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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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Mein Herz stach.
    „Tschuldigung“, sagte Rob und machte leise die Tür wieder zu.
     
    J’s Reaktion vergrößerte noch die Wunde in mir. 
    „Scheiße!“ rief er wiederholt, rannte im Zimmer hin und her und sah mich vorwurfsvoll an. „So eine Scheiße!“
    „Was genau ist denn Scheiße?“ wollte ich wissen, krank vor Sorge, wieder alles verdorben zu haben. J fuhr sich durchs dichte Haar und brütete kurz vor sich hin. Dann sagte er, mehr zu sich selbst als zu mir: „Das muss ich bei Rob wieder graderücken“.
    „Graderücken? Wie meinst du das?“ Meine Kehle schnürte sich zu. Doch J würdigte mich keiner Antwort, schickte mich raus wie ein falsch versendetes Paket, tut mir leid, hab ich nicht bestellt, will ich nicht haben. Schloss sein Zimmer ab und stürmte zu Rob.
    Was er mit ihm besprach, wusste ich nicht.
     
    Mein T-Shirt war an der Seite aufgerissen, als ich in die Toilette ging, um zu heulen. Der Deckel war hart und kalt. Augen zu. Stumm. Starr. Nicht bewegen. Bin nicht da. Das Dunkel hüllte mich ein. Das Dunkel war mein Freund. Horchte auf die Stimmen, einer nach dem anderen sagte ‚Gute Nacht’, Motorgeräusche, hinter meinen Augenlidern spürte ich, wie ein Licht nach dem anderen erlosch. Alle waren gegangen. Endlich war es still.
    Ich ging in mein Büro, konnte kein Licht ertragen. Lange saß ich einfach nur da. Gedanken wollten in mein Hirn, prallten ab an einer Mauer. Steif stand ich auf und ging in den Vorführraum. Überall standen Sektgläser, gebrauchte Servietten, Teller mit Essensresten. Ich schnappte mir mein noch volles Glas, das ich auf dem Lautsprecher abgestellt hatte, bevor ich J in sein Büro gefolgt war. Das Band war noch im Laufwerk. Ich schaltete den Beamer ein. Spulte an die Stelle, an der J dazu gekommen war. Ein bisschen noch zurück... ja... ab da war es gewesen:
    Sabrina tanzte. Sie hatte die Arme ausgebreitet und drehte sich. Ihr praller Busenansatz wölbte sich aufreizend nach oben. Hüpfte bei jeder Bewegung, schwappte sachte mit. Verführerische, lebendige Fülle; weiße, weiche Haut. Ihr Mann kam auf sie zu. Fasste sie an den seitlich ausgestreckten Händen. Sabrina bog ihren Kopf nach hinten. Ihr Busen barst fast aus dem Ausschnitt. Ich sah die Szene in ihrer vollen Erotik. Zuvor hatte ich nur eine glückliche Braut gesehen, die alle mit ihrer überschäumenden Laune ansteckte und deren Mann so unglaublich in sie verliebt war. Ich drückte auf Stopp. Starrte Sabrina an. Sie hatte breite Hüften. Ihr Mann liebte sie trotzdem. ‚Du hast wundervolle Augen’ hörte ich in meinem Kopf. Hatte J das gesagt? Sein Blick von vorhin kam mir in den Sinn, seine angewidert verzogenen Lippen. Ein Kloß schob sich in meinen Hals.
    Warum ist der Mensch nur so masochistisch veranlagt? Heute Abend gab ich mir die volle Breitseite. Finger drückten Tasten, der Film spulte vor, bis zum Abspann:
     
    Kamera: Rob Winter, Bernd Wallenberg
    Musikschnitt: Elisha Bäumler
    Visagist: Ella Duraux
    Musikauswahl:  Jean Colbert
    Regie und Schnitt: Jean Colbert
    Schnitt: Rob Winter, Jean Colbert
    Drehbuch: Jean Colbert
    Produzent: Jean Colbert
    Idee: Jean Colbert
     
    JC - Ein Jean-Colbert-Film
     
    Ich war nirgendwo. Ein Niemand.
     
    ***
     
    Die Arbeit zehrte an mir. Die zu kurzen Nächte, der Dauerstress und natürlich J. Mein Chamäleon-Dasein fiel mir zum ersten Mal schwer. Ich schaffte es nicht durchgehend, die gutgelaunte Chefin zu geben, konnte mich schwer den Erwartungen anderer anpassen. Es war ein offenes Geheimnis, dass ich in J verliebt und der Ausgang mehr als ungewiss war. Elisha sah mich mit mitfühlenden Augen an.
    „Geht es dir gut?“ fragte sie mich oft und ich konnte nur nicken, unfähig, etwas zu sagen. Arbeit war das Sedativum, das ich brauchte, um die Tage zu überleben.
    „Sag mir, wenn ich dir helfen kann“, sagte sie und drückte meine Hand. „Geh heute Abend mit zum Meditieren, du musst ausspannen, du arbeitest zu viel.“
    „Wenn ich nicht weitermache, werden wir nie fertig“, murmelte ich.
    „Wir werden nie fertig“, sagte Elisha. „Find dich damit ab. Mach’s wie Rob – der geht, wenn er seine Auszeit braucht.“
    Wieder nickte ich stumm. Auszeit. Was für ein blödes Wort. Ich brauchte keine Auszeit. Ich brauchte Klarheit. Das war mein Problem.
     

J
     
    J ließ mich nicht kalt. Und nicht in Ruhe. Wenn er gesagt hätte, „Hör mal, das wird nix zwischen uns“, wäre es einfacher gewesen. Aber genau das tat er nicht. Wenn er uns allein

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