Trügerisches Spiel (German Edition)
aber Sie irren sich. Anscheinend haben Sie nicht mitbekommen, dass Scarpetto nicht in meinen Diensten steht. Er hat frei gearbeitet, für denjenigen, der ihm am meisten bezahlt hat.«
Obwohl er damit schon gerechnet hatte, reagierte Jay doch mit Vorsicht. »Und das sollen wir Ihnen einfach so glauben? Sie haben auch alle anderen Verbrechen abgestritten, die Ihnen jemals vorgeworfen wurden.«
Ein kurzes Lächeln flog über Leones Gesicht. »Das stimmt natürlich. Aber genauso bekannt ist, dass ich keine Versager dulde, und der Fahrstuhlmord war reine Stümperei. Sollte ich jemals so etwas durchführen wollen, würde ich garantiert nicht so einen Idioten nehmen, der sich erwischen lässt und zudem noch eine angebliche frühere Verbindung zu mir hatte.« Er nahm einen Stift in die Hand und schloss seine Finger darum. »Und was hätte ich vom Tod der beiden Anwälte? Sie waren völlig belanglos für mich und haben sich zu der Zeit nicht mit mir beschäftigt. Die ganze Sache war schon Jahre her, und wenn ich sie hätte bestraft sehen wollen, hätte ich das anders erledigt.«
Das war als Erstes nachgeprüft worden und einer der Gründe, warum Leone nicht als Auftraggeber angeklagt worden war. Jay runzelte die Stirn. »Wer sollte die Morde dann in Auftrag gegeben haben?«
»Woher soll ich das wissen? Es interessiert mich auch nicht wirklich, ich habe nur keine Lust, durch diese Sache ständig belästigt zu werden. Und noch mehr Männer zu verlieren. Mit Scarpetto hatte ich schon seit Jahren nichts mehr zu tun, aber das wollten die Ermittler natürlich nicht hören. Es war viel einfacher für sie, mir die Sache unterzuschieben. Sie sollten sich mal überlegen, ob es noch jemanden geben könnte, der ein Interesse am Tod der Anwälte hatte.« Sein Blick glitt zu Jocelyn, und er lächelte unangenehm. »Oder ob es vielleicht ein ganz anderes Ziel gab und die beiden Opfer nur Kollateralschaden waren.«
»Ich?« Jocelyns Stimme war nur ein Hauch.
Leone hob die Schultern. »War sonst noch jemand mit im Fahrstuhl? Vielleicht hat der Täter erst die Zeugen beseitigt, um sich dann mit seinem eigentlichen Ziel zu beschäftigen.«
Ein Kribbeln lief über Jays Rückgrat.
»Aber dafür gibt es doch gar keinen Grund! Ich war eine einfache Studentin, verdammt noch mal!« Anscheinend hatte Jocelyn ihre Sprache wiedergefunden.
Jay wünschte, er könnte ihre Hand nehmen, aber er wollte nicht, dass Leone von ihrer persönlichen Beziehung erfuhr. »Ich habe schon darüber nachgedacht, aber ich wüsste auch nicht, weshalb es jemand auf sie abgesehen haben könnte, wenn der Fahrstuhlmord ausgeklammert wird.«
»Dann werdet ihr euch wohl ein wenig anstrengen müssen, denn ich habe keine Lust mehr, als Sündenbock herzuhalten. Regelt das, oder ich werde dem ein Ende bereiten, und zwar nicht unbedingt so, wie ihr das gerne hättet.« Er winkte seinem Mann, der an der Tür Wache hielt. »Bringt sie zurück.«
Jay stand auf und hielt Jocelyn eine Hand hin, um ihr zu helfen. Sein Blick ruhte aber auf Leone. »Was meinte Ihr Mann damit, dass mein Partner Probleme hat?«
Leones Miene verdüsterte sich. »Ich fürchte, der ein oder andere hier muss lernen, auch mal den Mund zu halten. Was Ihren Partner angeht – ich würde Ihnen raten, niemandem zu trauen. Es gibt immer Mittel und Wege, auch den loyalsten Menschen für seine Zwecke zu gewinnen.« Er hob die Hand, als Jay etwas sagen wollte. »Und nein, ich habe damit auch nichts zu tun. Einige meiner Männer haben ihn beschattet und dabei in letzter Zeit einige Unregelmäßigkeiten festgestellt.«
Jays Magen zog sich zusammen. »Und welche wären das?«
Leone stand auf und kam um den Schreibtisch herum. »Nun, zum Beispiel hat er Ihnen erzählt, dass seine Tochter krank ist, doch er war in der ganzen Zeit nie im Krankenhaus.«
»Das kann nicht sein! Er hat doch gesagt …« Jay verstummte. Wenn es stimmte, was Leone sagte – und er befürchtete fast, dass es so war – dann war zumindest geklärt, woher die Verbrecher gewusst hatten, wo Jocelyn war. Verdammt! Der Gedanke, dass Dave ihn verraten haben könnte, machte ihn krank. Er hätte seinem Partner jederzeit sein Leben anvertraut.
»So ein Verrat schmerzt, stimmt’s?« Leones Frage klang beinahe mitfühlend.
Wut breitete sich in Jay aus. »Wagen Sie es nicht, sich mit mir zu vergleichen, Leone. Ich bin kein Verbrecher, dem alles andere egal ist!«
Der Mafioso schüttelte den Kopf. »Das bin ich auch nicht.« Er wandte sich an seinen
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