Trübe Wasser sind kalt
geschaltet, um genau so etwas zu verhindern.«
»Was nicht sehr hilfreich wäre, wenn es ein chemisches Feuer oder eine Explosion in einem Labor gäbe.« Diesen Tadel konnte ich mir nicht verkneifen, weil die meisten seiner Entscheidungen etwa genauso schlimm waren. »Wir können keine Verzögerung von dreißig Sekunden gebrauchen, wenn so etwas passiert.«
»Aber es ist nicht passiert. Haben Sie eine Ahnung, was das alles kosten wird?«
Ich dachte an die Schriftstücke auf meinem Schreibtisch und andere wichtige Dinge, die überall verstreut waren und womöglich beschädigt wurden. »Wieso sollte jemand die Anlage auslösen?« fragte ich.
»Hören Sie, im Augenblick habe ich ungefähr genauso viele Informationen wie Sie.«
»Aber Tausende Liter von Chemikalien sind über alle meine Büros, das Leichenschauhaus und die anatomische Abteilung verteilt.« Wir stiegen eine Treppe hoch, und ich konnte meinen Ärger immer schwerer zurückhalten.
»Sie werden gar nichts davon merken.« Er wiegelte grob meinen Einwand ab. »Die verflüchtigen sich wie Dampf.«
»Die sind über alle Leichen, die wir gerade autopsieren, verteilt, darunter einige Mordopfer. Hoffen wir bloß, daß kein Verteidiger das vor Gericht vorbringt.«
»Sie sollten lieber hoffen, daß wir das irgendwie bezahlen können. Das Auffüllen dieser Tanks wird ein paar hunderttausend Dollar kosten. Das sollte Ihnen schlaflose Nächte bereiten.« Der zweite Stock des Parkhauses war mit Hunderten von Staatsbediensteten bevölkert, die eine unerwartete Pause einzulegen hatten. Normalerweise waren Übungen und falscher Alarm eine Einladung herumzualbern, und die Leute waren gut gelaunt, solange das Wetter schön war. Aber heute war niemand locker. Es war kalt und grau, und die Menschen sprachen aufgeregt aufeinander ein. Der Betriebsleiter entfernte sich abrupt von mir, um mit einem seiner Gefolgsmänner zu sprechen, und ich sah mich um. Ich hatte gerade meine Leute entdeckt, als ich eine Hand auf meinem Arm fühlte.
»Hoppla, was ist denn los?« fragte Marino, als ich zusammenzuckte. »Hast du ein posttraumatisches Streßsyndrom?«
»Ganz sicher«, sagte ich. »Warst du im Gebäude?«
»Nee, aber nicht weit weg. Ich hab von eurem großen Feueralarm über Funk erfahren und gedacht, ich schau mal vorbei.« Er zog seinen Polizeigürtel mit all dem schweren Zeug daran hoch, während er seinen Blick über die Menge streifen ließ. »Macht es dir was aus, mir zu sagen, was zum Teufel hier vorgeht? Hast du endlich einen Fall von Selbstentzündung?«
»Ich weiß nicht genau, was los ist. Aber man hat mir gesagt, daß jemand offenbar falschen Alarm ausgelöst hat, so daß die Sprinkleranlage im gesamten Gebäude anging. Warum bist du hier?«
»Dort drüben ist Fielding.« Marino nickte. »Und Rose. Sie sind alle beisammen. Du siehst verdammt verfroren aus.«
»Du warst gerade in der Gegend?« fragte ich, weil ich wußte, daß es etwas zu bedeuten hatte, wenn er mir auswich. »Ich habe den verfluchten Alarm schon auf der Broad Street hören können«, sagte er.
Wie auf Stichwort verstummte der entsetzliche Lärm auf der anderen Straßenseite plötzlich. Ich trat näher an die Brüstung des Parkdecks und schaute nach drüben, während ich mir ernsthafte Sorgen machte, was ich vorfinden würde, wenn wir alle wieder in unser Gebäude zurück durften. Feuerwehrautos rumpelten laut auf den Parkplatz, und Feuerwehrmänner i n Schutzanzügen betraten das Gebäude durch verschiedene Türen. »Als ich sah, was los war«, fügte er hinzu, »habe ich damit gerechnet, dich hier zu finden. Und da hab ich mir gedacht, ich komm mal rauf.«
»Richtig gerechnet.« Meine Fingernägel hatten sich blau verfärbt. »Weißt du was über diesen Henrico-Fall, die Fünfundvierziger-Patronenhülse, die anscheinend aus derselben Sig P220 abgefeuert wurde, die Danny getötet hat?« fragte ich, während ich mich weiter an die kalte Betonbrüstung lehnte und auf die Stadt schaute.
»Wie kommst du darauf, daß ich das so schnell herausfinden könnte?«
»Weil jeder Angst vor dir hat.«
»Ja, ja, die sollten sie zum Teufel auch haben.« Marino trat dichter zu mir. Er lehnte sich an die Brüstung, blickte aber in die andere Richtung, denn er stand nicht gern mit dem Rücken zu Menschen, aber das hatte nichts mit guten Manieren zu tun. Er rückte seinen Gürtel wieder zurecht und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wich meinem Blick aus, und ich merkte, daß er wütend war.
»Am 11.
Weitere Kostenlose Bücher