Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Victory-Tour die letzte große Einnahmequelle für alle Brüder gewesen. Und so sah sich Michael ständig mit irgendwelchen Forderungen konfrontiert, die im Namen der Familie an ihn gestellt wurden.
Derzeit löcherte ihn Jermaine mit einem Konzept. Jermaine dachte sich immer solche Dinger aus, die auf ein Revival der Jackson Five hinausliefen, als ob er die glorreiche Vergangenheit zurückholen wollte, die Zeit, in der auch für ihn, Jermaine, alles so hervorragend gelaufen war.
Diesmal sollte es ein Award für Celebrities sein, die von den Jacksons überreicht werden sollten, eine TV-Show. Michael hasste TV-Shows. Er mochte Videos und er mochte Filme, weil darin die Dinge solange entwickelt wurden, bis alles passte. Und das entsprach viel eher seinem Perfektionsanspruch.
Aber Jermaine ließ nicht locker, denn wie so oft war der Sender nur einverstanden, wenn Michael dabei wäre. Es war seltsam – so sehr Michael auch von der Presse durch den Kakao gezogen und lächerlich gemacht wurde, so sehr blieb er der Garant für gefüllte Kassen, für astronomische Zahlen, für riesige Umsätze und Einschaltquoten. Doch wie immer weigerte sich Michael, mitzumachen.
Wie immer schickten sie Katherine vor, die für die gesamte Familie sprach.
Wie immer stritten sie sich und Michael setzte sich wutentbrannt in irgendeinen Wagen, der gerade vor der Tür von Hayvenhurst stand und floh. Weg, weg, weg! Weg von den bittenden Augen seiner Mutter, den fordernden seiner Brüder, die ihm alle gleichermaßen ein schlechtes Gewissen einimpften und ihn schuldig fühlen ließen.
Er fuhr und fuhr, blind für seine Umgebung, einen Gefühlssturm im Herzen, bis er auf dem Wilshire Boulevard bemerkte, dass sich die Zeigernadel des Benzintanks ungesund weit links befand und die nächste Tankstelle Meilen entfernt war. Und schon tuckerte und ruckelte die Maschine, Michael konnte gerade noch auf den Seitenstreifen fahren, dann erstarb der Motor.
„Verflixt!“ schimpfte er und hieb mit den Händen auf das Lenkrad. „Muss das sein? Hat sich denn alles gegen mich verschworen!?“
Es kam ihm vor, als habe er keine Chance seiner Familie zu entkommen. Und einen von ihnen anzurufen, war das genau das Letzte, was er jetzt wollte. Ungeübt wie er - war er doch meist nur mit Chauffeur unterwegs - rief er die Feuerwehr an – die einzige Nummer, die er kannte. Die aber wollten ihm nicht helfen, weil sie sagten, ein liegengebliebenes Fahrzeug sei kein Notfall. Als er sagte, er sei Michael Jackson, lachten sie und legten auf. Wütend stieg Michael aus und kickte an die Reifen. Er war so voll von Emotionen, von ungeordneten Gefühlen, und diesem blöden latenten Schuldgefühl! Verdammt – warum konnte er keine Familie haben, die ihn auffing, statt ihn ständig unter Druck zu setzen! Warum konnten sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen?
Er gab ein seltsames Bild ab in seiner auffälligen Kleidung, einem schwarzen Schal um Kopf und Mund, der riesigen Sonnenbrille auf der kleinen Nase, wütend die Reifen des Autos traktierend – nicht ahnend, dass schon zweifelhafte Hilfe nahte.
***
„Ich verarsch dich nicht! Er steht auf der Straße! Ich hab ihn genau gesehen!“
Die Stimme am anderen Ende der Leitung quäkte irgendwas von ‚Gesicht ist doch verhüllt... Imitator...schlechter Scherz.
„Aber ich bin mir sicher!“, rief die Frau ins Telefon. „Am Wilshire Boulevard! Schick jemanden vorbei – Jackson ist sicher froh, dich zu sehen.“
Er war tatsächlich froh, ihn zu sehen: Einen Mechaniker der Autovermietung „rent a wrack“, der zur Stelle eilte und Michael Jackson in Person vorfand, vor sich hinschimpfend und mit einem für ihn nutzlosen Handy in der Hand.
Erleichtert fuhr Michael mit dem Mann in dessen Werkstatt. In der Zwischenzeit rief der Besitzer der Werkstatt, Dave Schwartz, seine Frau June an.
„June!“, er schrie fast ins Telefon und bremste sich sogleich wieder, bemüht um Contenance und einen betont lässigen Tonfall: „June, pack Jordy und Lily ein und komm so schnell wie möglich hierher. Ich hab ne Überraschung für euch!“
„Eine Überraschung?“, zögerte June. „Welcher Art?“
„Will ich jetzt nicht verraten... aber eine, die sich gewaschen hat... beeil dich... greif die Kinder und komm hierher!“
June zögerte immer noch. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. In der letzten Zeit lief es gar nicht gut zwischen ihr und Dave. Sie stritten sich immer öfter und Dave hatte sich von ihr und den Kindern
Weitere Kostenlose Bücher