Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)
Kugel, und sie fiel dem ahnungslosen Tate in die Arme.
Sie hörte die Schreie, hörte Tates verzweifelte Stimme und den ungläubigen Ausdruck auf den Gesichtern der Umstehenden.
Ihr Blick traf auf den von Nelson Rutledge in dem Augenblick, als Eddys zweite Kugel ihn in die Stirn traf. Sie hinterließ ein sauberes Loch, doch die Stelle, an der sie wieder herauskam, war weniger schön. Zee wurde mit Blut bespritzt. Sie schrie gellend.
Nelsons Gesicht zeigte Überraschung, dann Ärger, dann Zorn. Er war tot, noch bevor er umgefallen war.
Eddy sprang vom Podium in die Menge von hysterischen Zuschauern. Die texanische Flagge bewegte sich. Ein Mann trat dahinter hervor und feuerte seine Waffe ab. Eddy Paschals Kopf zerbarst, als sie ihn traf.
Und Avery hörte von weitem Zees Stimme.
»Bryan! Mein Gott. Bryan!«
KAPITEL 50
»Ich dachte, es wäre wohl das Beste, wenn wir uns alle hier treffen, damit ich die Sachlage allen gleichzeitig erklären kann.«
Der FBI Sonderagent Bryan Tate sprach zu der düsteren Gruppe, die sich in Averys Krankenhauszimmer versammelt hatte. Ihre Augen waren rot und geschwollen vom Weinen, ihre Schulter war bandagiert und der linke Arm lag in einer Schlinge.
Die anderen – Jack und seine Familie, Zee und Tate, saßen auf Stühlen oder lehnten an der Wand. Alle hielten vorsichtig Abstand zu Avery, da Tate ihnen von ihrer wahren Identität berichtet hatte. Nach den tragischen Ereignissen des vergangenen Abends war Mandy zur Ranch gebracht worden, wo Mona sich um sie kümmerte.
»Ihr alle habt gesehen, was geschehen ist«, sagte Bryan Tate, »aber die Gründe dafür kennt ihr nicht, und es ist nicht leicht, darüber zu sprechen.«
»Sag ihnen alles, Bryan«, bat Zee leise. »Nimm keine Rücksicht auf mich. Ich möchte, daß sie es verstehen.«
Hochgewachsen und elegant stand er neben ihrem Stuhl, eine Hand auf ihrer Schulter. »Zee und ich haben uns vor vielen Jahren ineinander verliebt«, stellte er ohne weitere Einführung fest. »Keiner von uns beiden hat das vorausgesehen oder besonders gefördert. Es war falsch, aber das Gefühl war stärker als wir. Wir waren machtlos dagegen und haben schließlich kapituliert.« Seine Finger legten sich um ihre Schulter. »Die Konsequenzen waren weitreichend. Und gestern abend haben sie in einer Tragödie ihren Höhepunkt gefunden.«
Er erzählte ihnen, daß er ein paar Monate vor seinem Freund Nelson aus Korea zurückgekommen war. »Auf seine Bitte hin habe ich mich um Zee gekümmert«, sagte er. »Als er dann nach Hause kam, war die Beziehung zwischen uns schon weit mehr als nur Freundschaft oder einfache Anziehung geworden. Wir wußten, daß wir uns liebten und Nelson weh tun mußten.«
»Ich war schwanger«, sagte Zee und legte ihre Hand auf die von Bryan. »Schwanger mit dir, Tate. Ich habe Nelson unumwunden die Wahrheit gesagt. Er blieb ruhig, aber er stellte mir ein Ultimatum. Wenn ich mit meinem Geliebten und seinem unehelichen Kind fortging, würde ich Jack nie wiedersehen.«
Tränen standen in ihren Augen, als sie ihren älteren Sohn ansah. »Jack, du warst damals noch klein. Ich liebte dich, und Nelson wußte das, so daß er es für sich ausnutzte. Als ich versprach, Bryan nie wiederzusehen, sagte er, er würde mir vergeben und wolle Tate wie seinen eigenen Sohn aufziehen.«
»Was er auch getan hat«, sagte Tate.
Sein Blick traf auf den von Bryan. Der Mann war sein Vater, obwohl er ihn gestern abend zum ersten Mal gesehen hatte. Und der Mann, den er als seinen Vater gekannt und geliebt hatte, war vor seinen Augen erschossen worden.
»Ich wußte nichts von Nelsons Ultimatum«, sagte Bryan. »Zee schrieb mir, daß unsere Affäre – und ich konnte kaum glauben, daß sie eine so häßliche Bezeichnung dafür gewählt hatte – vorüber sei und daß sie wünschte, es wäre nie dazu gekommen.«
Aus Verzweiflung hatte Bryan sich freiwillig für eine gefährliche Mission in Übersee gemeldet. Als sein Flugzeug eine Störung hatte und abstürzte, hieß er den Tod willkommen, denn ohne
Zee wollte er nicht mehr leben. Doch das Schicksal wollte es anders, und er wurde gerettet.
Während er sich von seinen Verletzungen erholte, trat das FBI an ihn heran. Er war schon geheimdienstlich geschult worden. Sie schlugen vor, Bryan Tate für tot zu erklären, damit er als Geheimagent für sie arbeiten könne. Und das hatte er dreißig Jahre lang getan.
»Immer, wenn ich konnte, kam ich, um dich zu sehen, Tate«, sagte er zu seinem Sohn. »Aus
Weitere Kostenlose Bücher