Tropfen im Ozean
falschen Stelle. Ich muss zu Rob und den Film weitermachen. Meine Kehle schnürt sich zu. Warum? Er hat dich doch gewollt. Aber er wedelt mich raus. Geh weg.
Gehe in die Küche, Schwarzer Kaffee in der Glaskanne. Schütte ihn über meine Bluse, ach, wie dumm. Am Waschtisch in der Toilette rubble ich an dem großen Kaffeefleck herum, versuche, Js Geruch wegzukriegen. Mir ist so übel. Ich fühle mich ... bekotzt. Ich muss zu Rob. Er wartet. Muss zu Rob.
„Mein Gott, ich hab mir Kaffee über die Bluse geschüttet – ich werde alt“, witzle ich unecht, merke, wie meine Stimme kratzt und zittert. Ein blödes Lachen kommt aus meinem Mund: „...und dann hab ich auch noch einen Knopf abgerissen, als ich mit dem Tuch drüber bin...“
Meine Hände zittern auch, meine Augen sind voller Wasser, die Mascara ist nicht wasserfest. Rupfe ein Tissue aus der Box, drücke es gegen die Augen, schwarze Schlieren auf weißem Zellstoff. Brabble blödes Zeug vor mich hin. „Mann, wie dumm kann man sein... Gott sei Dank war der Kaffee nicht so heiß...“
Rob schaut mich an mit einem Blick, der mich verstummen lässt. Meine Tränen fluten mit Lichtgeschwindigkeit nach oben, bis an den Rand der Augen, der Druck ist ungeheuer, aber ich halte ihm stand. Halte ihm stand. Ich sitze auf dem Stuhl und klemme die Beine zusammen. Riecht er was? Ich hasse diesen Geruch. Drücke nochmal kurz mit dem Tuch an die Augen. 21... langsam... langsam... zählen... 22... okay... 23... schnaufen, Luft holen. 24. Beruhigen. Beruhig dich. Ruhig.
Rob steht auf und holt ein T-Shirt aus seinem Rucksack.
„Es ist von den Stürzen hinten unten durchlöchert“, sagt er „... aber besser als ein fehlender Blusenknopf vorne“.
„Danke Rob“, sage ich, als er es mir reicht. Ich verberge mein Gesicht in seinem Billabong-T-Shirt. Es kommt mir so unschuldig vor. Es riecht nach frisch gewaschen und duftet intensiv nach Weichspüler. Es ist herrlich sauber. Ich ziehe es an. Und es hilft mir, weiterzumachen.
Aufstehen um fünf, um sechs im Studio, tage-nächtelanger Aufenthaltsort. Meine Haut war wieder bleich und teigig, die Hüften breit, das Haar stumpf. Aber der Film entstand. Szene an Szene reihte sich aneinander. Es war eine schöne Arbeit, trotz allem, ich liebte es. Und ich liebte mein Team. Rob, Elisha und ich waren komplett in das Projekt eingetaucht, arbeiteten Hand in Hand. Es war geradezu meditativ, wie wir immer wieder die Szenen abspulten, uns für einen anderen Übergang entschieden, da eine Slow-motion einbauten, dort ein Lächeln einfroren und all die subtilen Kleinigkeiten verrichteten, die den Film besonders machen sollten. Besonders machen sollten... besonders, besonders... hm...
„Rob“, sagte ich. „Was ist eigentlich mit diesem Sonnenuntergang?“
„Welcher Sonnenuntergang?“ fragte er abwesend, während er die timeline zum Millionsten Mal veränderte.
„Aber Rob – der Sonnenuntergang! Und der Vogel! Sag bloß, das hast du vergessen? Elisha, das haben wir dir noch gar nicht gezeigt! Das ist was für dich! Auf welchem Band ist das drauf?“
Ich fing an, die Unterlagen zu durchwühlen, mein Blick fiel auf das Firmenlogo des Krone-Konzerns und schaffte eine wundersame Assoziation.
„Rob!“ rief ich hektisch. „Ist das Logo schon digitalisiert?
„Glaub nicht, das brauchen wir doch erst für den Abspann“.
„Nein, warte, warte, warte... wo ist Bernd?“
„Menno, Mäuschen, fahr’ runter und schau auf die Uhr! Es ist halb drei Uhr früh!“
„Das ist jetzt so was von egal“, sagte ich kurz entschlossen und rief Bernd an. Übelgelaunt erklärte er mir, dass das bereits erledigt sei und er die DVD in meinen Korb gelegt hätte. „Und überhaupt“, mäkelte er. „Es ist drei Uhr früh... ich meine, anständige Leute wollen da schlafen.“
„Ja, kann ich echt nachvollziehen“, erwiderte ich. „Du hast Glück! Kannst nämlich im Gegensatz zu uns weiterschlafen!“
Ich legte auf, fand das Logo und setzte mich zu Rob und Elisha. Rob hatte inzwischen das Band mit dem Sonnenuntergang gefunden und eingelegt. Er war gerade dabei auf „Start“ zu drücken, als ich erneut aufsprang.
„Nochmal stopp!“ rief ich. „Elisha, wo ist die CD mit der Bamboo-Flöte, die mir so gut gefallen hat? Hast du die hier?“
„Nein, aber auf dem Phone, ich steck das mal an die Boxen“.
So saßen wir endlich zusammen vor dem großen Bildschirm, Rob schaltete das Band ein und Elisha zeitgleich ihre Musik.
Ein langgezogener
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