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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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und beeindruckt selbst Unternehmergiganten wie Karl Zehngold...“
    „Ich dachte, dein Mädchen hat den Film gemacht?“ fragte ein Kumpel meinen Vater.
    „Hat sie auch... das ist ihr Chef... sie zeigen mein Mädchen schon noch... dich zeigen sie doch auch...oder?“ wandte sich mein Vater mit gerunzelter Stirn an mich.
    „Naja, halt im Abspann“, antwortete ich und kam mir noch blöder vor, hier zu stehen und auf Applaus von Leuten zu warten, die mir gar nicht wichtig waren. 
    „Genau. Im Abspann“, sagte mein Vater leicht beunruhigt. „Sie müssen doch erst mal die Firma vorstellen“. Er warf mir einen misstrauischen Blick zu. Schuldgefühle machten sich in mir breit, als ob ich diese Einführung verbockt hätte.
    Mein Magen verkrampfte sich, mein Vater schickte mir einen weiteren nervösen Blick. Der Film begann. Die Zuschauer sagten „Ah“ und „Oh“ an den richtigen Stellen, waren beeindruckt von den Aufnahmen, besonders vom Schluss, und dann lief der Abspann und mein Vater stand da mit der Fernbedienung in der Hand und stellte auf laut, als ob jemand die Namen vorlesen würde. Die Musik hämmerte in den Raum, meine Mutter versuchte ständig, ihm klarzumachen, dass er doch leiser machen sollte.
    „Theo, mach leiser“, sagte sie. „Mach doch leiser...das will doch keiner hören...“
    Gebannt und gestresst von der Lautstärke starrten alle auf die Namen. Weiße Schrift, schwarzer Hintergrund.
    Elishas Name, Robs Name, Bernds Name, sogar Ella wird erwähnt... dann: Drehbuch: Jean Colbert, Regie: Jean Colbert, Musikauswahl: Jean Colbert, Schnitt: Rob Bäumler und Jean Colbert, Jean Colbert, Jean Colbert, Jean Colbert. Jean Colbert....
    Abspann durchgelaufen. Zurück ins Studio. Der Moderator im Fernsehen übernahm. Mit großen Augen sah mein Vater mich an. Mein Magen war in den Kniekehlen.
    „Was soll das heißen?“ fragte er. Mit zugeschnürter Kehle sah ich zurück. „Weiß ich nicht“, murmelte ich und floh.
     
    Mit zitternden Händen fuhr ich los, weg von den vorwurfsvollen Augen meines Vaters und die Hände zitterten noch immer, als ich Robs Nummer wählte.
    „Hast du die Übertragung gesehen?“ fragte ich heiser.
    „Nö, wozu denn, kenn ich doch alles“.
    „Hast du den Abspann verändert?“
    „Wie kommst’n da drauf?“ Robs Stimme klang alarmiert.
    „Weil in diesem Scheißabspann nur Jean Colbert steht!“ schrie ich. „Wie immer! Es ist ein Abspann wie immer ! Ich bin mit keinem Buchstaben erwähnt! Du hast den verdammten Abspann geändert! Warum hast du mir das nicht gesagt? Ich hätte dann wenigstens diese Scheiße mit meinen Eltern nicht am Hals... ich hätte wenigstens...“ Ich brach in Tränen aus.
    „Mal langsam, langsam“, sagte Rob aufgeschreckt. „Ich hab nichts geändert... ganz sicher nicht!“
    „Aber es ist geändert!“
    Rob wollte es nicht glauben, er fuhr tatsächlich noch mal ins Büro und holte den Film. Mein Name war drin. Er rief mich wieder an.
    „Es muss eine zweite Fassung geben“, sagte er. „J hat mich neulich gebeten, ein Exemplar mit und ohne Abspann zu machen“.
     
    Ich war am Ende. Ich saß in meiner Wohnung, das fremde Handy lag wie eine Anklage vor mir auf dem Tisch. Die Augen meines Vaters verfolgten mich im Schlaf. Raubten mir den Schlaf. Er rief nicht an. Meine Mutter eh nicht. Panik machte sich in mir breit, wollte hoch, wollte raus. Sie lehnten mich ab! Wie immer! Ich hatte es verdorben, wie immer! Ich war ein Nichts, ein Niemand, für jeden, auch für meine Eltern. Ich drückte das hinunter, hinunter, hinunter.
    „Dienstag“, dachte ich und schloss die Augen. „Dienstag kommst du zurück, du Schweinehund“. Wut war das Einzige, was mich davon abhielt, durchzudrehen.
     
    Dienstag. Ich schrie ihn an. Wir waren in meinem Büro – er hatte mir tatsächlich Blumen mitgebracht – sein Termin war erfolgreich gewesen und er hatte Aufträge in der Tasche.
    „Weißt du, wer diese Aufträge in der nächsten Zeit machen wird?“ schrie ich. „Ich jedenfalls nicht! Ich kündige nämlich! Du Dreckskerl hast den Abspann ändern lassen! Du bist allein über den roten Teppich gelaufen! Du hast Zehngold verkauft, du hättest den Film gemacht! Deswegen warst du so sauer an der Rohschnitt-Vorführung! Deswegen wolltest du nicht, dass ich mit auf die Party gehe! Und du bumst mit einer anderen! Ich hab das Handy unterm Bett gefunden! Du mieses Stück!“
    „Ja, gut, sorry, tut mir leid“, sagte er leichthin und setzte sich relaxed auf einen

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