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Trügerische Ruhe

Trügerische Ruhe

Titel: Trügerische Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Schüttelfrost und geschwollenem Fuß auf ...
    Claire überflog die Anamnese und den Untersuchungsbericht, dann blätterte sie um und las den Therapieplan.
    Eilig griff sie zum Telefon, um Adam DelRay ausrufen zu lassen.
    Einen Augenblick später trat er in den Röntgenraum; in seinem langen weißen Kittel sah er wie immer wie frisch gestärkt aus. Obwohl er ihr gegenüber immer freundlich gewesen war, hatte er nie so etwas wie menschliche Wärme ausgestrahlt, und Claire vermutete, daß sich hinter seiner typischen Nordstaatler-Reserviertheit heftige männliche Konkurrenzgefühle verbargen; vielleicht sogar Groll darüber, daß Claire ihm zwei seiner Patienten ausgespannt hatte.
    Nun hatte er Anspruch auf eine ihrer Patientinnen erhoben, und sie mußte ihre eigenen Konkurrenzgefühle unterdrücken. Ihre einzige Sorge sollte jetzt Katie Youmans’ Wohlergehen sein.
    »Ich habe Katie als ambulante Patientin betreut«, sagte sie.
    »Ich kenne sie ziemlich gut, und –«
    »Claire, das ist nun mal einfach so.« Er legte ihr eine beruhigende Hand auf die Schulter. »Ich hoffe, Sie nehmen das nicht persönlich.«
    »Ich habe Sie nicht deswegen ausrufen lassen.«
    »Es war einfach praktischer, daß ich sie aufgenommen habe. Ich war in der Notaufnahme, als sie reinkam. Und ihre Pflegemutter meinte, sie brauchte einen Internisten.«
    »Ich bin durchaus in der Lage, ein Erysipel zu behandeln, Adam.«
    »Und was, wenn daraus eine Osteomyelitis wird? Es könnte Komplikationen geben.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß eine Hausärztin nicht die Qualifikation besitzt, sich dieser Patientin anzunehmen?«
    »Die Pflegemutter des Mädchens hat die Entscheidung getroffen. Ich stand eben zufällig zur Verfügung.«
    Inzwischen war Claire zu verärgert, um zu antworten. Sie wandte sich ab und sah durch das Fenster ihre Patientin an. Ihre Ex -Patientin. Plötzlich fiel ihr Blick auf die Infusionsflasche, und sie bemerkte das handgeschriebene Etikett, das an dem Behälter mit der Dextroselösung angebracht war. »Bekommt sie schon Antibiotika?«
    »Sie haben die Flasche gerade aufgehängt«, sagte der Assistent.
    »Aber sie ist allergisch gegen Penizillin! Deshalb habe ich Sie ausrufen lassen, Adam!«
    »Das Mädchen hat nie etwas von Allergien erwähnt.«
    Claire stürzte in das Zimmer, griff nach dem Infusionsschlauch und drehte das Ventil zu. Sie sah auf Katie herab und stellte erschrocken fest, daß das Gesicht des Mädchens gerötet war. »Ich brauche Adrenalin!« rief Claire dem Röntgenassistenten zu. »Und Benadryl intravenös!«
    Katie bewegte sich unruhig auf dem Tisch hin und her. »Ich fühle mich so komisch, Dr. Elliot«, murmelte sie.
    »Mir ist so heiß.« Auf ihrem Hals waren leuchtendrote Quaddeln zu sehen.
    Der Assistent warf einen Blick auf das Mädchen, sagte halblaut »O Scheiße!« und riß die Schublade mit den Instrumenten zur Anaphylaxie-Behandlung auf.
    »Sie hat mir nicht gesagt, daß sie eine Allergie hat«, verteidigte sich DelRay.
    »Hier ist das Adrenalin«, sagte der Assistent und reichte Claire die Spritze.
    »Ich kriege keine Luft!«
    »Es ist schon gut, Katie«, beruhigte Claire das Mädchen, während sie die Schutzkappe von der Spritze nahm. »Gleich geht’s dir schon besser ...« Sie durchstach die Haut und injizierte einen Zehntelkubikzentimeter Adrenalin.
    »Ich – kriege – keine – Luft! «
    »Benadryl, fünfundzwanzig Milligramm intravenös!« befahl Claire. »Adam, geben Sie ihr das Benadryl!«
    DelRay sah verdutzt auf die Spritze, die der Röntgenassistent ihm gerade in die Hand gedrückt hatte. Wie benommen spritzte er das Medikament in den Zugang.
    Claire zog rasch ihr Stethoskop heraus. Sie hörte die Lungen des Mädchens ab und nahm auf beiden Seiten pfeifende Geräusche wahr. »Wie ist der Blutdruck?« fragte sie den Assistenten.
    »Ich messe achtzig zu fünfzig. Puls hundertvierzig.«
    »Wir bringen sie in die Unfallstation, und zwar augenblicklich!«
    Drei Paar Hände griffen nach dem Mädchen, um es auf die fahrbare Liege zu betten.
    »Keine Luft – keine Luft –«
    »Mein Gott, sie schwillt ja richtig an!«
    »Einfach weiterfahren!« sagte Claire.
    Gemeinsam schoben sie die Liege aus der Röntgenabteilung hinaus und liefen damit den Korridor entlang. Sie sausten um die Ecke und stießen die Doppeltür zur Unfallstation auf. Dr. McNally und zwei Schwestern blickten erschrocken auf, als Claire verkündete: »Sie bekommt einen anaphylaktischen Schock!«
    Die Reaktion erfolgte

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