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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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unterkommen konnte. Wo hatte ich nur mein Urteilsvermögen gehabt, als ich mich auf all das eingelassen hatte!?
    Kaum bekam ich mit, wie der Raum sich füllte. Die Angestellten von Kropp schienen genau so nervös zu sein wie ich, immerhin waren sie die Hauptdarsteller und obendrein hatten sie ihre Frauen mitgebracht. Ein paar nickten mir kurz zu, aber es fiel kein freundliches Wort und die Gruppe der Frauen scharte sich um die Pissnelke. Okay, alles klar. Aber sie wurden immer unruhiger, denn nun drängelten sich im Raum nicht nur die Darsteller - es fanden sich auch andere Gäste ein. In einem lichten Moment entdeckte ich jemanden mit Fotoapparat, Stift und Block. Ein Pressefritze! Wie kam der hierher? Überhaupt – wer waren all diese Leute? Langsam wachte ich aus meinem selbstgemachten Delirium auf und sah mich entsetzt um: Der Raum wurde immer voller und voller. Der Wirt schob gerade die Trennwand auf, um noch mehr Platz zu schaffen. Mein Blick wanderte zu J, der zu meiner Bestürzung ganz offensichtlich selbst gerade seine Contenance verlor. Dann fing ich den herausfordernden Blick von Kropp an J auf und verstand, was das sollte: Wenn der Film schlecht war, wäre das Joes, wäre das unser aller Untergang. Kropp hatte seine ganze Handwerkerinnung, seine Bekannten und Gott weiß wen noch eingeladen! Hunderte von Menschen pressten sich in den Raum und der einzige, der strahlte, war der Wirt. Dumpf erinnerte ich mich daran, dass J jeden Versuch Kropps, nochmals über den Vertrag zu reden, abgeschmettert hatte. Das war nun die Quittung.
    Panisch suchte ich Rob mit den Augen und war kurz vorm Tränenausbruch. Und da sah ich, wie Rob sich durch die Menge wühlte und sich neben mich stellte. „Ganz ruhig, altes Mädchen“, flüsterte er mir zu. „Egal, was die über den Film sagen werden – er ist gut. Das ist alles, was du denken solltest. Halt den Kopf hoch!“
    Ich tat genau das Gegenteil. Verzweifelt senkte ich mein Haupt gegen Robs Schulter und alle sahen es. In weniger als drei Sekunden stand J neben mir, um mir den Ellbogen in die Seite zu rammen.
    „Stramm stehen“, knurrte er. „Wehe, du gibst dieser Bauerngesellschaft klein bei!“
    „Aber J!“ flüsterte ich heiser. „Du weißt genau, was Kropp da vorhat!“
    „Bin ja nicht blöd. Und er auch nicht! Muss man anerkennen. Aber er kennt den Film nicht und der ist verdammt gut!“
    Ich schwieg darauf. Denn J kannte den Film genauso wenig.
     
    Was dann folgte, werde ich nie vergessen.
    J atmete tief durch und sandte seinem Gegner einen dermaßen martialischen Blick, dass seine stahlgrauen Augen in dem dämmrigen Licht wie Blitze wirkten. Er schnappte sich ein Glas Sekt, stürzte es in einem Zug hinunter und fixierte Kropp erneut. Leicht hob er die Augenbrauen, wie eine Aufforderung zum Kampf. Ohne sein Opfer aus den Augen zu lassen, flüsterte er Rob ein paar Sätze ins Ohr und drängte sich dann im inzwischen heillos überfüllten Saal nach vorne. Ein Gladiator auf dem Weg in die Arena. Vorne angekommen, stieg er auf das Podium, stemmte die Beine fest in den Boden und sandte noch einmal seinen Blick zu Kropp, hochmütig, angriffslustig, herausfordernd.
    Js Kiefer waren aufeinandergepresst, er trug italienischen Zwirn, sein Haar war nach hinten gegelt und er stand da vorne, mit diesen glitzernden Augen und einer so starken Präsenz, dass die Leute von alleine ruhig wurden. Er wirkte wie der Präsident der Vereinigten Staaten im Film „Independent“, bei seiner Rede kurz vor dem Angriff der Aliens und seine Wirkung war unglaublich. Die Frauen fingen an zu flüstern und in mir entbrannte plötzlich ein Funke, ein Schalter kippte um, als ich J so beobachtete, wie furchtlos er da stand und ihnen allen die Stirn bot. Ich bewunderte ihn für diese Stärke. Er gab Rob ein Zeichen und ließ sich, obwohl das nicht nötig war, ein Mikro geben. Die Bässe von Star Wars wummerten überdimensional laut durch den Raum und jedes Flüstern erstarb. Licht aus! Spot an!
    J stand im Scheinwerferlicht auf dem kleinen Podest und starrte stumm in die Menge. Alle saßen wie festgemeißelt, die Frauen aufrechter als ihre Männer. J hatte allein durch diese kleine Dramaturgie, durch sein Auftreten, alles gedreht. Fasziniert hörte ich, was er sagte:
    „Meine Damen und Herren... was Sie heute hier erleben werden, ist nicht nur eine Premiere von „Kropps Handwerkerkunst und Atelier“, nein, heute sehen Sie mehr als das. Sie sehen die professionelle Komplettgestaltung eines

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