Tropfen im Ozean
Figuren und den D-Körbchen, die hier umher rannten, Leckerbissen aus knackigem, prallem Frischfleisch. Die Blicke dieser Sternchen, die verständnislos von mir zu ihm gingen... auf mein Gesicht, mein Hinterteil... und ihr anschließendes Gekicher.
Irgendwann machte J mir klar, dass es wohl besser wäre, auf den Partys getrennte Wege zu gehen. Er hatte mich vorgewarnt, hatte gesagt, er wolle das Verhältnis nicht publik machen. Wenn ich sah, was allein die Mutmaßung über ein solches an Gerede auslöste, konnte ich ihm nur beipflichten. Es war hart, aber ich gab nicht auf. Er war lieb zu mir. Wenn der Krone-Auftrag geschafft war, würden wir ein paar Tage verreisen, nur er und ich, und dann konnten wir uns endlich so richtig nah kommen.
Ich griente weiterhin unglücklich in die Spiegel und schließlich rief ich den Arzt nochmal an.
„Sagen Sie“, wollte ich wissen. „Gibt es eine Möglichkeit, das mit dem Botox wieder rückgängig zu machen? Ich habe gelesen, dass es sich schneller abbaut, wenn man Vitamin C einnimmt“.
„Sind Sie nicht zufrieden?“ fragte er verdutzt.
„Nein! Bin ich nicht! Ich sehe aus wie eine Schleiereule! Wenn ich das gewusst hätte...!“
„Also, ich mache das jetzt seit 15 Jahren... Sie sind die Erste, die sich beschwert!“
„Ich beschwere mich nicht, ich würde es nur gern rückgängig machen“, stellte ich frustriert richtig.
„Ja, aber wenn Sie das nicht getan hätten, kommen die Krähenfüße unweigerlich!“ entgegnete er.
„Sie glauben gar nicht, wie sehr ich mich auf diese Krähenfüße freue!“ rief ich impulsiv. „Ich wünschte, ich hätte sie wieder!“
Schweigen am anderen Ende der Leitung.
„Und das mit dem Vitamin C stimmt nicht?“ fragte ich entmutigt.
„Nein, das ist ein Ammenmärchen...“ erwiderte er „Vielleicht kommen Sie einfach nochmal vorbei – ich schaue mir das an und versuche zu richten, was geht... ich verbinde Sie mit der Sprechstundenhilfe, die gibt Ihnen einen Termin.“
„Ja, gut, von mir aus“, antwortete ich, aber dann legte ich auf. Alles, was der Arzt hätte tun können, war, noch mehr zu spritzen und das war das Letzte, was ich wollte.
***
Ein paar Kleinaufträge, die uns J noch reingeschoben hatte, dann startete das Krone-Projekt. Es dauerte Tage, bis wir alles im LKW verstaut hatten. Tage und Nächte, bis die Crew vollständig und bis ins kleinste Detail informiert war, alle Listen abgehakt, die allerletzten Kleinigkeiten oder Änderungen, die seitens des Auftraggebers dazu gekommen waren, aufgeführt waren.
Rob nahm sich seine Auszeit. Er ging skaten. Elisha schlief vor. Ich saß nachts im Büro und arbeitete, bis J heimfuhr. Manchmal ging ich in sein Büro, um zu fragen, ob ich zu ihm könnte.
Geistesabwesend sagte er, ich solle doch schon mal vorfahren, er käme gleich nach. Er gab mir keine Schlüssel.
Todmüde saß ich im Auto vor seinem Haus. Eine halbe Stunde, eine ganze Stunde. Schlief ein. Nach zwei Stunden wachte ich auf, weil ich fror. J war nicht da. Dann startete ich den Motor und fuhr zu mir. Zu kaputt, um mich auch nur über irgendetwas aufzuregen. J entschuldigte sich nie.
Entsprechend zermatscht startete ich meine Abreise zum Krone-Konzern.
Ich fuhr mit J, beziehungsweise, er ließ mich fahren; ich begrüßte jede Zweisamkeit mit ihm und wollte sie wie immer nutzen, ihm näher zu kommen. Aber er textete mich voll mit seinem neuen Auto, wie aufsehenerregend ein SLR war, in welchen Außenfarben es ihn gab, dass ein Scheich ihn sich vergolden und mit Swarovski-Steinen hatte besetzen lassen und er das so geil fand.
Mein Kopf schmerzte und ich war müde, als wir nach fünf Stunden Fahrt endlich ankamen. Ich hatte kein Wort von dem verstanden, was er von sich gegeben hatte. Es war nichts dabei gewesen, was meine Person betraf.
Als wir ausstiegen, war Rob schon da und all die anderen, Bernd, Elisha, die neuen Leute, das gesamte Team. Sie umringten mich und ich war mittendrin im Geschehen. Und wenn das so war, vergaß ich selbst Joe. Keine Ahnung, wo er sich in diesen Tagen herum trieb. Auf dem Filmgelände jedenfalls nicht.
Wir drehten. In Hamburg, Berlin und München. Kräne, Scheinwerfer, Kameras aufbauen... allein das dauerte Stunden. In dieser Zeit übten wir mit den Darstellern deren Texte und Gesten. Da es Laien waren, waren die meisten furchtbar aufgeregt. Wir mussten mehr Aufnahmen machen als geplant. Mal war die Kameraführung verwackelt, mal nuschelte der Akteur, mal war
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