Tropfen im Ozean
sollen sie denunzieren, aber... seht her... sie ist es nicht“.
„Hm... ich glaube, du hast Recht – ja, genau! Das machen wir. Die Flucht nach vorn ist wohl am besten. Vielleicht findest du noch weitere Unterschiede. Wir arbeiten das ein“.
Aber mir wurde immer mulmiger zumute. Ich wollte mit Krug reden wegen seiner Beziehungen zur Polizei. Ich rief ihn an, aber es meldete sich sein AB und mir blieb nur, eine Nachricht zu hinterlassen.
Alles musste zurückstehen, auch das wirklich wichtige Wiedemann-Skript, und alle hielten zusammen. Susann blieb länger, Elisha, Rob und ich sowieso, Gerda versorgte uns mit Naturalien und unser Werk strebte seiner Vollendung zu. Elisha dokterte noch an den geflüsterten Auto-Ton-Aufnahmen herum, aber die empfanden wir alle nicht als so wichtig – zu ausdrucksstark war unser bisheriges Material. Wir würden auf jeden Fall termingerecht liefern können. Und der Film... der Film war einfach wunderbar. Wir begannen mit einem rasanten Trailer, hatten die Carmina Burana als Hintergrundmusik gewählt, dazu E!Liza in ihren bizarrsten Kostümen. Der Anfang ließ auf eine Skandaldoku schließen, das, was jeder erwartete und was uns hohe Einschaltquoten garantieren würde. Diesen Trailer hatten J schon an den Sender geschickt.
Nach dieser Einführung hatten wir die Stimmung abrupt geändert. Pianomusik... die ersten positiven Stimmen erklangen, E!Lizas Auftritte, so zusammengefasst, wie sie mir Rob präsentiert hatte, E!Lizas rauchige Aussagen untermalt mit sanfter Melodie und entsprechend positiven Bildern im Hintergrund. Den Kommentar hatte mein Lieblingssprecher Mats übernommen, er hatte eine leicht raue, nicht ganz tiefe Stimme und er war genial. Er brachte an der richtigen Stelle die richtige Nuance an Gefühl und führte den Zuschauer an die Spitze der Emotionen, die in den Interviews von Hänsler, Krug und Florian gipfelten. Das Ding würde ein mittleres Erdbeben in der Promi-Welt auslösen, soviel war sicher.
Doch dann änderten sich die Ereignisse schlagartig und unerwartet.
Unser Trailer flimmerte über Millionen von TV- Bildschirmen – eine Woche lang – dann änderten sie ihn. Der Sender machte Werbung für „Die Wahrheit über E!Liza!“ und, doppeldeutig: „Sie zeigt endlich ihr wahres Gesicht“. Die Moderatorin sagte, die Zuschauer dürften gespannt sein auf eine außergewöhnliche Doku, die viele Geheimnisse enthülle, darauf, endlich zu erfahren, wer E!Liza wirklich sei...und wie sie aussehe. Soweit so gut. Das war noch okay. J hatte mir gesagt, dass der Sender das Recht hatte, den Trailer zu verändern oder selbst etwas zu produzieren und ich hatte mich zähneknirschend darauf einlassen müssen. Doch die Andeutung, sie würde ohne Maske und Schminke zu sehen sein, irritierte uns. Es war schlicht falsch und keiner von uns wusste, warum sie das so aufputschten.
Doch angesichts der Tatsache, dass bisher niemand ihr Gesicht kannte, schürte das die Spannung im Publikum auf ein Höchstmaß. Der Sender rechnete inzwischen mit einer Rekord-Einschaltquote und mir wurde heiß bei dem Gedanken, was das für E!Liza, ihre Familie und vor allem ihre Schwester bedeutete. Und dass diesmal mein Name genannt werden würde. Seltsamerweise fühlte ich mich unwohl dabei.
Ein paar Tage später allerdings waren im Trailer nicht nur Ausschnitte von ihren Auftritten zu sehen, sondern nackte Körper. Das heißt, ein nackter Körper. Der Körper aus Ryss’ DVDs. Teile davon, ein Aufblitzen nur, und die Moderationstexte änderten sich: E!Liza! Ikone? Sternchen? Genial oder verdorben? Seien Sie gespannt auf eine E!Liza, wie Sie sie noch nie gesehen haben.
Entsetzt saßen wir vor dem Bildschirm. Rob drehte am Rad.
„Das ist dieser Manager-Fuzzi!“ schrie er. „Ich hab’s gewusst! Er traut uns nicht! Wir setzen alles rein, alles!“ Er knuffte mich grob. „Los, wir müssen aufs Ganze gehen! Wir müssen alles reinsetzen, das Messer... alles!“
„Rob“, stöhnte Elisha. „Wie sollen wir das schaffen? Wir müssen liefern! Und Wiedemann wartet auf sein Drehbuch!“
„Ja“, sagte Susann. „Er hat angerufen, er sagte, wir sind die letzten, die über-letzten! Alle anderen haben schon eingereicht. Wir brauchen den Auftrag. Wir brauchen ihn wirklich“. Alle sahen wieder mal mich an.
„Ich kann das Drehbuch jetzt nicht fertigschreiben“, sagte ich, bleich geworden. „Es ist unmöglich, das wisst ihr. Aber... ich lasse mir was einfallen... ich rufe Wiedemann
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