Tropfen im Ozean
mochte: Die Sache mit meinem Namen, das Hinterhergerenne nach all dem kam mir im Vergleich dazu tatsächlich lächerlich und nichtssagend vor. Genau wie WOM gesagt hatte.
Ich tauchte in diesen Frieden ein, so tief ich nur konnte. Und schöpfte daraus Kraft für das, was mir noch bevorstand.
***
Die Zeit brannte nun endgültig unter den Nägeln. Ich hatte die erneute Auszeit als Recherche-Arbeit deklariert, um keinen Ärger mit J zu riskieren. Meine Mappe mit den E!Liza-Unterlagen, die DVDs, die mir Rob gebrannt hatte, lagen auf meinem Schreibtisch, die Nummer des Managers daneben. Nachdenklich spielte ich mit dem Zettel.
Wir hatten nicht viel über E!Liza und meine Gedanken drehten sich im Kreis. Der Vater an der Tür, der den Eindruck erweckte, eher besorgt denn frustriert zu sein. Jahrgangsbeste, Abitur mit mindestens 1,5 Notendurchschnitt. Tätigt keine Aussagen, die man sich nicht hinter den Spiegel stecken könnte. Ich sah auch meine bisherigen persönlichen Erlebnisse mit ihr in einem anderen Licht. Ihr „Hi“, als ich in die Toilette gekommen war, damals, auf der Party, als ich noch in das Drama mit mir selbst und J verstrickt gewesen war, war ein freundliches „Hi“ gewesen. Erst, als sie meinen JC-Ausweis gesehen hatte, war sie biestig geworden. Kein Wunder, nachdem sie vorher von genau diesem Typen so billig angemacht worden war! Auf der Zehngold-Party hatte sie die Leute verarscht und einen dadaistischen Auftritt hingelegt. Ihr Blick voller Spott, als J sie an die Brust gefasst hatte. Sie hatte exakt erkannt, was für ein Typ er war. Das nächste, was ich live erlebt hatte, war der inszenierte Busengrabscher... es war gespielt gewesen, soviel war klar. Die Frage, die sich aber mir inzwischen stellte, war: Von wem war es inszeniert? Wirklich von E!Liza?
Nachdenklich schrieb ich auf einen Zettel: Aufnahme von Jimmi, Auftritt Moskitonetz. Tja... und diese letzte Performance.
Sie hatten E!Liza bedroht. Sie selbst war drauf und dran gewesen, den Mund aufzumachen. Hatte die Maske abnehmen wollen. Ich sah mir die Szene nochmal an. Sie hatten sie zum Auto geschleppt, ihr den Mund geschlossen und ich ahnte: nicht nur mit dem Kuss und dem Messer.
Doch, wenn sie bedroht wurde, warum ging sie nicht zur Polizei? Ich spulte die Szene an, in der Rob das Messer entdeckt hatte. Es war ... auslegbar. Wenn das mit dem Kleid geplant war, hatte der Typ ja ein Messer gebraucht. Immerhin hatte sie auch praktischerweise eines angehabt, das Schnüre statt Stoff hinten hatte. Und was würde passieren, wenn die Polizei dem nachginge und nichts fände? Hätten wir dann in ein Hornissennest gestochen? Würde das E!Liza helfen? Das konnte keiner von uns abschätzen.
Missmutig fiel mein Blick erneut auf den Zettel in der Hand. Die blaue Tinte hatte sich abgerieben und meine Finger verschmiert. Wenn einer wusste, was los war, dann er. Wenn einer lügen würde oder nur das zum Besten geben würde, was ihm sinnvoll erschien, dann er. Aber wenn ich einen weiteren Eindruck vom Geschehen wollte, war er zumindest eine Chance. An E!Liza selbst kam ich nicht ran, sie war für Interviews nicht zu sprechen. Sie war überhaupt nicht mehr für die Öffentlichkeit präsent.
Ich musste den Mann anrufen.
***
Ich geriet in den Bann der Geheimnisse um E!Liza und arbeitete mich tief in die Materie ein. Die Jahresberichte lagen noch auf meinem Schreibtisch und ich ging sie noch einmal akribisch durch
Elisabeth Hänsler... ein ganz normaler Schulverlauf. Sie war in der Volleyballmannschaft gewesen... vielleicht konnte ich da ansetzen... bei einem ehemaligen Mannschaftsmitglied oder dem Trainer. Ich studierte die Namen unter den alten Bildern und schrieb sie mir auf. Vorname, Nachname, Jahrgang und der Ort waren bekannt, das war schon mal was, ein Ansatz für Susann. Dann stolperte ich bei einem Volleyball-Wettkampf über einen weiteren Namen: Julia Hänsler. Zufall? Hektisch las ich den kurzen Report unter dem Bild. Elisabeth Hänsler, Klasse 10b, Julia Hänsler, Klasse 8a...
Hatte sie eine Schwester? In den Jahresberichten standen keine Adressen, nur Orte. Aber das würde ja schon genügen. Und da war es: Julia Hänsler, gleicher Ort wie bei Elisabeth. Sie hatte eine Schwester. Und niemand hatte bisher über diese berichtet.
Mit der Namensliste versehen, auf der Lehrer, Schulkollegen und der Manager standen, ließ ich Susann zu mir kommen.
„Susann, ich brauche Infos über diese Namen... und bei dem da...“
Ich
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