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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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wurde langsamer. Weil die Pause viel zu lange dauerte, hakte die
Stimme im Handy nach: »Sind Sie noch da?«
    »Ja, ja«, bestätigte der verdutzte
Journalist, »natürlich.« Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte.
    »Wir möchten nicht, dass es noch mehr Tote
gibt«, presste Brobeil sichtlich erschüttert hervor.
    Sander schluckte. Er hielt vergeblich nach
einem Parkplatz Ausschau. Aber seit sie hier auf der kargen Hochfläche um jedes
kleine Dorf eine Umgehungsstraße gebaut hatten, gab es so gut wie keine
Möglichkeit mehr, kurz mal anzuhalten. Sander behielt die Lichter eines
vorausfahrenden Opels im Auge. Der Mann hatte tatsächlich etwas von Toten
gesagt. Von mehreren?
    »Wie bitte? Was sagen Sie da?«,
vergewisserte er sich.
    »Es hat einen Toten gegeben«, berichtete
Brobeil, »hat man uns vor einer halben Stunde gesagt. Auf der Straße, auf der
Sie wohl gerade fahren. Wo sind Sie denn?«
    Sander war irritiert und schaute wieder in
die Rückspiegel. »Hinter Merklingen, Machtolsheim oder so, weiß nicht«,
stammelte er wie ein verängstigter Schuljunge.
    »Wer ist denn … gestorben?«, fragte er
vorsichtig.
    »Umgekommen«, berichtigte Brobeil, »ein
Mann, wir haben ihn nicht gekannt. Aber als unsere Leute in Münsingen heute
Mittag von dem Unfall erfahren haben, sind sie hellhörig geworden. Bei dem
Toten handelt es sich um einen Zivil-Beschäftigten des Truppenübungsplatzes.«
Sander erschrak, weil er plötzlich viel zu dicht auf den Vordermann aufgefahren
war.
    »Und wie heißt der?«, fragte er zurück, »muss
man den kennen?«
    »Glaub nicht«, sagte Brobeil, »der Mann
heißt Kirchner, Stefan.« Es folgte eine kurze Pause. »Aber Sie haben doch von
Blühm gehört«, fuhr die Stimme im Handy weiter fort, »dieser Kreisrat.«
    »Ja – klar …«, bestätigte Sander.
    »Das ist auch einer von uns.«

46
     
    Kommissar August Häberle fühlte sich ausgelaugt, als er sich an
diesem späten Sonntagabend von den Kollegen der Sonderkommission verabschiedete
und von Geislingen heimwärts fuhr. Der Verkehr staute sich wie immer, die
Lichter spiegelten sich auf dem nassen Asphalt. Er konnte sich des Eindrucks
nicht erwehren, keine handfesten Ansatzpunkte zu haben. Alles schien irgendwie
im Nebel zu verlaufen und in die Vergangenheit zu zielen. Wieso hatte dieser
Blühm diese Nummernschilder und den Kanisterverschluss so lange im Kofferraum
liegen? Wenn er es war, der damals den Mord begangen hatte, dann wäre ein
solches Verhalten doch äußerst gefährlich gewesen. Man hätte jederzeit bei
einer Fahrzeugkontrolle auf diese Gegenstände stoßen können, überlegte Häberle.
Außerdem war der Wagen vor drei Tagen gestohlen – oder besser: Zumindest von
Blühm selbst als gestohlen gemeldet worden.
    Während er wieder an einer der unzähligen
Rotlicht-Ampeln stoppte, kam ihm eine Idee. Er würde heute Abend noch seinen
ehemaligen Kollegen beim Verfassungsschutz anrufen, der ihn erst vor ein paar
Tagen auf den Hohenstadter Erfinder Willing hingewiesen hatte. Wenn es zu
diesem Brummton etwas zu sagen gab und tatsächlich ein heimlicher Zusammenhang
mit dem Truppenübungsplatz Münsingen oder anderen Bereichen bestand, dann würde
es Eugen Bönsch – so hieß der Kollege – ganz sicher wissen. Die Fahrt nach
Hause dauerte mal wieder über eine dreiviertel Stunde. Häberle parkte den
weißen Dienst-Mercedes in die enge Hofeinfahrt ein und spürte die eisige Kälte,
als er ausstieg und die paar Schritte zur Haustür ging. Drinnen schlug ihm
behagliche Wärme und der angenehme Duft eines würzigen Abendessens entgegen.
Seine Frau kam ihm in der Diele entgegen und umarmte ihn. »Schön, dass es heute
mal früher geklappt hat«, sagte die schlanke Frau, deren lockige Haare bis zu
den Schultern reichten. Sie trug eine moderne Kochschürze, drückte dem
Kommissar einen Kuss auf die Wange und verschwand wieder in Richtung Küche. »Dein
Lieblingsessen«, hörte er sie sagen – und wusste, was es geben würde:
Fleischküchle, Kartoffelbrei und Spätzle. Ein kräftiges Essen nach einem
anstrengenden Tag. Häberle zog seinen dicken Pulli aus und erklärte seiner
Frau, dass er noch schnell ein wichtiges Telefongespräch führen müsse. »Ist ein
Hefeweizen im Kühlschrank?« fragte er beiläufig und bekam ein »ja« zu hören.
    In seinem kleinen Büro, das gerade mal
Platz für einen Schreibtisch und einen Aktenschrank bot, ließ er sich auf den
Ledersessel sinken. Irgendwo hatte er die Telefonnummer des ehemaligen

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