Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)
vorsichtiger Entfernung, damit ich Nelson oder Zee nicht begegnete. Ich habe dir ein paarmal beim Football zugesehen und war sogar einmal eine Woche lang in der Nähe des Ortes, in dem du in Vietnam stationiert warst. Ich war bei deiner Examensfeier in der Universität von Texas. Ich habe dich und deine Mutter immer geliebt.«
»Nelson hat nie vergessen oder mir vergeben«, sagte Zee und beugte den Kopf, um sich die Nase zu putzen.
Bryan strich ihr tröstend übers Haar. Seine letzte Aufgabe als Agent war, eine Gruppe von Rassisten zu infiltrieren. Schon ganz am Anfang war er dabei einem extrem verbitterten Vietnamveteranen begegnet, den er als Eddy Paschal, Tates ehemaligen Kommilitonen, erkannte.
»Wir hatten schon eine dicke Akte über ihn, weil er bei verschiedenen neo-nazistischen Aktivitäten beteiligt gewesen war, einschließlich einiger ritueller Exekutionen. Wir hatten leider nie genug Beweise gegen ihn in der Hand, um etwas zu unternehmen.«
»Mein Gott, wenn ich mir vorstelle, daß ich mit diesem Kerl geschlafen habe!« sagte Fancy mit einem Schaudern.
»Das konntest du ja nicht wissen«, sagte Dorothy Rae liebevoll. »Er hat uns alle getäuscht.«
»Er wäre mir lebendig lieber gewesen«, sagte Bryan. »Er war rücksichtslos, aber sehr intelligent. Er hätte uns sehr nützlich sein können.«
Bryan sah Tate an. »Du kannst dir vorstellen, wie erstaunt ich war, als Nelson Kontakt mit ihm aufnahm, besonders, da Paschals Theorien den deinen total entgegengesetzt waren. Nelson hat ihm ein sauberes Image verpaßt, einen Schnellkurs in Werbetechnik
und Kommunikation für ihn bezahlt und ihn als deinen Wahlkampfleiter nach Texas geholt. Damals wurde mir klar, daß Nelsons Absichten nicht die waren, die sie zu sein schienen.«
Tate lehnte sich an die Wand. »Er hat also die ganze Zeit vorgehabt, mich umbringen zu lassen. Es war alles eine große Show. Er hat mich für das öffentliche Amt erzogen, meinen Ehrgeiz unterstützt und Eddy angestellt, alles.«
»Ich fürchte, ja«, sagte Bryan finster.
Zee stand auf und ging zu Tate. »Verzeih mir, mein Junge.«
»Ich soll dir verzeihen?«
»Er wollte meine Sünde bestrafen, nicht dich«, erklärte sie. »Du warst nur das Opferlamm. Er wollte, daß ich leide, und wußte, daß es die schlimmste Strafe für eine Mutter ist, ihr Kind sterben zu sehen, besonders in einem Augenblick des persönlichen Triumphes.«
»Ich kann das nicht glauben«, sagte Jack und stand auch auf.
»Ich schon«, gab Tate ruhig zu. »Du weißt doch, daß er immer von Gerechtigkeit und Fairneß gesprochen hat, und davon, daß man für seine Fehler büßen muß. Er glaubte, du hättest mit deinem Leben gesühnt«, sagte er zu Bryan, »aber Mutter hatte noch nicht dafür bezahlt, daß sie ihn betrogen hatte.«
»Nelson war klug und rachsüchtig. Wie sehr, ist mir erst gestern abend klargeworden«, sagte Zee. »Tate, er hat dich auch dazu gebracht, Carole zu heiraten, eine Frau, die mich an meine eigene Untreue erinnern würde. Ich mußte meine Augen vor ihren Betrügereien verschließen. Denn schließlich konnte ich sie kaum für ein Vergehen zur Rechenschaft ziehen, das ich selbst auch begangen hatte.«
»Das war nicht das gleiche, Zee.«
»Ich weiß das, Bryan«, meinte sie nachdrücklich, »aber Nelson wußte es nicht. Für ihn war Ehebruch gleich Ehebruch und durch den Tod zu bestrafen.«
Jack wirkte verzweifelt. »Ich verstehe das trotzdem nicht. Wenn er Bryan so sehr haßte, warum hat er das Kind dann gerade Tate genannt?«
»Das war ein grausamer Scherz für mich«, sagte Zee. »Auch das sollte mich ständig an meine Sünde erinnern.«
Jack dachte darüber kurz nach. »Warum hat er Tate mir vorgezogen? Ich war sein wirklicher Sohn, aber er hat immer dafür gesorgt, daß ich mich meinem kleinen Bruder unterlegen fühlte.«
»Er ging davon aus, daß die Natur ihren Weg gehen würde«, erklärte Zee. »Er machte es ganz offensichtlich, daß er Tate vorzog, damit du dich gegen Tate stellst. Die Reibung zwischen euch sollte wiederum mir weh tun.«
Jack schüttelte den Kopf. »Ich kann immer noch nicht glauben, daß er so gemein war. Vater nicht.« Dorothy Rae griff nach seiner Hand und drückte sie.
Zee wandte sich Avery zu, die bisher geschwiegen hatte. »Er war entschlossen, sich an mir zu rächen. Er sorgte dafür, daß Tate Carole Navarro heiratete. Selbst nachdem ich von ihrer Vergangenheit erfahren hatte, bin ich nie auf den Gedanken gekommen, daß Nelson für ihre
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