Trugschluss
den
berechtigten Interessen der USA und der gesamten freien Menschheit.
»Nichts weiter, als dass Sie sich
verpflichten, über unser Gespräch Stillschweigen zu bewahren, sollten Sie hiermit
bestätigen«, erklärte Armstrong voller Überzeugung. Er hatte inzwischen dreimal
umgeblättert, weil der Text so ausführlich war, und Jens jetzt einen
Kugelschreiber gereicht, mit dem er Name, Adresse und Geburtsdatum einfügen und
unten rechts unterschreiben sollte. Der junge Mann überflog noch einmal den
Text, um sicherzugehen, dass er sich zu nichts anderem, als zu Stillschweigen
verpflichtete, notierte die geforderten Daten darunter und besiegelte es mit
seiner Unterschrift. Diese war, das erkannte er selbst, ein bisschen zittrig.
Armstrong nahm das Dokument wieder an sich
und zeigte sich zufrieden: »Willkommen im Team, Mister Vollmer.«
10
In Geislingen, wo das Wetter noch eher an Winter, als an Frühling
erinnerte, liefen an diesem Nachmittag die Ermittlungen auf Hochtouren. Bei der
Sonderkommission im Lehrsaal des Polizeigebäudes beschlich Häberle langsam das
ungute Gefühl, an Grenzen zu stoßen. Selten hatte er einen Fall gehabt, der so
wenige Anhaltspunkte bot, wie dieser. Es gab keine Spuren, nicht die
geringsten. Auch Lautsprecher-Durchsagen in den umliegenden Orten, in
Hohenstadt selbst, in Nellingen sowie Ober- und Unterdrackenstein und auf dem
großen Campingplatz, der sich in unmittelbarer Nähe der Funkstation den Hang
hinab erstreckte, waren ohne konkrete Zeugenhinweise geblieben. Niemandem war
offenbar der schwarze Golf aufgefallen, niemand hatte etwas gehört oder
gesehen.
Eine weitere Durchsuchung des Geländes rund um die Fundstelle –
mit einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei, einer Hundestaffel und einem
Hubschrauber – erbrachte nichts Neues. Häberle hatte noch gehofft, dass man
Autokennzeichen finden würde. Denn es war äußerst unwahrscheinlich, dass der
gestohlene Golf ohne Schilder aus der Schweiz hierher gefahren wurde.
Der Einzige, der offenbar etwas gesehen
hatte, war dieser Willing aus Hohenstadt. Doch der, so ließ sich Häberle von
Walda berichten, machte nicht gerade einen überzeugenden Eindruck. Der Leiter
der Sonderkommission musste sich mit dem Gedanken vertraut machen, seinen
Vorgesetzten in Göppingen, Helmut Bruhn, vom spärlichen Ermittlungsergebnis zu
informieren. Darüber würde dieser nicht sonderlich begeistert sein. Doch das
war Häberle egal.
Die Lautsprecher-Durchsagen in den Alb-Gemeinden hatten inzwischen
eine breite Öffentlichkeit auf den Fall aufmerksam gemacht. Göppingens
Polizei-Pressesprecher Uli Stock, der bis dahin beharrlich geschwiegen und
keine Verlautbarung an die Medien weitergegeben hatte, weil er die ersten
Erkenntnisse abwarten und den Kollegen draußen keinen Journalisten-Rummel
zumuten wollte, war überrascht, wie lange auch der örtliche Polizeireporter
Georg Sander dieses Mal brauchte, bis er von dem Leichenfund erfuhr.
Ziemlich sauer hatte Sander, bei der
›Geislinger Zeitung‹ seit Jahr und Tag für Kriminalfälle zuständig, kurz nach
zwölf versucht, Stock in Göppingen telefonisch zu erreichen. Doch der war
gerade pünktlich in die Mittagspause entschwunden, sodass der Journalist andere
Quellen anzapfen musste, die er verständlicherweise nie verraten würde. So
erfuhr er, natürlich viel zu spät, um das Geschehen in Hohenstadt noch
verfolgen zu können, was sich am Vorabend auf der Albhochfläche abgespielt
hatte.
Für ihn bedeutete dies Hektik: Er musste
jetzt in aller Eile seine Informationen sammeln, zumal er sich nie allein auf
die erfahrungsgemäß dürren Worte der offiziellen Pressemitteilungen verließ.
Sander, um die 50, aber eigentlich viel jünger wirkend, das volle blonde Haar
meist zersaust, hatte bei seinen Telefonaten, wie immer durch das große Redaktionsfenster
auf den Turm des historischen Alten Rathauses hinausgeblickt und den Tauben
zugeschaut, die an solchen Frühlingstagen kräftig auf den Dachrinnen und
Mauervorsprüngen der umliegenden Gebäuden turtelten.
Dann rief Sander, dessen Kollegen auch
nach und nach in die Mittagspause gegangen waren, seinen Fotografen-Kollegen
Peter Miele, der sich meist bis 13 Uhr mit seinen Computern und
Bildbearbeitungsprogrammen abmühte.
Augenblicke später saßen sie in dem weißen
Redaktions-Polo, den stets Miele steuerte.
Hohenstadt erreichten sie quer über die
Albhochfläche auf einem Schleichweg, ohne die viel befahrene B 466 durchs
sogenannte
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