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Trügerische Ruhe

Trügerische Ruhe

Titel: Trügerische Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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infiziert, indem er nicht ausreichend gekochtes Schweinefleisch gegessen hat, das Larven des Schweinebandwurms enthielt. Die Larven wachsen heran, und der Bandwurm kann manchmal jahrzehntelang im menschlichen Darm überleben. Er produziert die Eier.«
    »Wenn Emerson einen Bandwurm in seinem Verdauungstrakt mit sich herumgetragen hat«, sagte Max, »dann hat er dessen Eier ausgeschieden, so daß sie in seinen Klärbehälter gelangten. Durch ein Leck im Tank und eine schwere Überschwemmung konnten sie dann in den Bach und schließlich in den See gespült werden. Die Konzentration würde genau an dieser Stelle am höchsten sein, wo der Meegawki in den See mündet.« Max zeigte auf die Boulders. »Genau da, wo die hiesigen Teenager immer zum Schwimmen hingehen. Habe ich recht?«
    Lincoln hob plötzlich den Kopf, aufgeschreckt von dem Lärm, der aus einem anderen Teil des Gebäudes zu hören war. Claire und Max drehten sich um, als die Tür aufgerissen wurde und ein aufgeregter Floyd Spear den Kopf hereinsteckte.
    »Der Junge hat einen Anfall! Wir holen jetzt den Krankenwagen!«
    Claire warf Lincoln einen entsetzten Blick zu und stürzte aus dem Büro. Einer der Cops der Staatspolizei wollte sie aufhalten, aber Lincoln fuhr ihn an: »Sie ist Ärztin! Lassen Sie sie durch!« Claire lief den Flur entlang, der zu den drei Zellen führte.
    Die Tür der ersten Zelle stand offen. Drinnen kauerten zwei Polizisten am Boden. Alles, was sie von ihrem Sohn sehen konnte, waren die Beine, die wie in elektrischen Krämpfen zuckten. Dann bemerkte sie das Blut auf dem Fußboden, in der Nähe seines Kopfes, und sie sah, daß sein halbes Gesicht damit verschmiert war.
    »Was haben Sie mit ihm gemacht?« schrie sie.
    »Nichts! Wir haben ihn so gefunden. Er muß sich den Kopf am Boden angeschlagen haben –«
    »Machen Sie Platz! Gehen Sie mir aus dem Weg!«
    Die Cops traten zurück, und Claire ließ sich neben Noah auf die Knie fallen. Sie war vor Panik fast gelähmt. Sie mußte sich dazu zwingen, klar zu denken, mußte den furchtbaren Gedanken verdrängen, daß das hier ihr Sohn war, ihr einziges Kind, und daß er vielleicht vor ihren Augen sterben würde. Ein Grand mal. Unregelmäßige Atmung. Sie hörte ein flüssiges Gurgeln in seiner Kehle, und heftige Krämpfe schüttelten seine Brust, während er verzweifelt versuchte, Luft in seine ausgepumpten Lungen zu saugen.
    Dreh ihn auf die Seite. Er darf nicht aspirieren!
    Sie packte seine Schulter. Ein weiteres Paar Hände kam ihr zu Hilfe. Aus dem Augenwinkel erkannte sie Lincoln, der neben ihr kniete. Zusammen rollten sie Noah auf die Seite. Immer noch schüttelte er sich in Krämpfen, und sein Kopf schlug auf den Boden.
    »Ich brauche etwas, um seinen Kopf zu schützen!« rief sie.
    Max, der sich ebenfalls in die Zelle gedrängt hatte, riß eine Decke von der Pritsche und warf sie ihr zu. Vorsichtig hob sie Noahs Kopf an und schob die Decke
    darunter. Wie oft hatte sie ihn früher, als er noch ein kleines Kind war, schlafend auf dem Sofa gefunden und ihm ein Kissen unter den Kopf geschoben. Aber das hier war nicht der Kopf eines schlafenden Jungen; mit jeder neuen Zuckung versteifte sich sein Hals, bis die angespannten Muskeln wie Seile hervortraten. Und das Blut – wo kam das Blut her?
    Wieder hörte sie das Gurgeln und sah, wie sich seine Brust wölbte und frisches Blut aus seinem Nasenloch hervorquoll. Also hatte er sich nicht den Kopf aufgeschlagen; es war wieder das Nasenbluten. War es Blut, was da in seiner Kehle gluckerte? Sie drehte sein Gesicht nach unten, in der Hoffnung, daß das Blut aus seinem Mund abfließen würde, doch nur wenige Tropfen, mit Speichel gemischt, rannen heraus. Die Krämpfe ließen jetzt nach, seine Glieder zuckten nicht mehr ganz so heftig, aber das würgende Geräusch wurde stärker.
    Das Heimlich-Manöver. Sonst erstickt er noch.
    Sie ließ ihn auf der Seite liegen, legte ihm eine Hand, zur Faust geballt, unterhalb des Brustbeins auf den Bauch und stützte sich mit der anderen Hand an seinem Rücken ab. Dann drückte sie mit der Faust schnell und kräftig nach innen und oben.
    Pfeifend entwich die Luft aus seinem Hals. Es war keine vollständige Blockade, dachte sie erleichtert. Seine Lungen haben immer noch Luft bekommen.
    Sie wiederholte das Manöver. Wieder legte sie ihm den Handballen auf den Bauch und drückte energisch zu. Sie hörte, wie die Luft aus seinen Lungen strömte, hörte, wie das Pfeifen abrupt aufhörte, als das, was die Blockade

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