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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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fragte einer der Spurensicherer, dem es so
schien, als sei es dem Kriminalisten schlecht geworden.
    »Da haut’s dir’s Blech weg«, kommentierte
Linkohr, der inzwischen die Brisanz dieses Fundes ebenfalls erkannt hatte.
    »Dieses Zeugs da«, entschied Häberle, »sind
äußerst wichtige Beweismittel. Es kann sein, da kleben noch Spuren dran, die
über drei Jahre alt sind.«
    Die Beamten in ihren Schutzanzügen
wussten, was dies hieß: Äußerste Sorgfalt, sofort alles in luftdichte Folien
verpacken und ins Labor des Landeskriminalamts bringen.
    Häberle konnte den Anblick noch immer
nicht fassen. Während die Spurensicherer ihre Geräte und Utensilien holten,
entfernte sich der Kommissar, gefolgt von Linkohr, nur langsam von dem
Fahrzeug.
    »Das muss ich erst mal verdauen«, sagte
der Chef-Ermittler.
    »Damit ist wohl eines klar«, meinte sein
junger Kollege, »wir haben nicht mehr drei separate Fälle – sondern nur noch
einen einzigen.«
    Häberle ging nachdenklich zu dem Mercedes
zurück. »Jetzt brauchen wir eine Sonderkommission.« Noch vom Fahrersitz aus
griff er zu seinem Handy und rief den grandelnden Bruhn auf dessen Privatnummer
an. Die Sache nahm eine solche Dimension an, dass der Chef in Göppingen
informiert werden musste. Er erreichte ihn auf Anhieb, doch war das Gespräch
bereits nach zwei Minuten wieder beendet. Bruhn erklärte, er werde sofort das
Nötige veranlassen und ein halbes Dutzend Beamte zur Außenstelle nach
Geislingen beordern. Für sie war der erste Advent im trauten Familienkreise
damit vorbei, dachte Häberle. Für ihn aber endgültig auch.
     
    Sander hatte den Eindruck, dass der Sonntag nicht vergehen wollte.
Immerhin war es ihm gelungen, den Artikel über den Steinenkircher Fall
einigermaßen ungestört vollends zu beenden. Er war als Aufmacher für die
Montagsausgabe geplant. Die Routinearbeit, so stellte der Journalist gegen halb
sieben am Abend zufrieden fest, war relativ glimpflich verlaufen. Und auch
keiner der geschwätzigen, freien Mitarbeiter hatte ihn allzu lange aufgehalten.
Aber diese wussten längst, dass er sonntags praktisch nicht ansprechbar war.
    Er rief seine Lebensgefährtin Doris an und
erklärte, dass er gleich nach der Arbeit »auf die Alb fahren werde«, um diesem
Steinbach einen Besuch abzustatten. Doris hatte dies geahnt. Sie kannte Georg
gut genug, um zu wissen, dass er nicht ruhen würde, bis er herausgefunden haben
würde, was da gespielt wurde. »Sei bitte vorsichtig«, bat sie ihn, »ruf mich
von unterwegs an.« Er versprach dies.
    Sein mehrfacher Versuch, mit Häberle
plaudern zu können, schlug fehl. Bei der Geislinger Kripo hatte er ihn zwar
kurz an die Strippe bekommen, aber sogleich bemerkt, dass er nicht locker sprechen
konnte. So beschloss der Journalist, sich einmal selbst vor Ort kundig zu
machen. Kurz nach 19 Uhr, als die Glocken der Stadtkirche läuteten, rief er
Steinbach in Blaubeuren an, um sich anzukündigen. Erleichtert stellte er fest,
dass der Mann ans Telefon ging und bereit war, seine Geschichte zu erzählen.
    Der November-Abend war ungewöhnlich
dunkel. An der Albkante saßen die Wolken auf, Nieselregen hing in der Luft. In
Geislingen brannte die Weihnachtsbeleuchtung, als Sander über die Türkheimer
Steige die Hochfläche erreichte, wo die Sicht gerade mal von einem Leitpfosten
zum anderen reichte.
    Während er in einer kriechenden Kolonne
auf Merklingen zustrebte, wo er die Autobahn A 8 querte, meldete sich sein
Handy, das er in einer Innentasche seines dicken Jacketts stecken hatte. Er
drehte das Radio leise, fingerte mit der rechten Hand nach dem Telefon und
hielt es verbotenerweise ans Ohr. Es war Brobeil, dem er gestern seine
Visitenkarte mit all seinen Telefonnummern gegeben hatte.
    »Thomas hat gesagt, dass Sie auf dem Weg
zu ihm sind«, hörte Sander den Anrufer sagen.
    Die Kommunikation zwischen dieser Gruppe,
dachte der verblüffte Journalist, funktionierte ja offenbar bestens. »Stimmt«,
erwiderte er deshalb und hatte Mühe, sich auf Straße und Gespräch gleichermaßen
zu konzentrieren. Instinktiv blickte er in den Rückspiegel, um nach einer
Polizeistreife Ausschau zu halten, die ihn wegen verbotenen Telefonierens
anzeigen könnte. Doch in dieser November-Finsternis würde dies niemand sehen.
    »Danke, dass Sie das für uns tun«, sagte
der Theologe, »aber ich möchte Ihnen den guten Rat geben, Herr Sander, nehmen
Sie das nicht auf die leichte Schulter.«
    Der Journalist nahm das Gas weg, denn die
Kolonne vor ihm

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