Trügerischer Friede
wird.«
»Und wer hat diese Aufgabe übernommen?« »Wir werden es herausfinden und sie vernichten. Auch wir verstehen zu kämpfen. Nach der Schlacht von Taromeel entkamen einige aus dem Ritterorden des Carije. Mit ihrer Hilfe wurden viele von uns im Umgang mit Schwert und Handbüchse unterwiesen.«
Lukaschuk wirkte zuversichtlich.
Aljascha erinnerte sich an die Krieger Tzulans aus den Erzählungen von Zvatochna, die von den
»Kettenhunden« ihres Bruders gesprochen hatte. Sie trugen dunkelrote Rüstungen, und die Standarte zeigte eine dunkelrote Flammensäule, als die sich Tzulan gelegentlich den Menschen offenbarte. Vahidin langweilte sich unterdessen. Er wollte es nicht länger verbergen und schaute sich in der heruntergekommenen Hütte um, ob es etwas gab, mit dem er spielen konnte. Aljascha befand, dass es Zeit wurde, nach Ulsar zurückzukehren, um den heutigen Tag mit einem Glas des besten Rotweins zu feiern.
»Lukaschuk, befinden sich in euren Reihen Gelehrte, die meinem Sohn Unterricht erteilen und Antworten auf die schwierigsten Fragen geben können?«, fragte sie und schickte den Jungen hinaus zur Kutsche, damit er einstieg und nicht alles hörte, was sie zu sagen gedachte. »Am besten, du begleitest mich noch vor deiner Abreise in mein Haus in Granburg und wir besprechen die ganze Nacht lang die weiteren Einzelheiten«, schlug sie ihm vor, während die grünen
Augen ihn mit eindeutigen Blicken lockten. »Ich habe wirklich große Lust auf anregende Gespräche.«
Der Mann verneigte sich, er konnte sein Glück kaum fassen. »Ich freue mich darauf, Vasruca.«
Aljascha wandte sich zum Ausgang. »Wir werden sehen, wie gut der neue Hohepriester der Tzulani in der hohen Kunst der Konversation zwischen Mann und Frau ist.«
Anmutig öffnete sie die Tür und schritt zum Gefährt, Lukaschuk folgte ihr und half ihr beim Einsteigen, indem er ihre schmale Taille umfasste und sie stützte. Zupacken konnte er ganz gut. Aljascha nahm Platz und freute sich auf die langen Abendstunden und auf das, was sie schon lange nicht mehr getan hatte.
Kontinent Ulldart, Königreich Borasgotan, die Festung Checskotan, Spätsommer im Jahr 1 Ulldrael des Gerechten (460 n. S.)
Raspot hatte die Arme auf das hölzerne Sims gestützt, schaute aus dem obersten Turmfenster und genoss die Aussicht von hoch oben, während die Sonnen allmählich am Horizont versanken und Borasgotans Wiesen in Rot tauchten. Es sah aus, als stünden die weitläufigen Ebenen unlöschbar in Flammen.
Obwohl er das Schauspiel kannte, nahm es ihn immer wieder gefangen. Entfernung an der alten Festung vorbeigaloppierte und auf der Suche nach einem Nachtlager war. Die von der Hitze des Tages abkühlende Luft trug den Geschmack von Staub und Gräsern mit sich. Die Erde lechzte nach Wasser.
Hinter ihm erklang ein trockenes Husten. »Schließt du bitte das Fenster, Raspot?«, bat ihn seine kranke Frau raunend.
Raspot fröstelte bei dem Klang. Es war mehr ein Rascheln von vertrockneten Blättern, das Knistern eines alten, zerbröckelnden Papiers als eine Stimme. Es fehlte an Kraft, an Leben. Ein toter Laut.
»Sicher, meine Liebe.« Er drückte die Flügel zu, legte den Riegel um, danach langte er nach den schweren Vorhängen.
»Nein, Raspot. Lass sie offen, bitte«, hauchte sie. »Ich möchte die Sterne und die Monde sehen, wenn ich schon den Anblick der Sonnen nicht ertrage.« Wieder erklang dieses schreckliche, zischelnde Husten, gefolgt von schwerem Atemringen. »Bringst du mir einen Schluck Wasser, Raspot? Meiner Kehle ergeht es wie unserem Land: Sie ist dörr und ausgetrocknet«, versuchte sie einen Scherz.
»Nicht mehr lange.« Er goss etwas Wasser aus der Karaffe in das Glas und ging hinüber zu dem ausladenden Himmelbett aus dunkler borasgotanischer Fichte. »Du wirst sehen, der Regen kommt und wäscht den Staub von den Blättern und Halmen.« Er drückte ihr das Glas in die dünn gewordenen Finger. »Und er wäscht dein Leiden weg.«
Ihre Gestalt zeichnete sich kaum unter der dicken Decke ab. Sie trug ein Nachthemd aus schlichtem Leinen, ihren Kopf hatte sie mit einem schwarzen Schleier verhüllt. Noch musste sie um ihren alten Gemahl trauen, wobei es keine
Rolle spielte, dass sie bereits einem neuen Gatten die Hand gereicht hatte. Die Tradition verlangte es. Über die Tradition durfte sich nicht einmal die Kabcara von Borasgotan hinwegsetzen. Raspot betrachtete sie und stellte sich das hübsche Gesicht
hinter dem dunklen Tuch vor, in das er sich
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