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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Zvatochnas Tod hatte die Hauptstadt Ulsar unmittelbar nach ihrer Rückkehr von Taromeel erreicht. Auf eine Kunde über die Beerdigung, oder was auch sonst immer mit dem Leichnam der jungen Frau geschehen war, wartete er bislang vergebens. Er hatte sich nicht weiter darum gekümmert. Jetzt sah er ein, dass es ein Fehler gewesen war.
    Die Magie hatte ihn nach seinem Tod zum Nekromanten
    gemacht, warum sollte sie es bei seiner Tochter nicht ähnlich halten? Erstaunlicher fand er, dass sie Macht über Seelen erlangte, ohne eine einzige Formel oder einen nekromantischen Zauberspruch zu beherrschen.
    Wenn sich der Schleier der Kabcara Borasgotans lüftete, bekäme er Gewissheit. Lodrik besaß genug Selbstvertrauen, diesen Verstoß gegen Sitte und gute Gepflogenheiten zu begehen. Was konnte ihm noch geschehen? Er war bereits tot.
    Er zog den linken Ärmel seiner Robe nach oben und berührte eines der Einschusslöcher am Unterarm. Es schloss sich kaum; er musste die Wunde bei nächster Gelegenheit ebenso nähen wie die anderen, die noch von seinem Sturz herrührten, oder er verlor das letzte bisschen Blut. Seltsamerweise machte der Mangel seinem Körper nichts aus. Das Blut war aus einem anderen Grund kostbar. Er benötigte seinen eigenen Lebenssaft, um die von ihm unterworfenen Seelen für ihre Dienste zu entlohnen. Das war der Nachteil dieser veränderten Form von Magie: Blutzoll. Der Eingang zur burgähnlichen Palastanlage tauchte vor ihm auf; er lief hindurch und ging geradewegs zu den Stallungen.
    Die Kutsche mit dem hoheitlichen Symbol Borasgotans fehlte. Elenja die Erste war abgereist, vermutlich weil sie sich dachte, dass er den Sturz in den Schacht überstanden habe und Soschas Seele das Geheimnis ausplauderte.
    Lodrik lief durch die Korridore des riesigen Gebäudes und suchte Norina. Er fand sie in der Ankleide. Sie hatte sich eine feste Lederkleidung angezogen und eine leichte Lederrüstung darüber
    gestreift. Handschuhe und Stiefel ließen sie aussehen wie eine verwegene Abenteuerin, die sich anschickte, ihre erste
    Reise zu unternehmen.
    Sie wollte sich eben den Helm auf ihre schwarzen Haare setzen und hob überrascht den Kopf, als er die Tür öffnete.
    »Lodrik!« Ihre braunen Augen funkelten.
    »Hör mich an. Ich habe Soscha nichts getan«, sagte er sofort.
    »Wer dann?«
    Er nahm es als gutes Zeichen, dass sie ihn zu Ende reden
    ließ. »Es war Elenja. Soschas Seele hat es mir gesagt.«
    »Das soll ich dir abnehmen?«
    »Du kennst meine Macht über die Seelen der Toten. Ich lüge nicht. Dafür ist es zu ernst.«
    Natürlich erfassten ihre ergründenden Mandelaugen seine Wunden. »Du bist verletzt!« Ihre Hand reckte sich nach der Klingelschnur. Offenbar schenkte sie seinen Worten Glauben. »Warte, ich...«
    Er kam näher, hielt ihre Hand fest. »Nein, es ist nicht nötig«, beruhigte er sie. »Mir geht es gut, und die Bestie hegt tot auf dem Grund des Schachtes. Krutor hat mir beigestanden und geholfen, sie zu vernichten.« Er berührte die Rüstung. »Wolltest du etwa zu uns hinabsteigen?«
    »ja. Dann wären mir die Soldaten gefolgt.« Sie erkannte seine Lüge über den Tod des Ungeheuers sofort. »Ich weiß.
    was du bezweckst Du willst dass die Ulsarer unseren Krutor als einen Helden verehren. Das ist sehr weise.
    Lodrik lächelte maskenhaft. »Was nützt es, wenn sie mich lieben £ ich will keine Rolle mehr in den Geschicken des tan» de9 spielen. Mein Teil beginnt hinter der Bühne dessen, was das Volk zu sehen bekommt.« Er betrachtete sie besorgt. »Elenja ist gegangen?«
    Norina nickte. »Ich bat sie darum, weil ich mich umziehen und der Bestie gegenübertreten wollte.«
    »Es ist schön zu sehen/ dass du noch immer dasselbe Feuer in deinen Adern trägst wie vor sechzehn Jahren . j. jenes Feuer, mit dem du mich gereizt hast.«
    Sie sah ihn traurig an. »Ich gäbe viel, könnte ich es heute immer noch.« Sie riss sich zusammen. »Was ist mit Soschas Seele? Und was hat Elenja damit zu schaffen?«
    »Soscha wurde ermordet, aber nicht von mir«, erklärte er und berichtete, was Soschas Seele ihm mitgeteilt hatte. »Ich fürchte, dass Zvatochna mein Schicksal teilt. Sie wurde zu einer Nekromantin.«
    Lodrik betrachtete die Frau, für die er immer noch etwas empfand. Sehr viel empfand, nur zeigen vermochte er es nicht recht. »Glaubst du mir, Norina?«, wollte er ein weiteres Mal wissen und trat näher an sie heran.
    Sie erinnerte sich an die unheimliche Unterredung mit der borasgotanischen Kabcara, die

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