Trügerisches Spiel (German Edition)
würden vom Feuer umzingelt. Sie hatten nur noch eine Möglichkeit: Sie mussten durch den schmalen Korridor zwischen den Flammen hindurch, die über den Stapeln von brennbaren Materialien immer höher aufloderten, und ihr Glück mit den bewaffneten Verbrechern versuchen.
Jay griff nach Jocelyns Hand und zog sie an seine Seite. »Kommt mit.«
Sein Blick fiel auf die nackten Arme seiner drei Begleiter. Wenn sie so in Berührung mit den Flammen kamen, würden sie schwere Verbrennungen davontragen. Doch er hatte nur ein Jackett dabei, das vermutlich auch nicht lange gegen die Flammen helfen würde. Er legte es über Jocelyns Kopf und Arme.
»Aber …«
Er ließ sie nicht ausreden. »Halt es vor deinem Gesicht zu und schließ die Augen. Lauf, so schnell du kannst.«
»Jay …«
Er drückte Jocelyns Hand. »Lauf jetzt.«
Sie murmelte etwas, das fast wie ein Gebet klang, dann rannte sie los. Jay wusste nicht, ob er je etwas Schlimmeres gesehen hatte, als Jocelyn in diese Flammenhölle eintauchen zu sehen, bevor sie im Rauch verschwand. Mit Mühe unterdrückte er den Impuls, ihr sofort zu folgen. Zuerst musste er dafür sorgen, dass die anderen beiden Zivilisten in Sicherheit waren.
Thureau wickelte Kevins Hemd von seinem Kopf und hielt es Jocelyns Bruder hin. »Hier, das ist besser als nichts.«
Jay befühlte den Stoff. »Ist das Baumwolle?«
Kevin sah ihn merkwürdig an. »Ja.«
»Gut. Polyester würde schneller brennen.«
Mit einem Nicken schlang Kevin sich das Hemd über Kopf und Arme. »Los!«
Kevin verschwand lautlos zwischen den Flammen. Zweifel kamen in Jay auf, ob er das Richtige tat. Hoffentlich schickte er sie nicht in den Tod, wenn sie kurze Zeit später gerettet worden wären. Aber darauf konnten sie nicht warten, der feuerfreie Bereich wurde rasend schnell kleiner, wenn sie nicht vorher schon im Rauch erstickten.
Jay blickte Thureau an, der mit seiner Kopfverletzung Mühe hatte, sich aufrecht zu halten. Wenn er mitten im Korridor ohnmächtig wurde … Schnell schob er den Gedanken beiseite. Sie würden zusammen gehen müssen. »Ziehen Sie am besten Ihr T-Shirt über Kopf und Arme.« Damit waren dann zwar der untere Rücken und Bauch frei, aber das war besser als Brandwunden im Gesicht oder an den Händen, und außerdem schützte es ein wenig vor dem Rauch. Jays Herz hämmerte in seiner Brust, während er sich auf den unweigerlichen Schmerz vorbereitete. Egal was passierte, er durfte nicht stehen bleiben oder hinfallen, sonst war er verloren.
»Fertig?« Thureau blickte ihn durch den Ausschnitt des T-Shirts an und nickte knapp. »Okay, dann los!«
Gleichzeitig rannten sie los. Hitze hüllte Jay ein, Schweiß strömte aus seinen Poren und wurde sofort verdampft. Dann erreichten sie das Ende des Korridors und wurden von etwas kühlerer Luft empfangen. Jay reagierte sofort, als er sah, dass Thureau stolperte. Mühsam hielt er ihn aufrecht. Der Rauch war inzwischen so dick, dass er kaum atmen konnte, deshalb packte er Thureau am Arm und zog ihn rasch weiter. Erleichtert erkannte er, dass die anderen hinter einer Betonsäule auf sie warteten und führte Thureau zu ihnen. Sofort rutschte der an der Säule zu Boden.
Entschlossen blickte Jay die anderen an. »Ich werde überprüfen, ob die Verbrecher auf uns lauern, wenn wir aus dem Gebäude kommen.«
»Das ist verrückt, Jay!« Jocelyn klammerte sich an seine Hand.
Die Verzweiflung in ihrem Gesicht schnitt Jay tief ins Herz. »Ich muss es versuchen, es ist unsere einzige Chance. Wir werden nicht lange hier überleben, wir müssen ins Freie kommen.«
»Ich will mitkommen.«
Jay hob ihre Hand und küsste ihre Fingerknöchel. »Das geht nicht. Wenn ich nicht zurückkomme, seid ihr hier noch ein paar Minuten sicher, vielleicht ist bis dahin die Feuerwehr da.«
»Jay …«
»Bleib hier, für mich.« Er zog sie an sich und küsste sie mit all den aufgestauten Gefühlen. Viel zu früh löste er sich von ihr. »Bitte.«
Tränen liefen über ihre Wangen, als sie zögernd nickte. »Komm bitte zurück.« Gerade als er sich umdrehen wollte, fügte sie noch hinzu: »Ich liebe dich.«
Wärme breitete sich in ihm aus, die nichts mit dem Feuer zu tun hatte, während gleichzeitig Trauer durch ihn strömte für das, was hätte sein können. Jay straffte die Schultern. Nein, er würde nicht aufgeben, sondern bis zum letzten Atemzug kämpfen. Für sich, vor allem aber für Jocelyn. Die ihn liebte. Es war beinahe erschreckend, wie glücklich ihn der Gedanke machte.
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