Trügerisches Spiel (German Edition)
Ziel.«
Das stimmte, aber sie brachte es trotzdem nicht über sich, ihn zu verlassen. Seit ihn der Balken getroffen hatte, hatte Jay sich nicht einen Zentimeter bewegt. Sie wusste nicht einmal, ob er überhaupt noch lebte. Tränen trübten ihre Sicht und Jocelyn blinzelte sie hastig fort. Ein weiteres Krachen ertönte, ein Balken stürzte zwischen sie und Jay. Funken stoben auf und wurden in ihre Richtung getrieben. Innerhalb von Sekunden war ihr jeder Weg zu Jay versperrt. Durch die Flammen konnte sie Thureau sehen, der sich aufgerichtet hatte. Glücklicherweise war er nicht verletzt worden.
»… raus!« Seine Worte verloren sich im Rauschen der Flammen, doch seine Armbewegungen waren eindeutig: Er wollte, dass sie das Gebäude verließen.
Kevin schlang seinen Arm fester um sie. »Komm jetzt, die Feuerwehr wird gleich hier sein und ihm helfen.«
Schweren Herzens sah Jocelyn ein, dass er Recht hatte, sie konnte hier nichts mehr tun und musste darauf hoffen, dass Jay und Thureau rechtzeitig gerettet wurden. Während sie sich noch einmal zu ihnen umdrehte, ließ sie sich von Kevin aus dem Gebäude ziehen.
Dort wurden sie glücklicherweise nicht von Kugeln empfangen, sondern vom Geräusch schnell näher kommender Sirenen. Endlich!
Sie packte Kevins Arm. »Lauf vor das Haus und sag den Feuerwehrleuten, dass sie hier jemanden retten müssen.«
Ihr Bruder nickte nur und rannte los. Jocelyn blieb allein zurück und in diesem Moment erkannte sie das ganze Ausmaß der Geschehnisse. An einigen Stellen schlugen die Flammen bereits durch die Fenster, Rauch quoll aus allen Öffnungen. Wie sollte jemand darin längere Zeit überleben? Ihre Hände verkrampften sich. Jay lag dort ungeschützt, nur im T-Shirt!
Gerade als sie fast so weit war, wieder ins Haus zurückzulaufen, kam ein Trupp schwer bepackter Feuerwehrleute um die Ecke. Ungeduldig wartete sie, bis sie gemeinsam mit Kevin bei ihr ankamen.
»Es sind noch zwei Männer darin, der eine ist von einem Holzbalken getroffen worden. Sie müssen sie dort herausholen, bitte!«
Einer der Feuerwehrleute trat zu ihr. »Das wissen wir, wir werden alles tun, um ihnen zu helfen. Ich bringe Sie jetzt zu einem Krankenwagen, damit Sie untersucht werden können.«
»Nein, ich muss hierbleiben!« Jocelyn merkte, dass sie beinahe hysterisch klang und zügelte ihre Panik. »Ich muss sehen, dass alle herauskommen.«
Mitfühlend blickte er sie an. »Das verstehe ich, aber Sie stehen den Männern hier im Weg, und vor allem ist es auch zu gefährlich, wenn das ganze Gebäude in Flammen aufgeht oder vielleicht irgendwelche Gefahrstoffe darin gelagert sind, die explodieren oder giftige Dämpfe freigeben können.«
Jocelyn spürte, wie das Blut aus ihrem Kopf wich. Daran hatte sie überhaupt noch nicht gedacht, aber es bedeutete auch, dass es noch viel dringender war, dass sie Jay endlich herausholten. »Ich werde mich dort hinten hinstellen, dann bin ich niemandem im Weg.« Sie deutete auf eine hohe Mauer, die das Grundstück nach hinten abgrenzte. »Bitte, holen Sie sie heraus.«
Der Feuerwehrmann protestierte nicht mehr, wahrscheinlich merkte er, dass sie nur mit Gewalt von hier fortzubringen war. »In Ordnung, ich schicke einen Sanitäter zu Ihnen. Bleiben Sie dort und rühren Sie sich nicht.«
Schweigend nickte Jocelyn und zog sich mit Kevin zur Mauer zurück. Zitternd schmiegte sie sich tiefer in Jays Jackett und wünschte, er wäre jetzt bei ihr. Kevin setzte sich neben ihr auf den Boden und nach kurzem Zögern tat sie es ihm gleich. Ihre Beine hatten die Konsistenz von Wackelpudding, lange hätte sie sich sowieso nicht mehr darauf halten können. Die Wartezeit kam ihr unendlich lang vor, dabei handelte es sich wahrscheinlich nur um wenige Minuten, bis die Feuerwehrleute jemanden heraustrugen. Jocelyn war auf den Beinen, bevor sie es überhaupt mitbekam, doch Kevin umfasste ihre Hand und zog sie wieder nach unten.
»Es ist Thureau.«
Jetzt sah sie auch die langen schwarzen Haare. Immerhin schien er wach und ansprechbar zu sein, das gab ihr Hoffnung für Jay. Er wurde auf eine Trage geladen und um die Hausecke gebracht, wo die Krankenwagen warteten. Vermutlich sollte sie zu ihm gehen und sich versichern, dass es ihm gut ging, und vor allem erfahren, wohin er gebracht wurde, doch im Moment zählte für sie nur Jay.
Kevin legte seinen Arm um sie und zog sie an sich. »Es wird ihm sicher gut gehen, Joss.«
Sie war sich da nicht so sicher, sagte aber nichts. Jedes Wort blieb ihr
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