Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
richtig, aber...“, ich biss mir auf die Lippen, „...es ist eine falsche Ansicht zu sagen: Wenn mich andere lieben, bin ich liebenswert. Liebe kann nicht von außen kommen. Niemals. Sie kommt nur als Resonanz auf deine eigene, innen gefühlte Liebe. Jeder muss sich selbst erlösen. Dazu sind wir hier. Und wenn du sagst, es ist wichtig, geliebt zu werden, dann sage ich: Es ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass du dich liebst! Dich mit dem verbindest, was alle bei dir spüren, wenn sie in deiner Nähe sind! Sie alle holen deine Liebe! Und du holst auch! Du brauchst deine Fans, weil sie dir die Liebe geben – könntest du ohne sie existieren? Aber das Schicksal hat dir gezeigt: Du kannst nicht ewig auf der Bühne stehen und tanken...es hat dir sogar gezeigt: du kannst nicht ewig aus Kindern schöpfen!!“
„Chirelle“, sagte Michael und stieß mich weg. Er knurrte fast. „Du weißt nicht, was du sagst.”
„Oh, doch“, erwiderte ich verbissen „Du sagst: Versucht doch, mich zu lieben! Du singst: Try hard to love me! Sing lieber: Try hard to love you ! Hör endlich auf, das von außen schöpfen zu wollen! Verflixt noch mal, ich hab noch nie jemanden gesehen, der so nah bei Gott ist und gleichzeitig so weit weg!“
Das Gespräch war gekippt. Michaels Haltung eingefroren. Steif und unbeweglich saß er auf der vorderen Kante der Bank, bereit, aufzuspringen, bereit, wegzulaufen. Doch unverdrossen hieb ich weiter auf ihn ein, verzweifelt hoffte ich auf den entscheidenden Riss in seinem lebenslang aufgebauten Schutzpanzer, der diesen endlich, endlich zerstören würde.
„Du hast sogar ein Lied darüber geschrieben, dass dich doch die Leute verstehen mögen und sie dich endlich lieben mögen! Die Prozesse, all diese fiesen Leute waren dazu da, dir deinen eigenen Wert klarzumachen! Wenn du deinen Wert kennen würdest, würde es niemand wagen, dich so in den Dreck zu ziehen! Sie zogen dich in den Dreck, damit du siehst, wie du über dich denkst... damit du letztlich dein Licht siehst, die Quelle, aus der du deine Lieder schöpfst! Diese Quelle bist du! Sie ist nicht nur für Musik da! Oh, Gott und du hast sie! Du nutzt sie schon so lange! Du musst sie nirgendwo anders suchen!“
Mit funkelnden Augen sah ich ihn an. Sein Körper zuckte, rebellierte.
„Mike, verdammt noch mal“, sagte ich bebend, weil er kurz davor war, wegzulaufen. Unaufhörlich rieb er sein Bein und jetzt stand er tatsächlich auf, entschlossen, den Dolchstichen auszuweichen. Ich stellte mich ihm in den Weg. Mit zusammengebissenen Kiefern presste ich hervor:
„Du bist dem letzten Prozess entkommen - das ist deine Chance, deine immer wieder kehrende Chance, zu verstehen, zu begreifen, dass du Liebe verdienst...nicht mit deinem Aussehen, nicht mit deiner Leistung, deinem Image, deiner Popularität! Das alles wurde dir genommen, damit du erkennst, dass es einzig darum geht, dich um deiner selbst willen zu lieben. Dein wahres Refugium ist nicht Neverland, sondern dein eigenes Herz! Welches verdammte Programm hast du in dir, dass dir das verbietet?“
Ich war laut geworden, schrie fast... wollte so unbedingt, dass Michael verstand, wollte so unbedingt den Kick, die Erleuchtung, den Durchbruch.
Doch Michael schüttelte heftig den Kopf und ich war schier verzweifelt darüber.
„Michael“, versuchte ich es erneut, „du hast auch mal gesagt: ‚es ist Ghandi passiert und Jesus…warum nicht auch mir?’ Was ‚es’? Bist du überzeugt, dass du das Schicksal von Jesus wiederholen musst? Gibt dir das eine Rechtfertigung für dein Leiden? Siehst du nicht die Blasphemie? Meinst du wirklich, dass Gott dich auf diese Erde geschickt hat, damit du leidest? Glaubst du das? Du liest doch die Bibel: Da steht: Nach deinem Glauben wird dir geschehen! Und wenn all diese Dinge in dir schwelen – kannst du mir mal verraten, wie das deine Kinder empfinden, wenn du so denkst? Welches Erbe gibst du ihnen mit?“
Michael wurde unendlich bleich, sofern das bei seiner Hautfarbe überhaupt erkennbar war. Aber spürbar begann etwas in ihm zu fallen, während sein Ego wie wahnsinnig gegen das Gesagte revoltierte. Aufgebracht wütete er:
„Ich liebe meine Kinder und das ist alles, was zählt!”
Bissig zischte ich zurück:
„Wenn du sie so liebst, dann zeig ihnen, was wirkliche Liebe ist! Willst du aus den Kleinen Märtyrer machen? Jesus hat doch gesagt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Du liebst deinen Nächsten – aber liebst du dich selbst?“
„Halt
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