Trügerische Ruhe
nach ein paar Tagen wieder draußen gewesen, und ihre Mutter hatte ihn wiederaufgenommen. Es hatte keinen Zweck. Grace war schwach. Grace hatte Angst, allein zu sein.
Ich werde niemals, niemals zulassen, daß ein Mann mir ungestraft weh tut.
Sie hielt sich die Ohren zu und verbarg das Gesicht unter der Decke.
J.D. lauschte den Schlägen und spürte, wie seine
Erregung wuchs. Ja, so muß man mit ihnen umgehen, Dad. Wie du es mir immer gesagt hast. Es braucht nur eine harte Hand, dann kuschen sie schon. Er rutschte näher zur Wand und legte das Ohr an die Tapete. Dads Bett war gleich auf der anderen Seite. Wie schon an so vielen Abenden zuvor preßte er sich eng an die Wand und horchte auf das rhythmische Quietschen, das vom Bett seines Vaters kam. Er wußte genau, was im Nebenzimmer vor sich ging. Sein Dad war etwas Besonderes, ein Mann wie kein anderer, und obwohl J. D. sich ein wenig vor ihm fürchtete, bewunderte er ihn auch. Er bewunderte die Art, wie der alte Jack seinen Haushalt unter Kontrolle hatte und nie zuließ, daß die Weiber sich irgendwas herausnahmen. Die Heilige Schrift wollte es so, wie Jack immer wieder sagte – der Mann als Herr und Beschützer des Hauses. Das leuchtete ein. Der Mann war größer und stärker; es war nur natürlich, daß er das Kommando hatte.
Die Schläge hatten aufgehört, und jetzt war nur noch das Quietschen des Betts zu hören. So ging es immer aus. Eine kleine Züchtigung, und dann die gute alte Versöhnungstour. J. D. wurde immer erregter, und das Ziehen da unten wurde allmählich unerträglich.
Er stand auf und tastete sich an Eddies Bett vorbei zur Tür. Eddie schlief mal wieder fest, der alte Trottel. Es war peinlich, so einen jämmerlichen Waschlappen von Bruder zu haben. Er trat hinaus in den Flur und ging auf das Badezimmer zu.
Auf halbem Weg blieb er vor der geschlossenen Schlafzimmertür seiner Stiefschwester stehen. Er legte das Ohr an die Tür. Ob Amelia wohl wach war? Ob sie auch hörte, wie das Bett der Eltern quietschte? Die knackige kleine Amelia, die Unberührbare. Unter ein und demselben Dach mit ihm. So nahe, daß er sie fast atmen hören, fast ihren Mädchenduft riechen konnte, der durch die Türritzen wehte. Er drehte den Türknauf um, doch die Tür war verschlossen. Sie schloß jetzt immer ab, seit jener Nacht, als er sich in ihr Zimmer geschlichen hatte, um ihr beim Schlafen zuzusehen, und sie aufgewacht war und ihn dabei überrascht hatte, wie er gerade ihre Pyjamajacke aufknöpfte. Das kleine Luder hatte geschrien, und sein Dad war mit einer geladenen Schrotflinte in der Hand ins Zimmer gestürmt, drauf und dran, den Eindringling abzuknallen.
Als das ganze Weibergejaule nachgelassen hatte und J. D. in sein eigenes Zimmer zurückgeschlichen war, hatte er gehört, wie sein Dad sagte: »Er ist schon immer ein Schlafwandler gewesen. Hat nicht gewußt, was er tut.« J. D. hatte geglaubt, er sei noch einmal davongekommen, aber dann war sein Dad zu ihm ins Zimmer gekommen und hatte ihm dermaßen eine runtergehauen, daß er tanzende Sterne gesehen hatte.
Am nächsten Tag hatte Amelia ein Schloß an ihrer Tür anbringen lassen.
J. D. schloß die Augen und spürte, wie Schweiß seine Oberlippe befeuchtete. Er sah seine süße Stiefschwester vor sich, wie sie da in ihrem Bett lag, die schlanken Arme ausgestreckt. Er dachte an ihre Beine, wie er sie im Sommer gesehen hatte, lang und braungebrannt in ihren weißen Shorts, mit nur einem Hauch von Flaum an den Oberschenkeln. Der Schweiß brach ihm auf Stirn und Handflächen aus, und er spürte, wie sein Herz hämmerte. Seine Sinne waren so geschärft, daß er die Nacht um sich herum summen hörte, kreisende und wirbelnde Kraftfelder, wie elektrische Entladungen.
Er hatte sich nie so mächtig gefühlt.
Wieder ergriff er den Türknauf, und der Widerstand machte ihn plötzlich rasend. Sie machte ihn rasend, mit ihrer hochnäsigen Art und ihrer Ablehnung. Er ließ die Hand sinken und faßte sich an, aber in Wirklichkeit faßte er sie an, unterwarf sie, machte sie sich zu Willen. Und obwohl es Sex war, wonach sein Körper verlangte, war das Bild, das sich ihm aufdrängte, als er sich endlich entlud, das seiner eigenen Finger, die sich kräftig wie Taue fest um Amelias zarten Hals legten.
12
Noah steckte zwei Scheiben Brot in den Toaster und drückte mit einer heftigen Bewegung den Hebel hinunter. »Er ist die ganze Nacht geblieben, oder?«
»Es war zu kalt, deshalb konnte er nicht in seinem Bungalow
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