Trügerisches Spiel (German Edition)
seine Schulter und steuerte ihn in eine bestimmte Richtung. Nur ein wenig Helligkeit sickerte durch den Stoff, mehr konnte Jay nicht von der Umgebung erkennen. Es roch nach Meer, anscheinend waren sie direkt an der Küste. Jocelyn hielt seine Finger weiterhin fest umklammert, so als hätte sie Angst, dass er verschwinden könnte.
»Stufen.«
Jays Fuß stieß an etwas Hartes und er stolperte vorwärts. Schmerz schoss durch seinen verletzten Knöchel. »Danke für den Hinweis. Etwas früher wäre nett gewesen.«
»Ich bin kein verdammter Babysitter.« Die Hand an seiner Schulter drängte ihn vorwärts. »Los, rein da.«
Der Wind ließ schlagartig nach, anscheinend befand er sich jetzt in einem Gebäude. Es roch angenehm nach Holz und Politur, ihre Schritte klangen dumpf, wahrscheinlich Parkettboden. Wenn er raten müsste, würde er auf ein luxuriöses Versteck Leones tippen. Jay biss die Zähne zusammen, als er wieder an Rizzo denken musste. Dass sein Mörder weiterhin unbehelligt leben konnte, ließ Jay wie so oft am Rechtssystem zweifeln. Es musste einfach eine Möglichkeit geben, einen solchen Verbrecher ins Gefängnis zu bringen, und er würde so lange suchen, bis er sie fand.
Sie wechselten die Richtung, diesmal war etwas Weiches unter seinen Füßen. Teppich. Kurz darauf wurde er grob nach unten gestoßen und landete auf einem federnden Gegenstand, Jocelyn direkt neben ihm. Seine Hände ertasteten Leder, anscheinend saßen sie auf einem Sofa. Mit einem Ruck wurde die Augenbinde weggerissen – und ein paar Haare gleich mit. Jay blinzelte, damit sich seine Augen wieder an das Licht gewöhnten. Glücklicherweise war es in dem Raum relativ dunkel, sodass er schnell wieder sehen konnte. Er unterdrückte den Impuls, nach Jocelyn zu schauen und blickte sich stattdessen im Raum um. Sie befanden sich in einem Arbeitszimmer mit Bibliothek, die Wände waren bis zur Decke mit gut gefüllten Bücherregalen bestückt. Er hätte Leone nie für einen eifrigen Leser gehalten. In der Mitte des Raumes stand ein riesiger Schreibtisch aus Edelhölzern, der sicher ein kleines Vermögen gekostet hatte. Vor allem wirkte er ungeheuer protzig und passte somit perfekt zu dem Mafiaboss.
Nachdem er auch die restliche Einrichtung und vor allem die Lage der möglichen Ausgänge – eine Tür und mehrere Fenster mit zugezogenen Vorhängen – begutachtet hatte, gönnte er sich endlich einen kurzen Blick auf Jocelyn. Auch ihr war das Tuch abgenommen worden, und sie blickte sich mit großen Augen um. Ihre Haare standen zu allen Seiten ab, und er musste seine Hände ineinanderkrallen, um der Versuchung zu widerstehen, mit den Fingern hindurchzufahren. Schnell blickte er zur Tür, als er Schritte hörte. Wut stieg wieder in ihm auf, als Leone hereinspaziert kam und ihn anlächelte, als wären sie die besten Freunde.
»Wie schön, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind, Detective.« Er nickte Jocelyn zu. »Miss Callaghan.«
Überrascht atmete Jocelyn ein. Wahrscheinlich hatte sie schon lange niemand mehr so genannt.
Dass es gerade dieser Verbrecher war, brachte Jays Blut zum Kochen. »Wie konnten wir ablehnen, wenn wir so freundlich gefragt wurden.« Seine Antwort triefte vor Sarkasmus, doch Leone ignorierte ihn.
Mit einem zufriedenen Seufzer sank er in seinen weich gepolsterten Chefsessel. »Wahrscheinlich fragen Sie sich, warum ich Sie eingeladen habe, deshalb komme ich gleich zur Sache.« Er ignorierte Jays Schnauben bei dem Wort Einladung. »Mein erster Versuch schlug leider fehl. Ferro sollte Ihnen eine Mitteilung von mir überbringen.« Seine Miene wurde mörderisch. »Ich denke, ich brauche nicht zu sagen, dass ich über seinen Tod alles andere als erfreut bin.«
»Dann haben Sie ihn also nicht beseitigt, weil er Sie verraten wollte?«
Das brachte ihm ein abschätziges Lachen ein. »Meine Männer sind loyal und vor allem weiß ich über jeden ihrer Schritte Bescheid. Sollte jemand auf die Idee kommen, gegen meine Interessen zu handeln, weiß ich mich zu wehren.« Er hob eine Augenbraue. »Aber auch das wissen Sie, Hunter.«
Jay presste seine Zähne so fest zusammen, dass sie knirschten, doch er sagte nichts. Es würde nichts bringen, jetzt über Rizzo zu reden. »Nun sind wir hier, also sagen Sie uns, was Sie loswerden wollen.«
Leone blickte ihn einen Moment lang an, bevor er sich nach vorn lehnte und die Hände auf dem Schreibtisch verschränkte. »Ich weiß, dass Sie denken, ich hätte etwas mit den Fahrstuhlmorden zu tun,
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