Trügerisches Spiel (German Edition)
verschlossen. »Was macht ihr eigentlich hier? Morris sagte, ihr wäret an einem sicheren Ort untergebracht.«
Kevin antwortete für sie, weil es ihr kurzzeitig die Sprache verschlagen hatte. »Das sind wir auch. Jocelyn hat es dort nicht mehr ausgehalten, weil sie dich unbedingt sehen wollte.«
Sie warf ihrem Bruder einen warnenden Blick zu. Es entsprach zwar der Wahrheit, aber sie war nicht sicher, ob Jay das auch hören wollte. »Ich war die ersten Tage hier, aber dann haben sie uns weggebracht und nicht wieder zurückgelassen. Da du durch meine Schuld verletzt wurdest, finde ich es nicht richtig, dass du hier alleine liegen musst.«
Jay blickte sie prüfend an. »Ich bin nicht alleine, meine Familie ist hier und treibt mich in den Wahnsinn.«
Hieß das, er wollte sie nicht sehen? »Oh. Ich weiß, ich habe deine Eltern gesehen und auch deine Geschwister und ihren Anhang kennengelernt. Sie sind sehr nett.«
Wenn möglich schien Jays Gesicht noch starrer zu werden. »Warum bist du hier, Jocelyn?«
Hilflos blickte sie ihren Bruder an, aber der hob die Hände und ging rückwärts zur Tür. »Ich glaube, ich lasse euch mal alleine. Weiterhin gute Besserung, Jay.«
Jay nickte ihm zu, wandte seine Augen aber nicht von ihr ab. Erst als sich die Tür schloss, sprach er wieder. »Joss?«
Sie biss auf ihre Lippe, um all die Worte zurückzuhalten, die ihr auf der Seele brannten. »Ich wollte dich sehen.«
»Aus Mitleid?« Es klang beinahe wie ein Vorwurf.
Ihr Herz setzte einen Moment aus. »Nein.«
Er trat einen Schritt näher. »Warum dann?«
Wut kam in ihr auf, dass er sie so in die Ecke drängte. »Weil ich dich vermisst habe, du Idiot! Ich bin halb verrückt geworden vor Sorge um dich.«
Ein Lächeln hob langsam seine Lippen. »Idiot? Geht man so mit einem Kranken um?«
Jocelyn verschränkte die Arme vor der Brust. »Du wolltest ja nicht, dass ich dich bemitleide. Also musst du jetzt damit leben, dass ich dich ganz normal behandle. Und wenn du dich benimmst wie ein Idiot, nenne ich dich auch so.«
Jay grinste sie schief an. »Okay.« Seine gesunde Hand legte sich um ihren Kopf und er beugte sich vorsichtig zu ihr hinunter. Hauchzart strichen seine Lippen über ihre. Dann trat er einen Schritt zurück, setzte sich auf die Bettkante und hielt ihr seine Hand hin. »Komm näher.« Als sie nicht sofort reagierte, fügte er hinzu: »Bitte.«
Sie schaffte es nicht, ihm zu widerstehen, besonders wenn es genau das war, was sie auch selbst wollte. Schließlich war sie extra hierhergekommen, um ihm nahe sein zu können. »Ich möchte dich nicht verletzen, Jay.«
»Das tust du nur, wenn du so weit weg bist.«
Mit einem Seufzer stellte sie sich dicht vor ihn. »So besser?«
»Ja.« Jay legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie noch näher. Seine unverletzte Wange legte er gegen ihre Brust und schloss die Augen.
Ihr Herz schlug schneller, als sie seinen warmen Atem durch ihr T-Shirt spürte. Vorsichtig strich sie mit ihren Fingern durch seine Haare. »Deine Frisur steht dir wirklich gut, aber ich vermisse ein wenig den Rebell.«
Ein dumpfes Lachen vibrierte an ihrer Brust. »Der ist immer noch da, glaub mir.«
Ja, das glaubte sie ihm unbesehen. Eine Weile standen sie so da, ohne sich zu bewegen oder zu sprechen. Schließlich stieß Jay einen weiteren Seufzer aus und löste sich von ihr. Er hauchte einen Kuss auf ihre Brustspitze. »Danke, das habe ich gebraucht.«
Ihre Lippen zitterten, als sie lächelte. »Ich auch.« Um ihm nicht zu zeigen, wie sehr er sie aus dem Gleichgewicht gebracht hatte, redete sie rasch weiter. »Wie lange musst du noch hierbleiben?«
Jays Miene verdüsterte sich. »Ein paar Tage noch, danach komme ich wegen der Hand mehrere Wochen in eine Reha-Klinik, die auf Brandwunden spezialisiert ist.« Er blickte auf seine verbundenen Finger. »Sie werden versuchen, die vollständige Beweglichkeit wiederherzustellen.«
»Oh Gott, Jay …«
Er unterbrach sie. »Sag es nicht. Wir hatten doch abgemacht: keine Entschuldigungen und keinen Dank.«
»Das war aber eine andere Situation! Ich kann nicht …« Sie presste eine Hand auf ihren Mund.
»Im Moment will ich nur dein Versprechen, dass du auf mich wartest, bis ich wieder da bin, Joss.« Jays dunkle Augen blickten sie durchdringend an.
»Ich … ich kann nicht. Wenn Jones und Stapleton nicht geschnappt werden, werde ich wohl wieder untertauchen müssen. Dann kann ich dich nicht wiedersehen, so gerne ich das auch möchte.«
»Warum lassen wir
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