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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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getan hatte, was ihm befohlen worden war.
    »Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wissen wir gar nicht, wer sein Freund überhaupt ist«, sagte Marino. »Ich kann eine Einheit zu deinem Büro schicken, um das zu überprüfen.«
    »Das halte ich für eine gute Idee, denn wir wissen ja noch nicht, ob der Freund nicht irgendwie etwas damit zu tun hat.« »Einhundert«, sprach Marino in sein Funkgerät, während ich weitere Aufnahmen machte. »Einhundert«, antwortete die Zentrale. »Benachrichtigen Sie irgendeine Einheit, die im Bereich des Leichenschauhauses Ecke Vierzehnte und Franklin ist.« Danny war von hinten erschossen worden, aus nächster Nähe, wenn es nicht sogar ein aufgesetzter Schuß war. Ich wollte Marino gerade nach Patronenhülsen fragen, als ich einen mir nur zu bekannten Lärm hörte. Oh, nein«, sagte ich, als das ratternde Geräusch lauter wurde. »Marino, laß sie nicht näher kommen.« Aber es war zu spät, und wir blickten hoch, als ein Hubschrauber erschien und in geringer Höhe kreiste. Seine Suchscheinwerfer strichen über den Tunnel und den kalten, harten Boden, wo ich kniete, Hirnmasse und Blut an den Händen. Ich schirmte meine Augen mit den Händen gegen den blendenden Glanz ab, während Laub und Dreck aufgewirbelt wurden und die kahlen Bäume schwankten. Ich konnte nicht hören, was Marino brüllte, während er wütend seine Taschenlampe in den Himmel schwenkte und ich die Leiche so gut wie möglich mit dem eigenen Körper schützte. Ich hüllte Dannys Kopf in einen Plastikbeutel und legte eine Decke über ihn, während das Team von Channel 7 den Tatort verunstaltete, weil es keine Ahnung hatte oder sich nicht darum scherte, oder vielleicht beides. Die eine Tür des Hubschraubers war zurückgezogen worden, und der Kameramann hing in der Nacht und hielt mich für die Elf-Uhr-Nachrichten fest. Dann verschwand das Rotorengeräusch. »Gottverdammter Schweinehund!« brüllte Marino und warf die Fäuste in die Luft. »Ich sollte dir den Arsch vom Himmel runterputzen!«

Kapitel 9
    Während wir auf einen Wagen warteten, packte ich die Leiche in einen Sack. Als ich mich wieder aufrichtete, wurde mir schwindelig. Für einen Augenblick mußte ich mich ziemlich zusammennehmen, das Blut wich mir aus dem Gesicht, und mir wurde schwarz vor den Augen.
    »Die Leute vom Einsatzteam können ihn bergen«, sagte ich zu Marino. »Kann nicht jemand dafür sorgen, daß die verfluchten Fernsehkameras verschwinden?«
    Die grellen Scheinwerfer schwebten wie Satelliten über der dunklen Straße, sie hatten auf unser Erscheinen gewartet. Marino warf mir bloß einen Blick zu, weil wir beide wußten, daß niemand etwas gegen die Reporter mit ihren Aufzeichnungsgeräten unternehmen konnte. Solange sie nichts am Tatort veränderten, konnten sie tun, was sie wollten, besonders wenn sie in Hubschraubern waren, die wir nicht aufhalten oder herunterholen konnten.
    »Wirst du ihn selbst transportieren?« fragte er mich. »Nein. Es ist ja schon ein Einsatztrupp da«, sagte ich. »Und wir brauchen Hilfe, um ihn raufzuschaffen. Sag ihnen, sie sollen jetzt kommen.«
    Er funkte sie an, während wir mit unseren Taschenlampen weiter über Müll, Laub und mit schlammigen Wasser gefüllte kleine Gruben strichen. Dann sagte Marino zu mir: »Ich werde ein paar Leute hier lassen, damit sie noch eine Weile herumsuchen. Wenn der Täter seine Patronenhülse nicht eingesammelt hat, muß sie hier irgendwo sein.« Er blickte den Hügel hinauf. »Das Problem ist nur, einige dieser Trommeln haben einen weiten Ausstoß, und dieser verfluchte Hubschrauber hat das Zeug wer weiß wohin verweht.« Innerhalb von Minuten kamen Sanitäter mit einer Tragbahre herunter, Füße knirschten auf zerbrochenem Glas, Metall schepperte. Wir warteten, bis sie die Leiche aufgehoben hatten, dann untersuchte ich die Stelle, wo sie gelegen hatte. Ich blickte in die schwarze Öffnung eines Tunnels, der vor langer Zeit in einen Bergstock getrieben wurde, der zu weich war, und näherte mich ihm, bis ich gerade in dem Schlund war. Weiter innen war er durch eine Mauer versiegelt, und im Licht meiner Taschenlampe glitzerten weißgekalkte Backsteine. Rostige Schienennägel stachen aus modernden und mit Schlamm überzogenen Schwellen hervor, und überall waren alte Reifen und Flaschen verstreut. »Doc, da drin ist nichts.« Marino ging mit behutsamen Schritten direkt hinter mir. »Scheiße.« Er rutschte beinahe aus. »Wir haben schon nachgesehen.«
    »Offensichtlich kann er nicht

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