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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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zum anderen gerade so viel Spekulation und
Theorien, dass auch der liberal eingestellte Redaktionsleiter Roderich Kraus,
der von mysteriösem Hokuspokus reichlich wenig hielt, damit leben konnte.
     
    Der Artikel in der Silvester-Ausgabe schlug ein wie eine Bombe.
Plötzlich war nicht nur an den Stammtischen, sondern überall im
Verbreitungsgebiet der  ›Geislinger Zeitung‹ der Vermisstenfall wieder ein
Thema. Gleich am frühen Morgen, als Sander noch mit seiner Lebensgefährtin
Doris beim Frühstück saß, rief Brobeil an und brachte seine Verwunderung
darüber zum Ausdruck, dass offenbar Steinbachs Tod noch nicht bis zu den Medien
durchgedrungen war. Sander ärgerte sich darüber – vor allem aber, dass ihm
Häberle nichts gesagt hatte.
    »Und natürlich ist’s wieder ein ganz
normaler Unfall«, meinte der Theologe mit Ironie in der Stimme, »was auch
sonst? Thomas sei im Suff gefahren, 1,9 Promille – und dann gegen einen Baum
geprallt.« Brobeil machte eine Pause. »Thomas hat nie getrunken, wenn er
gefahren ist. Ich sag Ihnen, Herr Sander, die Sache ist oberfaul.«
    Der Lokaljournalist bedankte sich für den
Hinweis und wählte sofort die Nummer der Ulmer Polizeipressestelle. Dort wurde
ihm zugesagt, dass man ihm die offizielle Pressemitteilung zu besagtem Unfall
an die Privatadresse mailen werde. Wenig später hatte Sander in seinem kleinen
Büro, das in der Eckschräge des Dachbodens eingerichtet war, den Computer
hochgefahren und das E-Mail erhalten. Tatsächlich: Eine Sechszeilen-Meldung
über einen selbstverschuldeten tödlichen Unfall unter Alkoholeinwirkung unweit
von Blaubeuren im Alb-Donau-Kreis.
    Sander überlegte. Dann entschied er sich,
den Kommissar daheim anzurufen – Silvester hin, Silvester her. Häberle meldete
sich mit leicht belegter Stimme und staunte einigermaßen über den unerwarteten
Anruf. »Ich hab gerade in der NWZ Ihren Reißer zum Jahresende gelesen«,
frotzelte der Ermittler, »was zum Teufel hat Sie geritten, so ein Ding
loszulassen?« Irgendwie klang ein bisschen Verärgerung in der Stimme Häberles.
    »Na ja, so falsch werd ich wohl nicht
liegen«, entgegnete Sander und wies darauf hin, dass er ja wohl lange genug
stillgehalten habe – viel zu lange für den Geschmack der Abonnenten.
    »Es hat in Ihrer Story bloß noch der
Hinweis auf schreckliche terroristische Verflechtungen gefehlt.«
    »Gibt’s die denn?«
    »Na ja«, jetzt hörte sich der Ermittler
wieder an, wie immer, wenn er sein Gegenüber mit süffisanten Bemerkungen in die
Enge trieb, »was weiß ich? Sie sind doch schließlich der Story-Schreiber. Mich
hat gewundert, dass Sie hinter allem nicht auch noch die schrecklichen
Massenvernichtungsmittel vermuten, die bisher keiner gefunden hat.«
    Sander fühlte sich auf den Arm genommen. »Ist
es denn so?« fragte er ein bisschen naiv nach.
    »Bester, Herr Sander, ich kann Ihnen, ganz
unter uns und ganz vertraulich, verstehen Sie das, nur so viel sagen, dass die
Geschichte verdammt heiß ist. Ehrlich – verdammt heiß.«
    »Also doch ein Riesending mit Blühm?«
Sander hatte den vorausgegangenen Satz Häberles wörtlich mitgeschrieben.
    »Die Sache verträgt das Schnaufen nicht«,
entgegnete der Kriminalist, womit er sagen wollte, dass sie größter
Geheimhaltung unterlag. »Sie sollten aufpassen, dass Sie sich die Finger nicht
verbrennen. Und das ist ein guter Rat von mir.«
    Sander staunte. So hatte er Häberle noch
nie erlebt. Und er kannte ihn schon lange.
    »Wenn wir in ein paar Wochen ausführlich
drüber reden, werden Sie verstehen, warum ich dies sage«, fuhr der Kriminalist
mit sonorer Stimme fort. »Sie waren doch bei diesem Steinbach schon selbst
dicht dran. Verdammt dicht dran sogar. Ich sag Ihnen, Herr Sander: Das ist kein
Kriminalspiel. Das ist bitterer Ernst.«
     
    Mike Linkohr, der zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag
mehrfach in den öden Objektschutz eingeteilt war, hatte sich für das
stundenlange Ausharren im weißen Dienst-Audi eine spannende Lektüre besorgt.
Während sein Kollege auf dem Beifahrersitz einen Kriminalroman verschlang, studierte
der junge Kriminalist Einsteins Relativitätstheorie. Keine einfache Lektüre,
aber immerhin hatte er ein Buch gefunden, in dem sie einigermaßen laienhaft
verständlich und anhand von Beispielen dargelegt wurde.
    An diesem Dreikönigstag, dem 6. Januar 2004,
mussten die beiden Männer den ganzen Nachmittag über die militärische
Funkanlage bei Hohenstadt im Auge behalten. Sie hatten den Wagen

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