Trügerisches Spiel (German Edition)
damit begann, ihre Wunden zu versorgen, bemerkte sie, dass sie verletzt war. Der Schmerz setzte ein, doch sie drängte ihn beiseite. Die paar Kratzer, Prellungen und leichten Brandwunden waren nichts im Vergleich dazu, was Jay durchmachen musste. Wenigstens erwartete niemand von ihr, dass sie redete, nachdem sie eine Sauerstoffmaske aufgesetzt bekam. Das Wiedersehen mit ihrem Bruder war das einzig Positive gewesen, das aus dieser ganzen Situation entstanden war. Jocelyn schloss die Augen und hielt Kevins Hand, so fest sie konnte.
Schmerz zerrte Jay aus der Dunkelheit an die Oberfläche. Er konnte nicht mal richtig bestimmen, was ihm genau wehtat. Geisterhafte Bilder entstanden in seinem Kopf, von hell lodernden Flammen, dichtem Rauch und Jocelyns angsterfüllten Augen. Ein wenig Klarheit kehrte bei ihrem Gesicht in seinen Kopf zurück und er setzte sich ruckartig auf. Vielmehr wollte er das, aber sein Körper bewegte sich nicht. Seine Lunge schmerzte von der Anstrengung und seinen rauen Atemzügen. Irgendetwas befand sich über seinem Mund und hinderte ihn am Sprechen. Panik setzte ein und er versuchte sich gegen das zu wehren, was ihn festhielt. Ein nervendes Piepsen ertönte.
Etwas berührte seine Schulter. »Ganz ruhig, Jay, du bist in Sicherheit.«
Er kannte die weibliche Stimme, aber er konnte sie nicht einordnen. Ein Name zuckte durch seinen Kopf. Ungeduldig schob er das Teil über seinem Mund zur Seite. »Joss?« Seine Frage war kaum zu verstehen.
»Nein, ich bin es, Shannon. Kannst du die Augen öffnen, Jay?«
Es schien eine Ewigkeit zu dauern und unendlich viel Kraft zu kosten, bis er die Lider einen winzigen Spalt heben konnte. Seine Umgebung schien seltsam unscharf, deshalb konzentrierte er sich auf das Gesicht, das über ihm schwebte. Ein blasses Gesicht, umrahmt von langen rotbraunen Haaren und dunkle Augen, die ihn besorgt musterten. Eindeutig seine Schwester, doch wie kam sie hierher – wo auch immer ›hier‹ war? Jay versuchte ein Lächeln, doch er wusste nicht, ob sich seine Lippen überhaupt bewegten.
Tränen schimmerten in Shannons Augen. »Ich bin so froh, dass du endlich aufgewacht bist. Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht!«
»Wir?« Das Wort löste einen Hustenanfall aus, der Jay in eine Welt aus Schmerz tauchte.
»Du solltest die Atemmaske aufbehalten, sie hilft dir.« Beruhigend strich Shannons Hand über seine Schulter, bis er sich beruhigt hatte. »Glaubst du, wir würden zu Hause bleiben, wenn wir einen Anruf bekommen, dass du schwer verletzt bist und in Lebensgefahr schwebst?« Sie drückte einen Knopf. »Die Schwester hat gesagt, wir sollen es melden, wenn du wach bist.«
»Wer … ist noch … hier?« Jedes Wort kratzte durch seine raue Kehle.
»Der gesamte Hunter-Clan. Und Captain Morris kommt auch hin und wieder vorbei.« Vermutlich, damit er ihn persönlich feuern konnte, aber das war ihm im Moment herzlich egal. Nur eines zählte … »Joss?«
»Wer?«
Erst jetzt fiel ihm wieder ein, dass niemand Jocelyns wahren Namen kannte. »Ann.«
Shannons Stirn glättete sich. »Oh, deine Freundin. Da musst du Captain Morris fragen, er hat sie und ihren Bruder an einem geheimen Ort untergebracht.«
Jay wollte fragen, was mit Thureau war, aber das würde seine Schwester sicher nicht wissen. Am besten wartete er, bis der Captain wieder hier vorbeikam. Wenn Morris hörte, dass er wach war, würde das sicher nicht lange dauern. Hoffentlich hatte die ganze Sache inzwischen geklärt werden können. Jocelyn war erst dann in Sicherheit, wenn Jones und sein Kumpan gefasst waren. Jays Magen zog sich zusammen, als ihm klar wurde, was Shannon gesagt hatte: ein geheimer Ort. Das hieß, dass sie immer noch in Gefahr waren. Wieder versuchte er sich aufzusetzen, doch es gelang ihm nicht.
»Ruf … Morris an, er … soll … kommen.« Jay spürte, wie die Schwärze wieder an ihm zog, bis der Raum um ihn herum verschwand.
»Jay! Bleib wach …« Shannons Stimme verklang.
Als er das nächste Mal auftauchte, war sein Gehirn klarer, dafür aber auch die Kopfschmerzen deutlich stärker. Jay biss die Zähne zusammen und zwang seinen Körper, sich zu entspannen. Erst als ihm das halbwegs gelungen war, öffnete er die Augen und sah sich um. Shannon war verschwunden, dafür entdeckte er aber seinen Bruder Clint in einem Stuhl neben dem Bett. Er sah so aus, als hätte er darin geschlafen. Seine Lider hoben sich, so als hätte er Jays Blick auf sich gespürt. Mit einer fließenden Bewegung
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