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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hier durchgeflüchtet sein«, sagte ich, als meine Lampe auf Schotter und Unkraut leuchtete. »Und hier kann sich auch niemand verstecken. Und ein Durchschnittsbürger dürfte von diesem Ort auch nichts gewußt haben.«
    »Komm.« Marinos Stimme war sanft, aber bestimmt, als er meinen Arm berührte.
    »Das ist kein Zufall. Kaum jemand weiß überhaupt von diesem Ort.« Ich ließ die Lampe noch weiter umherstreifen. »Das war jemand, der genau wußte, was er tat.«
    »Doc«, sagte er, als Wasser tropfte. »Hier ist es nicht sicher.«
    »Ich bezweifle, ob Danny von dem Ort hier wußte. Das war kaltblutig und wohlüberlegt.« Meine Stimme hallte von alten, dunklen Wänden wider.
    Marino hielt nun meinen Arm fest, und ich leistete keinen Widerstand. »Du hast alles getan, was möglich war. Gehen wir.«
    Morast saugte an meinen Stiefeln und quoll über seine schwarzen Militärschuhe, als wir dem verrottenden Gleisbett in die Nacht hinaus folgten. Gemeinsam erklommen wir den schmutzübersäten Hang, vermieden es sorgfältig, auf Blutspure n zu treten, die von Danny stammten, als er wie Abfall den steilen Abhang heruntergeschubst worden war. Viel war vom heftigen Wind des Hubschraubers fortgeweht worden, und das könnte eines Tages von Belang sein, wenn es ein Verteidiger für nötig hielt. Ich wandte mein Gesicht vom blendenden Schein der Kameras und Blitzlichter ab. Marino und ich gingen ihnen aus dem Weg, und wir sprachen mit niemandem.
    »Ich möchte meinen Wagen sehen«, sagte ich zu ihm, als sein Funkgerät piepste.
    »Einhundert«, meldete er sich und hielt das Gerät dicht an den Mund.
    »Einssiebzehn«, kam es von der Zentrale, an jemand anderen gerichtet.
    »Ich habe das Grundstück von vorn bis hinten durchsucht, Captain«, sagte Einheit 117 zu Marino. »Keine Spur von dem Fahrzeug, das Sie beschrieben haben.«
    »Tenfour.« Marino ließ das Funkgerät sinken und sah sehr verstimmt aus. »Lucys Suburban ist nicht bei deinem Büro. Ich kapier das nicht«, sagte er mir. »Das ergibt doch alles keinen Sinn.«
    Wir schritten, weil wir reden wollten, auf den Libby Hill Park zu, der nicht weit war.
    »Für mich sieht es so aus, als ob Danny unterwegs jemanden mitgenommen hat«, sagte Marino, während er sich eine Zigarette anzündete. »Sieht eindeutig nach Drogen aus.«
    »Das würde er nicht tun, wenn er mein Auto abliefert«, sagte ich und wußte, daß ich naiv klang. »Er würde niemanden mitnehmen.«
    Marino wandte sich mir zu. »Ach komm«, sagte er, »das weißt du doch nicht.«
    »Ich hatte nie Anlaß zu der Vermutung, daß er verantwortungslos ist, was mit Drogen zu tun hat oder sonst was.«
    »Also ich meine, es ist offensichtlich, daß er ein Alternativer war, wie man das so nennt.«
    »Davon weiß ich gar nichts.« Ich war dieses Gesprächs müde. »Das solltest du besser herausfinden, weil du eine Menge Blut an dir hast.«
    »Das macht mir heutzutage grundsätzlich Sorgen, egal, um wen es sich handelt.«
    »Hör mal, ich will damit sagen, daß Leute, die du kennst, ganz schön krumme Sachen machen«, fuhr er fort, während sich unter uns die Lichter der Stadt ausbreiteten. »Und manchmal sind Menschen, die du nicht besonders gut kennst, schlimmer als diejenigen, die du gar nicht kennst. Du hast Danny vertraut, weil du ihn gemocht und gedacht hast, er macht seinen Job gut. Aber er hätte sich hinter deinem Rücken mit allem möglichen abgeben können, und du hättest es nie erfahren.« Ich erwiderte nichts. Was er sagte, stimmte. »Er ist ein gutaussehender Junge, ein hübscher Kerl. Und nun fährt er diesen unglaublichen Wagen. Die Besten wären versucht gewesen, vielleicht noch eine Spritztour zu machen, bevor sie das Auto der Chefin ablieferten. Oder vielleicht wollte er bloß ein bißchen Stoff besorgen.«
    Es beschäftigte mich mehr, daß Danny Opfer eines versuchten Autodiebstahls geworden war, und ich wies darauf hin, daß dies in letzter Zeit in der Innenstadt und in dieser Gegend häufig vorgekommen war.
    »Vielleicht«, sagte Marino, als mein Auto in Sicht kam. »Aber dein Wagen ist noch da. Warum sollte ihn jemand die Straße runterführen und ihn abknallen und das Auto einfach stehenlassen? Warum es nicht stehlen? Vielleicht sollten wir uns darüber Gedanken machen, ob es ein Streit unter Schwulen war. Hast du daran schon gedacht?« Wir waren bei meinem Mercedes angekommen, und Reporter machten noch meh r Aufnahmen und stellten uns noch mehr Fragen, als wäre dies das größte Verbrechen aller

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