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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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den Mitgliedsstaaten hatten nur
wenige Politiker einen Einblick in das volle Geschehen. Dass es in all den Jahren
gelungen war, ›Projekt Echo› unter Verschluss zu halten, grenzte fast schon an
ein Wunder. Darüber zeigte sich jetzt auch der Verteidigungsminister zufrieden
und appellierte an seine Zuhörer, auch nach Abschluss des Vorhabens nichts
davon nach außen dringen zu lassen. »Die Geheimdienste«, so fuhr er fort, »haben
enorme Arbeit geleistet. Dafür gebührt ihnen Dank und Respekt.« Er räusperte
sich und griff zu seinem Wasserglas. »Der CIA – und mag er noch so sehr in der
Kritik stehen, meine Herrn – er hat entscheidenden Anteil daran, dass wir seit
nahezu vier Jahren wussten, welch großes Interesse von Seiten terroristischer
Kreise an ›Projekt Echo‹ bestand. Es gab absolut sichere Hinweise darauf, dass
zur vergangenen Jahreswende ein Anschlag mit dem Ziel geplant war, all unsere
Anlagen zu vernichten. Wie Sie wissen, haben wir zwei arabische Top-Agenten
kontinuierlich über Jahre hinweg, genau genommen schon seit Frühjahr 2000,
regelmäßig kontaktiert – dank zweier Mitarbeiter des militärischen
Abschirmdienstes, die in gleicher Weise mit dem CIA in Kontakt standen. Das war
eine äußerst gefährliche Aufgabe und hätte, wären sie von der Gegenseite als
Doppelagenten entlarvt worden, für die beiden den sicheren Tod bedeutet.«
    Betretenes Schweigen. Der Minister fuhr
mit dem Tonfall absoluter Seriosität fort: »Wir hatten Glück, dass die Medien
nicht auf die Panikmache einiger Amateure angesprungen sind, die insbesondere
im Internet die wildesten Theorien über einen sogenannten Brummton verbreitet
haben.« Der Politiker blickte wieder in die Runde. »Ich hatte Ihnen darüber
bereits berichtet.« Er blätterte in seinen Unterlagen. »Es hat dennoch einige
Zwischenfälle gegeben, auch das wissen Sie. Die Dienste haben auf ihre Weise
reagiert, ganz professionell, das muss man anerkennen, und haben dafür gesorgt,
dass Schaden von unserem Projekt abgewandt wurde.«
    Die Männer in der Runde waren viel zu sehr
Experten, als dass sie nicht gewusst hätten, was sich hinter diesen
vorsichtigen Formulierungen verbarg: Schaden abwenden, das bedeutete im Jargon
der Diplomaten, mit allen Mitteln gegen Gegner vorzugehen. Mit wirklich allen –
und natürlich solchen, die kein Aufsehen verursachten und auch die Polizei und
Staatsanwaltschaft nicht aufscheuchten. Und wenn doch, dann musste das
Bundes-Innenministerium und wenn’s gar nicht mehr anders ging, das
Bundes-Justizministerium die Wogen glätten. Hauptsache, die Medien bekamen
keinen Wind davon. Nach außen hin würde man jedenfalls alles abstreiten. Aber
was dies anbelangte, da hatten die Regierungen dieser Welt, unabhängig
jeglicher politischer Weltanschauung, längst geübte Experten. Der Minister fuhr
sachlich fort: »Das Pentagon hat nun offiziell bestätigt, worüber es jedoch
keine öffentliche Verlautbarung geben wird: Das Ziel des Irak-Krieges sei zur vollsten
Zufriedenheit erreicht, die Anlagen allesamt zerstört.« Auch ohne sie zu
beschreiben, war den Zuhörern klar, worum es ging. Für ›Projekt Echo‹ gab es
keine Konkurrenz mehr. Sollte doch die Weltöffentlichkeit weiterhin in dem
Glauben bleiben, es habe überhaupt keine Massenvernichtungsmittel gegeben.
     
    Sonntag, 7. März 2004.
    Linkohr hatte an diesem Sonntag frei. Es hatte ihn in den
vergangenen Wochen maßlos geärgert, den Fall Blühm nicht mehr mit der
notwendigen Energie weiterverfolgen zu können. Der Objekt- und Personenschutz
lähmte das Tagesgeschäft. In Geislingen waren sie froh, wenigstens noch die
übliche Kleinkriminalität protokollieren zu können – von Fahndungs- und
Ermittlungsmaßnahmen ganz zu schweigen. Linkohr telefonierte zwar regelmäßig mit
Häberle, der in der Kreisstadt Göppingen in theoretische Schreibtisch-Arbeit
zum Thema Terrorismus versunken war, doch mochten sie beide nicht mehr daran
glauben, die Brummton-Sache klären zu können.
    Dennoch zeigte sich Häberle ungebrochen
optimistisch. Bei ihrem letzten Telefongespräch, das sie am Freitag geführt
hatten, wurde der Kriminalist ganz vertraulich: »Wenn Sie schwören, es für sich
zu behalten, Kollege, dann sag ich Ihnen jetzt etwas.« Er wartete keine Antwort
an, sondern sprach es aus: »Es ist mir gelungen, am übernächsten Wochenende
frei zu nehmen. Ich fahr sozusagen mit dem Wohnmobil ins Weekend.« Pause in der
Leitung.
    »Sie fahren nach Lugano.«
    Häberle

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