Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
warmen Silikonplatten, wie ein nagelneuer Fernseher.
Die Büros auf der rechten Seite waren kaum mehr als zweieinhalb mal zweieinhalb Meter große Kabuffs mit mannshohen Wänden und Türen. An einer Tür stand Edward Dean . Der Entwicklungsingenieur, jetzt der Leiter der Qualitätskontrolle. An der nächsten Tür stand Margaret Berenson . Die Dragon Lady. Ein Zweitbüro, vermutete Reacher, damit sie Personalfragen bearbeiten konnte, ohne dass Arbeiterinnen in den Glaswürfel in East L.A. kommen mussten. Das nächste Büro hatte Tony Swan gehört. Das gleiche Prinzip. Zwei Zentren, zwei Büros.
Die nächste Tür führte in Allen Lamaisons Büro.
Sie stand offen.
Reacher atmete tief durch. Zog seine Glock aus der Tasche. Trat in die Tür. Wartete. Sah einen zweieinhalb mal zweieinhalb Meter großen Raum, Schreibtisch, Drehstuhl, mit Stoff bespannte Wände, Telefone, Aktenschränke, Papierstapel, Memos.
Nichts Ungewöhnliches.
Bis auf Curtis Mauney hinter dem Schreibtisch.
Und einen an der Wand stehenden Koffer.
Neagley betrat den Raum.
»Sechzig Sekunden vorbei«, sagte sie.
Mauney saß wie erstarrt am Schreibtisch. Auf seinem Gesicht fatalistische Resignation, wie bei einem Mann mit einer schlimmen Diagnose, der auf eine zweite Meinung wartet, von der er weiß, dass sie nicht besser ausfallen wird. Seine Hände lagen ineinander verschlungen auf dem Schreibtisch.
»Lamaison war mein Partner«, sagte er wie als Entschuldigung.
Reacher nickte.
»Loyalität«, sagte er. »Scheußlich, nicht wahr?«
Der Koffer war ein dunkelgrauer Hartschalenkoffer von Samsonite, der ordentlich neben dem Schreibtisch an der Wand stand. Nicht der größte Koffer, den Reacher je gesehen hatte. Kleiner als die Riesendinger, mit denen manche Leute sich auf Flughäfen abmühten. Aber jedenfalls größer als Kabinengepäck. In flachen Mulden neben den Schlössern klebte in Plastikbuchstaben das Monogramm des Besitzers: AM.
»Siebzig Sekunden vorbei«, sagte Neagley.
Mauney fragte: »Was haben Sie vor?«
»Mit Ihnen?«, fragte Reacher. »Vorläufig nichts. Bleiben Sie entspannt.«
Neagley zielte mit ihrer Pistole auf Mauneys Gesicht. Reacher trat an den Schreibtisch, kniete sich hin und legte den Koffer flach auf den Teppichboden. Versuchte die Schlösser zu öffnen. Sie waren abgesperrt. Er legte die Glock zur Seite, schob seine Fingerspitzen unter den Rand der Schlösser, spreizte die Daumen ein, machte die Schultern rund und ruckte an den Schlössern. Reacher gegen zwei Formstücke aus dünnem Metall. Ein sehr ungleicher Kampf. Die Schlösser gaben sofort nach.
Er hob den Deckel hoch.
»Achtzig Sekunden vorbei«, sagte Neagley.
»Zahltag«, sagte Reacher.
In dem Koffer lagen Stahlstichzertifikate mit kunstvollen Guillochen, Kreditbriefe ausländischer Banken und schwere kleine Wildlederbeutel mit Zugschnüren.
»Fünfundsechzig Millionen Dollar«, sagte Neagley hinter ihm.
»Geschätzt«, sagte Reacher.
»Neunzig Sekunden vorbei«, sagte Neagley.
Reacher sah zu Mauney auf und fragte: »Wie viel davon gehört Ihnen?«
»Ein Teil davon«, sagte Mauney. »Nicht viel, vermute ich.«
Reacher faltete die Wertpapiere ordentlich zusammen und gab sie Neagley. Dann reichte er ihr die Wildlederbeutel. Neagley verstaute alles in ihren Taschen. Er ließ den Koffer liegen, wo er war: flach auf dem Fußboden, leer, mit aufgeklapptem Deckel, an eine Muschel erinnernd. Dann griff er nach seiner Pistole, stand auf und wandte sich wieder Mauney zu.
»Falsch«, sagte er. »Nichts davon gehört Ihnen.«
»Ihre Freunde sind hier«, sagte Mauney.
»Ich weiß«, sagte Reacher.
»Lamaison war mein Partner.«
»Das haben Sie mir schon gesagt.«
»Ich meine nur.«
»Man weiß also, dass Sie hier sind?«
»Ich war schon oft hier«, sagte Mauney. »Sehr oft.«
»Nehmen Sie den Telefonhörer ab.«
»Oder?«
»Sonst schieße ich Ihnen in den Kopf.«
»Das tun Sie sowieso.«
»Ich sollte es tun«, sagte Reacher. »Sie haben sechs meiner Freunde verraten.«
Mauney nickte.
»Ich hab gewusst, wie das enden würde«, sagte er. »Als wir Sie nicht auch vor dem Krankenhaus erwischt haben.«
»Der Verkehr in L.A. «, meinte Reacher. »Der kann echt nerven.«
»Zwei Minuten fünfzehn«, sagte Neagley.
»Schließen wir hier einen Deal ab?«, fragte Mauney.
»Sie sollen den Hörer abnehmen.«
»Und dann?«
»Weisen Sie den Wachmann an, das Tor in genau einer Minute zu öffnen.«
Mauney zögerte. Reacher setzte ihm die Mündung der
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