Tropfen im Ozean
an... und Zehngold... wir schaffen das... irgendwie... Rob hat Recht – wir setzen alles rein. Wir müssen es schaffen“.
Aber es kam noch viel schlimmer.
In einer kurzen Kaffeepause rief ich Krug an. Er war außer sich, als er den Hörer abnahm. „Was soll das?“ schrie er. „Ich hab Ihnen vertraut! Was sollen diese Trailer? Was haben Sie vor? Ich mach Sie so was von fertig, wenn das Ding anders ausschaut als vereinbart!“
„Herr Krug“, sagte ich und meine Stimme zitterte. „Wir haben diese Trailer nicht gemacht. Aber unser Film ist fast sendereif. Können Sie zu uns kommen? Machen Sie sich unkenntlich, Mütze, Sonnenbrille, hoher Kragen, kein Trainingsanzug. Aber bitte, kommen Sie“.
Ich wusste nicht, ob ich inzwischen unter Paranoia litt oder ob es berechtigt war, so zu denken. Ich tat einfach, was mir mein Bauchgefühl sagte. Krug schwieg für eine Weile. Dann sagte er verdrießlich und drohend: „Gut, ich komme. Aber ich warne Sie. Ich warne Sie“.
***
Draußen röhrte der Motor eines Lamborghini Miura, Js neuester Errungenschaft. Wir saßen versammelt im Studio und registrierten mit Unbehagen seine Ankunft.
Und dann kam er. Zugedröhnt bis oben hin. Er dampfte in die Firma und schrie die junge Praktikantin an, weil sie ihm die Tür nicht aufgehalten hatte. Danach trampelte er die Treppe ins Studio hoch und riss die Tür auf.
Im Raum befanden sich Elisha, Bernd, Rob, Susann, Gerda und ich und wir alle gefroren zu Eis, als J mit seinen rotgeäderten Augen ins Zimmer trat. Nervös warf ich Elisha und Rob einen Blick zu. Im Studio war es schlagartig still geworden, so dass Js übermäßiges Schnaufen noch stärker die Luft durchschnitt. Seine Wut stand im Raum wie ein radioaktiver Monolith, sättigte jede Ecke, jeden Partikel, jede Zelle.
„Ich will den Film sehen“, sagte er. „Sofort. Und brenn’ mir ne Kopie“.
Ich schluckte. Aber ich war guter Hoffnung, dass der Film ihn beruhigen würde, er war wirklich gut – es war eine echte JC-Produktion und ich hatte inzwischen vollkommen ausgeblendet, dass J etwas anderes in Auftrag gegeben hatte.
Doch bereits nach fünf Minuten bekam J einen hysterischen Wutanfall.
„Was - ist - das?“ brüllte er in voller Lautstärke und wandte sich mir völlig entstellt vor Wut zu. „Das ist Scheiße! Das ist totale Scheiße! Das ist mehr als Scheiße! Diese verfickte Schlampe als Opfer hinzustellen! Was soll das! Du bist ja nicht mehr ganz dicht! Du blöde, verdammte Kuh! Das war nicht der Auftrag! Wie kannst du diese verdammte Hure, diese verfickte Bitch nur so lobhudeln! Hat dir jemand ins Hirn geschissen!? Du... du...“
Er kam auf mich zu, ich wich zurück. Rob zuckte vor. Die Frauen stießen einen Laut des Erschreckens aus. Aber J bekam nichts mit, nichts, außer seiner eigenen Wut.
„Du! Du meinst wohl, du kannst mich verarschen! Aber nicht mit mir, du elendes Luder, nicht mit mir! Du hast zwei Tage Zeit, das hinzubiegen! Zwei Tage, oder es raucht hier dermaßen, so hat es hier noch nie geraucht! Ich will diesen verfickten Film und die verfickte Schlampe, so wie sie ist! JC liefert, was gefordert wird!“
„Das ist kein JC-Film“, sagte ich und sah ihm trotzig in die Augen. „Das ist mein Film. Und den mache ich unter meiner Prämisse!“.
„Du hast den Film als Zugeständnis bekommen...“ fauchte J. „... falls er gut ist, darfst du deinen Namen drunter setzen. Er ist aber nicht gut. Du hast wie ein Erstklässler das Thema verfehlt! Du blöde Kuh gehst mir auf den Geist mit deinem Scheiß-Namen, während mir...“ wütend bremste er sich und fuhr mit der Hand durch sein ungepflegtes Haar. „...du bist ja nicht mal mehr in der Lage, einen einfachen Auftrag zu erledigen!“
„Okay, dann eben kein Name. Es ist mir wurscht“, sagte ich genauso wütend und fühlte, wie frei ich plötzlich war, wie sehr mich dieser blöde Wunsch bei allem behindert hatte, wie sehr er mein Unterscheidungsvermögen, was gut und richtig war, beeinträchtigt hatte. „Ich brauch das mit dem Namen nicht. Dann ist es eben ein JC-Film. Aber er wird genau so gesendet, weil...“
„Halt bloß die Klappe, du arrogante Tuss“, unterbrach er mich giftig und sein Speichel sprühte mir ins Gesicht. „Was bildest du dir eigentlich ein, wer du bist? Es wird so gemacht, wie ich gesagt habe und nichts sonst!“
Stur wandte er mir den Rücken zu. Ende der Diskussion. Ich versuchte es anders, mir war jedes Mittel Recht. Es konnte nicht sein,
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