Trübe Wasser sind kalt
»Ich habe ein Gästezimmer«, fuhr ich fort. Er sah auf die Uhr und beschloß, daß es an der Zeit war, eine zu rauchen.
»Außerdem ist jetzt heimzufahren auch keine tolle Idee«, sagte ich. »Und es sieht aus, als müßten wir miteinander reden.«
»Ja ja, schön, du hast wahrscheinlich recht«, sagte er. Als wir langsam hintereinander her nach Sandbridge fuhren, hatte allerdings keiner von uns damit gerechnet, daß bei unserer Ankunft Rauch aus dem Kamin steigen würde. Lucys grüner Suburban stand schneebedeckt in der Einfahrt, sie war also schon eine Weile hier.
»Ich versteh's nicht«, sagte ich zu Marino, als wir die Wagentüren zuschlugen. »Ich habe dreimal angerufen.«
»Vielleicht sollte ich wieder fahren.« Er stand an seinem Ford und wußte nicht, was er machen sollte.
»Das ist doch lachhaft. Komm schon. Wir finden schon etwas. Es gibt noch eine Couch. Lucy wird begeistert sein, dich zu sehen.«
»Hast du deine Tauchsachen dabei?« fragte er. »Im Kofferraum.«
Wir holten sie zusammen raus und schleppten sie zu Dr. Mants Haus, das bei diesem Wetter noch kleiner und verlorener aussah. Auf der Rückseite war eine vergitterte Veranda, und dort legten wir meine Ausrüstung auf den Holzboden. Lucy öffnete die Küchentür, und der Duft von Tomaten und Knoblauch umfing uns. Sie sah verblüfft aus, als sie Marino und die Taucherausrüstung erblickte. »Was zum Teufel geht hier vor?« sagte sie.
Ich sah ihr an, daß sie enttäuscht war. Das hätte ein Abend nur für uns werden sollen, und wir hatten in unserem komplizierten Leben nicht viele solcher Abende.
»Das ist eine lange Geschichte.« Ich begegnete ihrem Blick. Wir folgten ihr nach drinnen, wo ein großer Topf auf dem Herd simmerte. Auf der Anrichte daneben war ein Schneidbrett, und Lucy hatte, als wir ankamen, offenbar gerade Peperoni und Zwiebeln geschnitten. Sie trug einen FBI-Trainingsanzug und Skisocken und sah kerngesund aus, aber ich merkte ihr an, daß sie nicht viel Schlaf bekommen hatte.
»In der Kammer ist ein Schlauch, und gleich bei der Veranda neben einem Wasserhahn ist ein leerer Plastikkübel«, sagte ich zu Marino. »Wenn du den füllst, können wir mein Zeug einweichen.«
»Ich helfe euch«, sagte Lucy.
»Auf keinen Fall.« Ich drückte sie an mich. »Nicht bevor wir uns erst einmal richtig begrüßt haben.«
Wir warteten, bis Marino draußen war, dann zog ich sie an den Herd und hob den Deckel vom Topf. Ein köstlicher Duft stieg auf, und ich war glücklich.
»Das kann ich gar nicht glauben«, sagte ich. »Gott segne dich.«
»Als du um vier noch nicht zurück warst, habe ich mir gedacht, ich sollte lieber schon mal die Soße machen, sonst bekommen wir heute Abend keine Lasagne.«
»Da sollte noch ein bißchen mehr Rotwein dran. Und vielleicht noch etwas Basilikum und eine Prise Salz. Ich wollte Artischocken statt Fleisch verwenden, obwohl Marino darüber nicht glücklich sein wird, aber er kann ja noch Prosciutto essen. Wie findest du das?« Ich tat den Deckel wieder auf den Topf. »Tante Kay, warum ist er hier?« fragte sie. »Hast du meinen Zettel gesehen?«
»Klar. So bin ich ja reingekommen. Aber da stand nur drauf, daß du zu einem Tatort gefahren bist.«
»Ja, leider. Aber ich habe ein paarmal angerufen.«
»Ich wollte in einem fremden Haus nicht ans Telefon gehen«, sagte sie. »Und du hast keine Nachricht hinterlassen.«
»Ich habe mir eben gedacht, du wärst nicht hier, und so habe ich Marino eingeladen. Ich wollte nicht, daß er bei dem Schnee nach Richmond zurückfährt.«
In ihren intensiv grünen Augen flackerte Enttäuschung auf. »Kein Problem. Solange er und ich nicht im selben Zimmer schlafen müssen«, bemerkte sie trocken. »Aber ich verstehe nicht, was er überhaupt in Tidewater zu tun hatte.«
»Wie gesagt, eine lange Geschichte«, antwortete ich. »Der Fall hat eine Verbindung nach Richmond.«
Wir gingen auf die kalte Veranda hinaus und schwenk ten Flossen, Unterzieher, Tauchanzug und anderes Zeug im eisigen Wasser. Dann trugen wir alles auf den Boden, wo nichts gefrieren würde, und legten es auf mehrere Lagen Handtücher. Ich duschte so lange, wie der Warmwasserboiler es zuließ, und es kam mir unwirklich vor, daß Lucy, Marino und ich an einem verschneiten Silvesterabend zusammen in diesem Cottage an der Küste waren.
Als ich aus dem Schlafzimmer kam, tranken sie in der Küche italienisches Bier und beschäftigten sich mit einem Rezept zu m Brotbacken.
»Also gut«, sagte ich zu
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