ich weiß, du hast viel zu tun. Aber das hier ist wichtiger. Das ist... wie ein Feuer, das zwar gelöscht ist, aber noch jede Menge raucht“.
    Ich nickte. Ohnehin fühlte ich  mich, als ob man mir die Haut abgezogen hätte. Jeder Nerv lag frei und ich hätte es nicht ertragen, jemanden außer ihm zu sehen. Fühlte mich überempfindlich, jeder Außenreiz war zu viel. Gleichzeitig aber war da auch ein intensives und reines Empfinden. Wie blankgescheuert. Mit glänzenden Augen sah ich ihn an. Die seinen brannten in einer faszinierenden Intensität. Er zögerte bei der Verabschiedung. Schließlich sagte er: „Denk dran... du hast vorher die Menschen angezogen, die für dich wichtig waren, die dir halfen, dies alles zu erkennen... damit meine ich vor allem die, die dir zugesetzt haben. Emilie, die dir gezeigt hat, wie schlecht du über dich denkst und J, der diesen sexuellen Magneten an dir spürte. Wenn die Umgebung den gewohnten Ansatzpunkt nicht mehr findet, kann viel Wut entstehen. Viele gehen die Wände hoch, weil sich subtil etwas geändert hat, was sie nicht begreifen... versprich mir, dass du dich schützt“.
    Ernst sah er mich an und ich konnte mich wie so oft des Eindrucks nicht erwehren, dass er wusste, was kam. Aber er erläuterte solche Dinge eh nie, also fragte ich nicht nach.
    „Gut“ nickte ich. „Die Prüfung, oder?“
    „Ja“, grinste er. „Genau. Jetzt werden alle alten Dämonen dich wieder in die Knie zwingen wollen... aber es ist weg“, setzte er dann hinzu. „... für immer und ewig... es kommt nie wieder, mach dir das bewusst - das ist die Hauptsache“.
    Das war die Hauptsache.
    Ich verstand mich, ich verstand meine Mutter. Ich verstand plötzlich so viel. Sie wollte Liebe, die ich ihr nicht hatte geben können. Ich wollte Liebe und war traumatisiert. Emilie wollte Liebe und fand sie bereitwillig bei meiner Mutter. Wir alle wollen Liebe. Was tun wir nicht alles dafür! Und wem konnte man übel nehmen, was man selbst doch für sich haben wollte? Endlich verstand ich WOM, wenn er mir immer versucht hatte, klarzumachen, dass es nur um die eigene, innere Liebe ging, nie um die von außen.
    Ich fühlte noch nicht einmal Wut oder Groll dem Täter gegenüber. Was hätte mir das gebracht außer der Bindung an das Ereignis, das sich doch jetzt auflöste? Ich hatte null Interesse, das wieder herzuholen. Mag sein, dass die Transformation noch andauern würde, aber die alte Haut war ab. Diesmal hatte ich Zähne und Klauen eingesetzt. Endlich konnte ich wieder wachsen, meine Farben leuchten lassen. Ich drückte WOM ein letztes Mal und ging nach Hause.
     
    ***
     
    In den folgenden Tagen kamen dennoch viele Emotionen hoch, Trauer, Wut, Ohnmacht, ich weinte viel um das kleine Mädchen, das ich gewesen war. Aber mein weiser Mentor hatte mich vorbereitet. „Wenn das auftaucht“, hatte er gesagt. „... dann lass es hochkommen. Sei einfach nur ein Zuschauer und dann stell dir vor, wie du dieses Gefühl verbrennst. Feuer hat etwas Reinigendes und du wirst sehen, dass es in dir die nächsten Tage gewaltig lodern wird“. Er hatte leise gelächelt bei seinen Worten, und es bewegte mich sehr, dass er so glücklich über dieses Ereignis war. Seine Selbstlosigkeit machte mich sprachlos.
    Doch mit der Zeit stellte sich ein Glücksgefühl bei mir ein. Ein tiefes, unabhängiges Glücksgefühl, verbunden mit Freude und Liebe für das Leben, für mich und all meine Mitmenschen.
    Es endete in Liebe. Am Anfang war Liebe, als ich geboren wurde, als ich ein Baby war und dazwischen war Chaos. Nun fühlte ich ein zentriertes, kraftvolles Empfinden in der Herzgegend, einen Punkt, der zu strahlen schien und mir ein unglaubliches Gefühl von Sicherheit und innerem Frieden verlieh.
    Mit Erstaunen stellte ich fest, dass sich mein Wunsch zu erfüllen begann. Und so blöd es auch klingen

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