Trübe Wasser sind kalt
Nadel ins Herz einführen, wieder um zu sehen, ob sich Bläschen bilden. Und ich werde das Gehirn auf Blutungen aus den Kapillaren untersuchen und am weichen Gewebe des Mediastinums nach extraalveolärer Luft schauen.«
»Was soll dabei herauskommen?« fragt er.
»Möglicherweise Pneumothorax oder Luftembolie, was in weniger als fünf Meter Wassertiefe eintreten kann, wenn der Taucher nicht richtig atmet. Es kommt daher, daß übermäßiger Druck in den Lungen zu kleinen Rissen an den Lungenbläschen führen kann, was Blutungen und den Austritt von Luft in den Brustraum verursacht.«
»Und das könnte einen schätzungsweise umbringen«, sagte er. »Ja«, meinte ich. »Das könnte es ganz bestimmt.«
»Was ist, wenn einer zu schnell aufsteigt oder abtaucht?« Er war auf die andere Seite des Tisches getreten, damit er zusehen konnte.
»Druckveränderungen oder Barotrauma beim Auf-oder Abstieg sind in der Tiefe, in der er sich befand, nicht sehr wahrscheinlich. Und wie du sehen kannst, ist sein Gewebe nicht schwammig, wie ich es erwarten würde, wenn er an Barotrauma gestorben wäre. Willst du Schutzkleidung haben?«
»Damit ich wie ein Kammerjäger aussehe?« Marino blickte in Roches Richtung.
»Beten Sie nur, daß Sie nicht Aids kriegen«, sagte Roche matt von seinem Platz aus.
Marino legte Schürze und Handschuhe an, während ich die einschlägigen Negativbefunde erklärte, die ich benötigte, um auch Tod durch Druckabfall, Caissonkrankheit oder Ertrinken auszuschließen. Als ich dann eine Achtzehner-Nadel in die Luftröhre einführte, um eine Probe für den Zyankalitest zu bekommen, entschied sich Roche zu gehen. Er schritt schnell durch den Raum, und Papier raschelte, als er seine Tüte mit dem Beweismaterial von einem Tisch nahm.
»Wir werden also erst etwas wissen, wenn Sie die Tests durchführen«, sagte er von der Tür her.
»Richtig. Einstweilen sind Ursache und Art des Todes noch nicht geklärt.« Ich hielt inne und schaute ihn an. »Sie erhalten eine Kopie meines Berichts, sobald er vollständig ist. Und ich möchte seine persönlichen Habseligkeiten sehen, bevor Sie gehen.« Er wollte nicht näher kommen, denn ich stand mit blutigen Händen da.
Ich sah Marino an. »Würdest du vielleicht?«
»Mit dem größten Vergnügen.«
Er ging zu ihm, nahm die Tüte und sagte schroff: »Kommen Sie. Wir werden das in der Vorhalle durchsehen, damit Sie etwas Luft schnappen können.«
Sie gingen nur hinter die Tür, und als ich weiterarbeitete, raschelte wieder Papier. Ich hörte, wie Marino das Magazin aus einer Pistole nahm, den Schlitten öffnete und sich laut beschwerte, daß die Waffe nicht gesichert war. »Ich kann's nicht fassen, daß Sie das Ding geladen mit sich herumtragen«, dröhnte Marinos Stimme. »Himmelherrgott! Sie wissen doch, das ist kein verdammtes Lunchpaket.«
»Das Ding ist noch nicht auf Fingerabdrücke untersucht worden.«
»Na, dann ziehen Sie eben Handschuhe an und schmeißen die Munition raus, wie ich es Ihnen gerade vorgemacht habe. Und dann leeren Sie die Kammer, wie ich jetzt. Wo kommen Sie denn her? Von der Polizeiakademie der Keystone Cops, wo Sie auch Ihre feinen Manieren her haben?«
Marino war jetzt in Fahrt, und nun war klar, warum er Roche in den Vorraum geführt hatte, jedenfalls nicht wegen der frischen Luft. Danny blickte mich über den Tisch an und grinste.
Gleich darauf kam Marino kopfschüttelnd wieder herein, Roche war weg. Ich war deutlich erleichtert. »Guter Gott«, sagte ich. »Was hat der wohl?«
»Er denkt mit dem Kopf, den Gott ihm gegeben hat«, meinte Marino. »Dem zwischen seinen Beinen.«
»Ich hab's ja gesagt«, wiederholte sich Danny, »er ist schon ein paarmal hier gewesen und hat Dr. Mant wegen irgendwelcher Sachen belästigt. Aber ich habe vergessen zu erwähnen, daß er mit ihm immer oben gesprochen hat. Er wollte nie runter in die Leichenhalle kommen.«
»Ich bin geschockt«, sagte Marino im Spaß. »Ich habe gehört, daß er sich auf der Polizeiakademie an dem Tag krank gemeldet hat, als sie hierher zu einer Autopsievorführung kommen sollten«, fuhr Danny fort. »Außerdem ist er gerade erst von der Abteilung für Jugenddelikte in die Mordkommission versetzt worden. Er ist also erst seit zwei Monaten dabei.«
»Na fein«, meinte Marino. »Genau der Kerl, den wir für so etwas brauchen.«
Ich fragte ihn: »Kannst du das Zyankali riechen?«
»Nee. Momentan rieche ich bloß meine Zigarette, und genau das will ich
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