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Trucks. Erzählungen

Trucks. Erzählungen

Titel: Trucks. Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Wasser aus dem Spültank.«
    Die Diesel dröhnten gleichmäßig. Es war tückisch. Man glaubte, sie kommen zu hören, aber es war nur das Echo, das von den Ecken und Kanten des Gebäudes zurückgeworfen wurde. Wir mußten nur etwa sechs Meter weit laufen, aber es kam uns viel weiter vor.
    Er öffnete die Tür zur Damentoilette und ging hinein. Ich rannte an ihm vorbei in die Herrentoilette. Ich merkte, wie meine Muskeln sich spannten, und stieß hörbar die Luft aus. Ich sah mich im Spiegel. Mein Gesicht war blaß, und ich hatte dunkle Ringe unter den Augen.
    Ich nahm den Porzellandeckel vom Spültank und füllte meinen Eimer. Ich goß ein wenig zurück, damit er nicht überschwappte, und ging zur Tür. »Heh?«
    »Ja«, ächzte der Junge.
    »Bist du fertig?«
    »Ja.«
    Wir gingen wieder nach draußen. Wir waren vielleicht sechs Schritte gelaufen, als uns Scheinwerfer anstrahlten. Er hatte sich herangeschlichen, und die riesigen Räder mahlten ganz langsam den Kies. Er hatte auf der Lauer gelegen, und jetzt sprang er uns an, die Scheinwerfer zogen wilde Kreise, das riesige Kühlergrill schien die Zähne zu blecken.
    Der Junge erstarrte. In seinem Gesicht stand blankes Entsetzen. Sein Blick war leer, und seine Pupillen hatten sich bis aufs äußerste verengt. Ich stieß ihn vorwärts, und er verschüttete die Hälfte von seinem Wasser.
    »Lauf!«
    Das Donnern des Dieselmotors wurde zu einem hellen Kreischen. lch griff an dem Jungen vorbei, um die Tür zu öffnen, aber bevor ich den Griff erreichte, wurde sie von innen auf gestoßen. Der Junge warf sich vorwärts, und ich sprang an ihm vorbei. Ich drehte mich um und sah den riesigen Peterbilt die gekachelte Wand streifen. Es gab ein ohrenbetäubendes knirschendes Geräusch, und die zersplitterten Kacheln flogen davon.
    Es war, als kratzten Riesenfinger über eine Wandtafel. Dann krachte der Laster mit seinem rechten Kotflügel und dem Kühlergrill gegen die noch immer offene Tür, und Glassplitter stoben in den Raum. Die stählernen Türangeln rissen wie Toilettenpapier, und die Tür flog in die Nacht hinaus wie in einem Gemälde von Dali. Der Wagen raste auf den Parkplatz zurück, und sein Auspuff knatterte wie ein Maschinengewehrfeuer. Es klang wütend und enttäuscht.
    Der Junge stellte den Eimer ab und ließ sich zitternd in die Arme des Mädchens fallen.
    Mein Herz hämmerte gegen meinen Brustkorb, und meine Waden fühlten sich wie Wasser an. Und da wir von Wasser sprechen, wir hatten einen ganzen und einen viertel Eimer mitgebracht. Es hatte sich kaum gelohnt. »Ich will diese Tür verrammeln«, sagte ich zu dem Mann am Tresen. »Wie können wir das machen?«
    »Warten Sie-«
    Der Fahrer meldete sich zu Wort. »Warum? Die großen Laster kriegen hier doch kein Rad rein.«
    »Um die großen Laster mache ich mir auch keine Sorgen.«
    Der Fahrer suchte nach einer Zigarette.
     
    »Wir haben im Lagerraum noch ein paar Wandverkleidungen aus Metall«, sagte der Mann am Tresen. »Der Boss wollte einen Schuppen bauen, wo das Butangas gelagert werden soll.«
    »Die stellen wir vor den Eingang und stützen sie mit dem Holz von den Nischen ab.«
    »Das wäre gut«, sagte der Fahrer.
    Wir brauchten ungefähr eine Stunde, und alle arbeiteten mit, sogar das Mädchen. Wir hatten eine solide Sperre errichtet, aber eine solide Sperre würde natürlich nicht reichen, wenn einer der Laster mit Vollgas dagegendonnerte. Das wußten wir alle.
    Drei Nischen standen noch, und ich setzte mich in eine von ihnen.
    Die Uhr hinter dem Tresen war um acht Uhr zweiunddreißig stehengeblieben, aber es mußte jetzt ungefähr zehn Uhr sein. Draußen hörte ich das Brummen der Motoren und sah die Wagen ihre Runden drehen. Einige verschwanden mit unbekanntem Ziel, aber neue tauchten auf. Ich sah jetzt drei Kleinlaster, die sich zwischen ihren größeren Brüdern wichtig taten.
    Ich nickte ein, und statt Schafe zu zählen, zählte ich Lastwagen. Wieviele gab es in diesem Staat und wieviele in ganz Amerika? Lastwagen mit Anhängern, Kleinlaster, Sattelschlepper, Dreiviertel-tonner, Zehntausende von Armeelastwagen und Busse. Ich hatte die alptraumhafte Vision eines Stadtbusses der mit zwei Rädern auf der Fahrbahn und mit den anderen beiden auf dem Bürgersteig fuhr und schreiende Passanten niedermähte wie eine Kugel, die Kegel trifft.
    Ich schüttelte diese Visionen ab und schlief ein. Ein leichter, unruhiger Schlaf.
    Es muß schon früher Morgen gewesen sein, als Snodgrass anfing zu schreien. Ein

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