Trust Me - Blutiges Grauen
ihn. “Er hat ihre Telefonleitung gekappt, ist in ihr Haus eingebrochen und wollte sie töten. Sie hat ihn in Notwehr erschossen.”
Noah schüttelte den Kopf. “Das soll wohl ein Witz sein.”
“Nein.”
“Was hatte er denn gegen Miss Kellerman?”
“Ich habe gehofft, Sie könnten mir das sagen.”
“Ich habe keine Ahnung.”
“Sie haben ihn nicht dafür bezahlt, dass er es tut?”
Sein Gesicht wurde vor Schock und Ärger knallrot. “Wollen Sie sich über mich lustig machen? Jetzt glauben Sie,
ich
wäre ein Killer?”
“Skye weiß von Ihrer Affäre mit Jane.”
Noah lehnte sich zu ihm vor und betonte jede Silbe. “Und meine Frau weiß es auch. Ich habe mit Jane Schluss gemacht und ihr alles gestanden.” Er machte eine hilflose Handbewegung. “Ich bin mit diesem Schuldgefühl nicht mehr klargekommen. Es wäre furchtbar, wenn meine Eltern und mein Bruder erfahren, was ich getan habe … aber vielleicht sollte ich es ihnen auch sagen. Das ist wahrscheinlich der einzige Weg, um wirklich reinen Tisch zu machen.”
David war zu überrascht, um gleich darauf zu antworten.
“Wenn Sie mir nicht glauben, können Sie Wendy fragen. Wollen Sie reinkommen und sie auf ihrem Handy anrufen?”
David betrachtete ihn eingehend. “Nein, nicht nötig”, sagte er dann und wandte sich zum Gehen um.
“Ich werde es ihnen sagen”, rief ihm Noah hinterher. “Die ganze Familie soll es erfahren!”
David drehte sich um, bevor er sein Auto erreicht hatte. “Tun Sie das nicht!”
“Warum nicht? Ich halte diese Geheimniskrämerei nicht länger aus! Es wird Zeit, mit der Vergangenheit zu brechen und neu anzufangen.”
“Sie bringen Jane in Gefahr, wenn Sie das tun!”, warnte ihn David, aber er erntete nur eine wegwerfende Handbewegung. “Ich meine es ernst!”
“Mein Bruder ist unschuldig!” Noah verschwand im Haus und knallte die Tür zu.
David fuhr nicht sofort los. Er blieb noch einen Moment in seinem Wagen sitzen. Sollte er noch einmal zurückgehen? Versuchen, Noah zu überzeugen? Ihm klarmachen, dass er Jane
wirklich
in Gefahr brachte? Er wäre wieder ausgestiegen – aber er wusste, dass es keinen Zweck hatte. Er bezweifelte, dass Noah ihm überhaupt noch einmal öffnen würde. Er glaubte einfach nicht, dass sein Bruder Jane oder ihm etwas antun würde, dass er überhaupt zu einer solchen Grausamkeit fähig wäre. Nichts, was David sagte, würde das ändern.
David beschloss, wenigstens Jane zu warnen. Nur für den Fall, dass Noah ihr diesen Gefallen nicht tat. Aber sie war nicht mehr im Laden, und bei ihr zu Hause meldete sich nur der Anrufbeantworter. David wollte keine Nachricht hinterlassen, die Burke ebenfalls hören konnte. Deshalb legte er auf und nahm sich vor, es später noch einmal zu versuchen.
21. KAPITEL
J etzt, wo sie sich gegenüber standen, stellte Oliver fest, dass der Mann, den er übers Internet angeheuert hatte, gar kein Mann war. Oliver konnte nicht gerade Preise damit gewinnen, das Alter von Leuten zu schätzen. Aber dieser Junge hier war kaum siebzehn, wenn überhaupt. Er hatte mehr Pickel im Gesicht als Barthaare. Sein Haar war offensichtlich schon eine Weile nicht mehr gewaschen worden und fiel ihm bis auf die Schultern. Passend zu seinem Kindergesicht trug er eine Zahnspange, dazu Baggy-Jeans und ein Sex-Wax-T-Shirt.
“Haben Sie das Geld?”, sagte der Junge. Er hatte Oliver warten lassen, während er auf seinem Handy telefonierte. Jetzt war das Gespräch beendet und er offensichtlich bereit, zum Geschäftlichen überzugehen.
Inzwischen verstand Oliver, warum ihn sein “Ermittler” aus dem Internet auf der Straße treffen wollte: Er besaß gar kein Büro. Wahrscheinlich lebte er bei seinen Eltern und verbrachte die meiste Zeit eingeigelt in seinem Zimmer, wo er Dinge am Computer tat, von denen sie nichts ahnten.
“Ja, ich habe es”, sagte Oliver. Er hatte Janes Ehering versetzen müssen, ein Erbstück ihrer Großmutter, um das nötige Geld heranzuschaffen. Aber der Ring passte ihr sowieso nicht mehr. Sie war zu fett geworden. Ihre Schmuckkassette hatte sie schon ewig nicht mehr angerührt. “Die Frage ist … Hast du das, was
ich
will?”
“Natürlich, habe ich Ihnen doch versprochen, oder nicht?” Der Junge griff in seine Tasche und zog ein Stück Papier heraus, das er zu einem kleinen Viereck zusammengefaltet hatte. “Es ist hier.”
“Lass mich mal sehen.”
Der Grünschnabel, den Oliver lediglich unter seiner E-Mail-Adresse kannte, reichte ihm ohne zu
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