Trügerisches Spiel (German Edition)
Ma’am.«
Jocelyn nickte ihm zu. »Danke.«
Mit Kevin neben ihr ging sie die Treppen hinauf, nachdem sie den Polizisten klargemacht hatte, dass sie auf keinen Fall in einen Fahrstuhl steigen würde. Die Aufregung steigerte sich, je näher sie Jays Krankenzimmer kam. Wie würde er darauf reagieren, sie wiederzusehen? Hoffentlich hatte sie sich seine Gefühle für sie nicht nur eingebildet, denn sie konnte sich nicht vorstellen, ihn deshalb zu verlieren. Wobei die Hauptsache natürlich war, dass er sich ganz von seinen Verletzungen erholte. Jocelyn schüttelte den Kopf. Wie schaffte er es nur immer, sie so durcheinanderzubringen? Sowie sie nur an ihn dachte, war sie zu keinem klaren Gedanken mehr fähig und ihre Gefühle schwappten in alle Richtungen.
Kevins Hand schob sich in ihre und drückte sanft. Anscheinend war sie so offensichtlich, dass er dachte, sie beruhigen zu müssen. Womit er völlig Recht hatte. Dankbar erwiderte sie den Druck, bevor sie durch die Treppenhaustür trat, die ihr einer der Polizisten aufhielt. So unauffällig wie möglich gingen sie den Flur zu der abgetrennten Verbrennungsstation entlang, in der Jay lag. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen, ihre Hände wurden feucht. Es war ihr ein Rätsel, wie Jay es schaffte, solche Gefühle in ihr auszulösen, früher war sie immer ein Kopfmensch gewesen. Die Polizisten stellten sich zu beiden Seiten der Tür auf und nickten ihr zu.
Nach einem tiefen Atemzug klopfte Jocelyn kurz an die Tür und öffnete sie dann. Ihre Augen weiteten sich, als sie Jay nur mit einer Unterhose bekleidet auf der Kante seines Bettes sitzen sah. Er blickte auf und ein Ausdruck von Erleichterung huschte über sein Gesicht, dicht gefolgt von Wärme.
»Joss.« Seine Stimme klang rauer als gewöhnlich.
Sie vergaß alles andere und eilte auf ihn zu. Dicht vor ihm blieb sie stehen, doch sie berührte ihn nicht, aus Angst, an eine seiner Verletzungen zu stoßen. An seiner linken Hand war noch ein Verband, sein rechter Arm dagegen war nackt, einige wenige verheilende Brandwunden deutlich sichtbar. Glücklicherweise schienen sie nicht so schlimm zu sein, aber Jocelyn glaubte trotzdem, die Schmerzen am eigenen Körper zu fühlen. Dass Jay sie überhaupt noch anlächelte, nach allem, was er ihretwegen erlitten hatte, war ein Wunder. Ihr Blick glitt über sein Gesicht, dessen eine Seite immer noch leicht geschwollen war. Aber auch diese Verletzung schien zu heilen.
Jocelyn hob eine zitternde Hand und legte sie an seine gesunde Wange. »Jay.« Sie wollte ihm sagen, wie leid ihr alles tat, aber die Worte blieben in ihrer Kehle stecken. Tränen schossen in ihre Augen.
Jay legte seine unverletzte Hand über ihre. »Hey, es gibt keinen Grund, zu weinen. Wir leben noch.«
Mühsam schluckte sie die Tränen hinunter. »Aber du bist so schwer verletzt …« Sie brach ab, als seine Finger ihre Lippen berührten.
»Das war es wert.« Er blickte um sie herum. »Hallo Kevin.«
Erst jetzt erinnerte sie sich wieder daran, dass ihr Bruder ebenfalls in den Raum getreten war. Sie drehte sich zu ihm um und sah, dass er bei der Tür wartete.
Kevin trat vor. »Hallo Jay. Wie geht es dir?«
Jay hob eine Schulter. »Gut. Die Verletzungen heilen langsam, es werden vermutlich nur ein paar Narben davon zurückbleiben.«
Nur . Wie konnte er darüber reden, als würde es ihm nichts ausmachen? Seine Hand … wenn er Pech hatte, würde er sie nie wieder so wie früher benutzen können. Das musste ihn schmerzen. Schon jetzt sah er völlig anders aus, irgendwie … härter. Mit der Hand fuhr sie über seine kurz rasierten Haare.
Jay duckte den Kopf. »Die Haare waren angesengt und rochen dermaßen nach Rauch, dass sie abmussten.«
»Du siehst Clint und Shane jetzt viel ähnlicher.« Seine Brüder, die sie in den ersten Tagen hier im Krankenhaus kennengelernt hatte, hatten beide kurze schwarze Haare. Nachdem die helleren Spitzen bei Jay abgeschnitten waren, kamen seine braunen Haare mehr zur Geltung.
Unsicher blickte Jay sie an. »Ist das gut oder schlecht?«
Jocelyn verdrehte die Augen. Die Narben interessierten ihn nicht, aber bei seinen Haaren war er anscheinend empfindlich. »Gut, natürlich. Außerdem wachsen die Haare ja wieder nach.« Sie blickte über seine Schulter und atmete scharf ein. Auch an seinem Rücken hatte er einige Brandwunden. Dort, wo sich die alte Haut bereits gelöst hatte, schimmerte neue rosafarbene hindurch. »Oh, Jay.«
Abrupt stand er auf, seine Miene wirkte
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